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Live-Fußball beim Hauptstadtklub „Beijing Guoan" – Ein Erlebnisbericht (1)
  2015-06-03 16:46:45  cri

 

Die „Chinese Super League", die höchste Spielklasse im chinesischen Fußball, besteht erst seit 2004. Doch in elf Jahren kann einiges passieren, vor allem in der Volksrepublik. Wie steht es um den chinesischen Vereinsfußball? Spielen dort nicht nur Mannschaften auf Landesliganiveau in Riesenstadien vor leeren Rängen? Gibt es überhaupt so etwas wie eine Fankultur in China? Wir haben uns in das Workers Stadium begeben und ein Spiel des Hauptstadtklubs „Beijing Guoan" live miterlebt. CRI-Reporter Kamil Wysocki schildert im Kollegengespräch mit Marie Müller-Diesing seine Erlebnisse.

Marie: Fußball und China, das passt zumindest auf der großen internationalen Bühne noch nicht zusammen. Nachdem wir letzte Woche über den allgemeinen Zustand des Fußballs hier in der Volksrepublik gesprochen haben, sind wir, genauer gesagt mein Kollege Kamil, am Wochenende Mal vor Ort gewesen, bei einem Spiel der Chinese Super League. War es denn so „super" wie der Name verspricht?

Kamil: Also rein sportlich gesehen, würde ich ganz vorsichtig mit einem „Jein" antworten. Beijing Guoan, der Hauptstadtklub gehört zwar zu den drei besten Teams in der Liga, aber das Niveau ist nicht vergleichbar mit der Bundesliga, wohl nicht einmal mit der zweiten Liga. Das war uns aber vorher klar. Es ging uns ja nicht nur um das Spiel selber, sondern auch um das was sonst so passiert, um das Spiel herum. Die Fußballkultur und ihre Begleiterscheinungen sozusagen. Und da fing es zunächst so an, wie man es aus Europa kennt.

(Einspieler "Ticketverkäufer vor dem Stadion" )

Marie: Das hört sich verdächtig nach Schwarzmarktverkäufern an…

Kamil: Naja, einen wirklichen Schwarzmarkt hätte es an dem Tag gar nicht geben dürfen, denn es war kein Spitzenspiel. Der Dritte, also Guoan, traf auf den Achten Liaoning, und damit war das Match auch nicht ausverkauft, ich schätze mal so dreißig- bis vierzigtausend waren im Stadion, wobei das Workers Stadium im Stadtteil Sanlitun bis zu 64.000 Zuschauer fasst. Aber, da die Chinesen gerne Geschäfte machen, kaufen sie die Tickets für die Spiele im Vorhinein auf den offiziellen Webseiten auf und verkaufen sie dann anderweitig. So wie diese Verkäufer die wir eben hörten, die uns gleich umschwärmten. Die billigsten, frei zugänglichen Tickets für 150 Yuan, immerhin gut 20 Euro, waren ca. eine Woche vor dem Spiel offiziell ausverkauft. Die Tickets für umgerechnet etwa zwölf, dreizehn Euro, die wirklich billigsten, gibt es nur für Mitglieder von Beijing Guoan. Wir hatten schon Tickets, hätten an dem Tag aber von den Händlern für dasselbe Geld, Tickets einer höheren Kategorie bekommen.

Marie: Ok, dann seid ihr rein, Bierchen und Wurst geholt und das Spiel genossen?

Kamil: Schön wär's…hier in China, zumindest ist es in Beijing so, wird kein Bier im Stadion verkauft und man darf natürlich auch keines mitnehmen. Generell wird im Stadion so gut wie gar kein Essen verkauft, also keine Spieße beispielsweise und erst recht keine Würstchen. Nur vor dem Stadion kann man chinesische Pfannkuchen „Jianbing" und ähnliches kaufen. Aber auf das Bier wollten wir nicht verzichten und haben versucht, es ins Stadion zu schmuggeln.

Marie: Das gibt es ja eigentlich auch gar nicht, ein Fußballstadion ohne Bier!

Kamil: Aber hallo. Und das hat dann auch gut geklappt, die Bierdose in der Hose blieb beim Sicherheitscheck unbemerkt, und wir waren drin. „Das war ja einfach", dachten wir uns und kamen beim eigentlichen Eingang zu den Tribünen an.

(Einspieler „Zweiter Sicherheitscheck" )

Kamil: Ein zweiter Check!

Marie: In China nimmt man die Sicherheit dann doch genauer, als ihr gedacht habt, was?

Kamil: Ja, leider. In diesem Moment hatten wir die Dosen schon im Rucksack verstaut und wurden natürlich erwischt.

Marie: Und was war die Konsequenz? Musstet ihr wieder nach Hause gehen?

Kamil: Wir hatten auch schon Angst, dass die uns nach Hause schicken, man weiß ja nie wie die Regeln hier in China sind. Aber ganz im Gegenteil, die Sicherheitsleute haben sich gefreut und uns das Bier vor dem Eingang trinken lassen. Vielleicht war das aber der „Ausländerbonus". Dennoch nicht zum Nachahmen empfohlen.

Marie: Natürlich nicht. Man kann ja auch ohne Bier Spaß haben, oder? Wie war denn nun das Spiel und die Atmosphäre?

Kamil: Also ehrlich gesagt war das Spiel an sich nicht so der Renner. Beijing als Tabellendritter hat gegen Liaoning gespielt, die auf Platz acht lagen. Nach einer halben Stunde stand es 2:0 und viel ist dann nicht mehr passiert – auf dem Platz zumindest.

Marie: Haben die Fans denn wenigstens gut Stimmung gemacht?

Kamil: Ja, das auf jeden Fall. Die Stimmung war überraschend gut. Wie wir jetzt auch hören können. Die hatten so einige Lieder drauf, vor allem die Ultras.

Marie: Oh, also auch im „Fußballentwicklungsland" China gibt es Ultras?

Kamil: Ja, in der Tat und in vielen Punkten unterscheiden die sich auch gar nicht von Ultras in Deutschland, in manchen aber schon. Ich hab mich mit einem der Organisatoren der „Beijing Guoan"-Ultras unterhalten und auch mit einem Guoan-Fan aus den USA, was ganz interessant war. Aber zu den Ultras in Beijing mehr dann im zweiten Teil nächste Woche.

Marie: Ultras in China - da sind wir auf jeden Fall schon mal tierisch gespannt auf den zweiten Teil deines Guoan-Erlebnisberichts.

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