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Zwischen Orient und Okzident: Sandbilder aus Ili
  2015-06-19 15:04:36  cri

 

 

Ein Meer aus Licht und farbigen Bildern. Knorrige Laubbäume neben Lehmhütten, ein alter Mann auf einem Kamel in unbarmherzig brennendem Sonnenlicht. Daneben glasklare Bäche, tanzende Frauen und musizierende Männer in bunten Volkstrachten. Diese traditionellen Motive von Xinjiang sind in dem Atelier des Nafis Kunstinstituts in Ili in allen Formen und Formaten vertreten. Bereits beim Eintreten wird der Betrachter magisch in den Bilderwald hineingezogen.

 

Der Kasachische Autonome Bezirk Ili in Xinjiang an der Grenze zu Kasachstan ist ein zentraler Verkehrsknotenpunkt im Rahmen der „Seidenstaßen-Initiative": Im äußersten Westen Chinas gelegen ist er der direkte Übergang von China nach Europa. Diese enge Verbindung äußert sich auf vielseitige Weise. Sowohl wirtschaftliche als auch kulturelle Bereiche gehen eine enge Verbindung ein. So wurde in Ili vor rund zehn Jahren das „Nafis Art Zentrum" gegründet.

Dilmulat Sawt ist Leiter der Einrichtung und selbst Maler und Bildhauer. Schon seit geraumer Zeit widmet er sich einer ganz besonderen Art der Kunst, den sogenannten „Sand-Gemälden". Dabei handelt es sich um Bilder verschiedener Genres, von Stillleben über Landschaftsdarstellungen bis zu Sittengemälden und Porträts. Auf den ersten Blick erscheinen sie wie Ölgemälde. Bei genauerem Hinsehen fallen die besondere Tiefe und Plastizität der Darstellung auf, die nicht nur durch die Methoden der perspektivischen Darstellung zustande kommen. Vielmehr weisen die Bilder tatsächlich ein feines Relief auf. Sawt erklärt:

„Zunächst entwerfen wir eine Komposition und legen eine Skizze an. Dann folgt die Phase der plastischen Arbeit, bei der wir mithilfe eines Spezialklebers besonders feinen Sand aus Xinjiang in mehreren Lagen auf die Leinwand auftragen. Nach Abhärten des Klebers können wir die Oberfläche noch bildhauerisch durch Feilen und Meißeln verfeinern. Zuletzt erfolgt dann der Farbauftrag mit Acryl- oder Ölfarben, wodurch das Bild zum ‚Leben' erweckt wird."

Auf diese Weise werde die westliche Königsdisziplin der Ölmalerei – wie bei Jan van Eyck im europäischen Mittelalter bis zu dem Surrealisten Dali – mit der uigurischen Handwerkskunst der plastischen Sandarbeit und den westchinesischen Techniken buddhistischer Fresken und der Höhlenmalerei verbunden. Das Ergebnis überzeuge durch eine äußerst naturnahe und detailgetreue Formengestaltung.

Ein Besucher aus Ürümqi bringt seine Begeisterung klar zum Ausdruck. Trotz traditioneller Techniken seien die behandelten Themen brandaktuell und gehören in die Kategorie des Realismus. Diese Kombination ermögliche einen einzigartigen Kunstgenuss. Wenn er nach Ili komme, kaufe er stets ein bis zwei Bilder. Jedes Mal habe Dilmulat Sawt mit neuen Motiven und Kompositionen ein paar Überraschungen parat.

Die Kombination der verschiedenen Techniken ist einzigartig, weshalb das Nafis Kunstinstituts für seine Sand-Gemälde im Jahr 2007 ein staatliches Patent verliehen bekam. In ganz China und im angrenzenden Kasachstan gelten seine Bilder inzwischen als Kuriosum. Aufgrund der großen Nachfrage beschäftigt das Institut bereits über 80 lokale Künstler, die alle eine mehrjährige Ausbildung durchlaufen haben. Auch auf großen Ausstellungen in Beijing, Shanghai und Hongkong ist man vertreten.

Je nach Komplexität und Größe eines Gemäldes bedarf die Herstellung einen Monat bis hin zu einem Jahr und kann bis zu 5.000 Yuan Renminbi kosten. Damit kommt das Institut jährlich auf einen Umsatz von rund sieben Millionen Yuan Renminbi. In Zukunft sollten der europäische und amerikanische Markt schrittweise erschlossen werden. Sawt hoffe sehr, dass die „Seidenstraßen-Initiative" hier entscheidende Impulse geben werde. Vorerst wolle er auch in den großen Städten im Westen Chinas Niederlassungen gründen, so seien bereits in Ürümqi erste Schritte eingeleitet worden. Darüber hinaus sehe die Geschäftsstrategie den Ausbau des Vertriebs über gängige chinesische Shoppingplattformen wie Taobao vor.

Text von Miriam Nicholls
Gesprochen von  Miriam Nicholls , Kong Jie

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