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Chinesische Haushaltselektronik: Glanz und Schattenseiten intelligenter Technologien
  2015-03-19 09:41:12  cri

„Intelligente" Ideen erfolgreich machen. – Das ist schon seit gut einigen Jahren das Ziel vieler chinesischer Konzerne für Haushaltselektronik. Die neuen Produkte vermitteln den Eindruck unbegrenzter Möglichkeiten und einer Verbesserung der Lebensqualität. Doch werfen die die hellen Strahlen des Hightech auch Schatten? Um die smarten Technologien nutzen zu können, muss der Verbraucher letztendlich eine Unmenge an persönlichen Daten preisgeben. Der Hersteller kennt den Lebensrhythmus des Kunden, weiß wann er zu Hause ist, welches Abendessen er zubereitet, er weiß wie schnell sein Puls beim Joggen auf dem Laufband schlägt und welche Musik ihn in den Schlaf wiegt. Wird der Verbraucher durch die Nutzung der intelligenten Technologien zu einem gläsernen Menschen?

Shen Haiyin, stellvertretender Vorstand des chinesischen Unternehmens Qihoo 360, das sich mitunter auf Sicherheitssysteme im Internet spezialisiert hat, beantwortete die Frage auf folgende Weise:

„Die intelligente Nutzung des Internets und eine sinnvolle Vernetzung von elektronischen Produkten im „Internet der Dinge" ist nun schon seit einigen Jahren eine Tendenz, die nicht mehr aufzuhalten ist. Vor diesem Hintergrund legt 360 einen Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung von Systemen, mit denen die Nutzung des Internets und die Vernetzung von funktionalen Gegenständen sicherer gestaltet werden kann."

Man habe auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren umfangreiche Erfahrungen sammeln können, so Shen. Heute unterstütze man die Kooperationspartner bei der Produktkonzeption, um höchste Sicherheitsstandards zu erreichen. Zu unterscheiden sei allerdings zwischen den Sicherheitsstandards im Internet und der sicheren Nutzung von intelligenten elektronischen Haushaltsgeräten: Sobald man im Internet persönliche Daten preisgegeben habe, so könne dieser Schritt nur schwerlich wieder rückgängig gemacht werden. Das „Gedächtnis" des Internets dürfe nicht unterschätzt werden, da Suchmaschinen dennoch in der Lage wären, entsprechende Informationen ausfindig zu machen. Dies verhalte sich bei Systemen des Smart Home grundlegend anders. Hier könnten Daten gezielt lokalisiert und nach Bedarf gelöscht werden. Der Kundenwunsch und seine Privatsphäre stünden an erster Stelle.

Dies betonte auch Mao Hongjian, Institutsleiter für Smart-Home-Konzeptionen bei dem Konzern Midea. Allerdings sei man der Auffassung, dass der Kunde auch eigenverantwortlich Entscheidungen treffen müsse:

„Ich gehe davon aus, dass alle Anwesenden in diesem Saal wie ich ein Mobiltelefon in ihrer Tasche haben. Was bedeutet das? Impliziert das für Sie etwa eine Beeinträchtigung der Privatsphäre? Falls ja, dann deutet allein der Besitz eines Mobiltelefons darauf hin, dass wir uns mit der Beeinträchtigung abgefunden haben. Jeder Mensch hat eine individuelle Vorstellung von Privatsphäre. Daraus resultierende Schritte sind gänzlich jedem Kunden selbst überlassen. Falls einer unter den Anwesenden nun Bedenken haben sollte, so lautet meine Empfehlung: Ertränken Sie Ihr Mobiltelefon unverzüglich ins Wasser!"

Mao führte weiter aus, dass Midea eine zweigleisige Strategie verfolge: Im Informationszeitalter würde unaufhörlich die Datensicherheit herausgefordert, die einerseits mithilfe neuer Technologien, andererseits durch Gesetzgebung garantiert werden müsse. Denn nur durch ein festes Regelwerk könne flächengreifend Konsens geschaffen werden. Auf internationaler Ebene habe man insbesondere mit Deutschland im Rahmen eines „Netzsicherheitslabors" gut kooperieren können. Als elementare Richtlinie sei dabei die Regel aufgestellt worden, dass sich die Technologien nie schneller entwickeln dürften als eine entsprechende Gesetzgebung. Auch Midea speichere Kundendaten, allerdings fast ausschließlich in einer Form, die keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Person zulasse. Feedback-Daten im größeren Umfang, etwa ab 50.000 Stimmen, seien sehr wertvoll, um einen Verbraucherstandard auszuarbeiten. Auf dieser Grundlage könne dann ein entsprechendes Dienstleistungsmodell ausgearbeitet werden, von dem die Kunden hochgradig profitieren könnten.

Yan Xiaobing, stellvertretender Vorsitzender des E-Commerce-Unternehmens Jingdong Mall, betonte ebenfalls die Notwendigkeit einer einheitlichen Gesetzgebung zum Datenschutz. Jenseits der Gesetze müsse ein Unternehmen Selbstdisziplin und Eigeninitiative zeigen. Wisse ein Kunde seine Privatsphäre geschützt, so sei er auch gewillt, seine Daten und Bewertungen an den Anbieter weiterzugeben. Jingdong Mall werte diese Daten sorgfältig aus, um dann auf dieser Grundlage einen hervorragenden Service anzubieten:

„Bestellt ein Kunde etwa Milchpulver für die Säuglingsnahrung, dann haben wir die Möglichkeit, gleichzeitig auch andere Produkte vorzuschlagen, die auf den Kunden zugeschnitten sind, beispielsweise Strampler und Bodys für Säuglinge oder Windeln in extra kleinen Größen. Nach einiger Zeit werden wir dem Käufer dann beim Besuch unserer Internetseite Babykleidung vorschlagen, die für ein nun einige Monate älteres Kind angemessen ist. Ein weiteres Beispiel: Wählt ein Käufer eine Dunstabzugshaube für seine Küche bei Jingdong Mall, dann stellt unser System gleichzeitig einige Einrichtungsgegenstände und Küchengeräte zusammen, die in Funktion und Design hervorragend dazu passen. Das ist ein Service, von dem die Kunden äußerst umfassend profitieren können. Unser einziges Ziel ist die stetige Verbesserung unserer Shopping-Systeme, keinesfalls die personifizierte Analyse der angegebenen Informationen. Kunden müssen sich in dieser Hinsicht keine Sorgen machen."

Wenngleich der Schutz der Privatsphäre weit oben auf der Agenda der großen Konzerne steht, so scheint es, dass zur Umsetzung der Konzepte noch einiges getan werden muss. Bis man entsprechende Gesetze entworfen und korrespondierende Sicherheitstechnologien entwickelt hat, werden sich die Nutzer der smarten Services mit der Beeinträchtigung ihres privaten Raumes wohl abfinden müssen. Mao Hongjian fasste abschließend zusammen, man sei sich bewusst, dass das Problem der Datensicherheit zumindest in der nahen Zukunft nicht gänzlich gelöst werden könne. Aber man werde dennoch ganz maßgebliche Fortschritte erzielen.

Verfasst von Miriam Nicholls und Ruan Jiawen
Gesprochen von Liu Yuanyuan

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