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Eine grünere Stadt, ein besseres Leben
  2014-10-23 15:46:47  cri

Die Chinesin mit den kurzen Haaren und der schwarzen Brille wirkt gutgelaunt und unkompliziert. Sie ist die Gründerin des Shanghaier Start-Up Unternehmens „Vegetable-Roof", auf Deutsch: Gemüsedach, oder auch „V-Roof", wie es die Mitarbeiter untereinander nennen. Huang Ke erklärt, wie sie im Jahr 2011 auf die Idee gekommen ist, auf den Dächern der städtischen Bürogebäude Gemüse anzubauen:

„Wie die Statistiken der städtischen Abteilung für Landressourcen zeigen, gibt es in Shanghai mehr als 19 Millionen Quadratmeter an unbenutzter Dachfläche. Wer bereits seit längerer Zeit in Shanghai lebt, kennt die Probleme der Platzrestriktion, der Luftverschmutzung, dem Fehlen einer biologischen Vielfalt und dem hohen Arbeitsdruck. In den vergangenen Jahren ist es zum Trend geworden, selbst Gemüse anzubauen – entweder online in virtuellen Farmsimulationen, oder zuhause auf dem Balkon oder gar in Vororten, die man an Wochenenden besucht. So habe ich mir also gedacht: Warum nutzen wir die riesige Menge an freier Dachfläche nicht für uns und pflanzen Gemüse an? Damit wird unsere Stadt nicht nur grüner, sondern auch umweltfreundlicher."

Ähnlich wie Millionen andere Büroarbeiter in der Stadt, verbrachte die 32-jährige Landschaftsarchitektin acht Stunden pro Tag an ihrem kleinen Schreibtisch. Die Mutter einer zweijährigen Tochter ist leidenschaftliche Umweltschützerin. Es dauerte nicht lange ehe Huang Ke weitere Stadtbewohner fand, die ähnlich „grün" dachten. Wenig später enthüllten Huang Ke und ihre Partnerin, welche ein Unternehmen für Pflanzentöpfe führt, ein 120 Quadratmeter großes Gewächshaus auf dem Dach eines vierstöckigen Bürogebäudes am Rande der Stadt. Es war das erste seiner Art in Shanghai, und wahrscheinlich auch das erste seiner Art in China.

„Wir hatten unseren ersten Versuch auf dem Dach eines vierstöckigen Bürogebäudes in Pujiang. Auf der Fläche von über 100 Quadratmetern bauten wir Gemüse und Früchte an, zum Beispiel Tomaten, Gurken, Auberginen, Radieschen und Erdbeeren. Die Mitarbeiter der Firma fungierten als „Landwirte"."

Mit Solarenergie, Regensammeleinrichtungen und einer Investition von 30.000 Yuan (knapp 4.000 Euro) wachsen auf der Farm jährlich insgesamt 20 verschiedene Sorten an Gemüse, Früchten und Kräutern. Huang Ke glaubt daran, dass es sich hierbei um ein nachhaltiges und dauerhaftes Geschäftsmodell handelt:

„Das Geschäftsmodell von „V-Roof" basiert auf einer Reihe von Dienstleistungen: Beratung, Gestaltung, Konstruktion von Dachgärten, sowie die Pflege und Instandhaltung. Indem wir nach und nach neue Dachgärten entwerfen, erhoffen wir auf Dauer einen Mehrwert zu generieren. Das Startkapital war der Gewinn bei einem sogenannten „E-Idea"-Wettbewerb, ein innovativer Wettkampf für junge Öko-Unternehmer, der von der britischen Ratsversammlung ausgerufen wurde. Dies zog die Aufmerksamkeit von vielen Investoren und Unternehmen auf sich. Das Shanghaier Komitee für Wissenschaft und Technologie unterstützte uns daraufhin mit 800.000 Yuan."

Im Gegensatz zu vielen anderen Start-Ups musste sich Huangs Firma nicht erst einen Markt aussuchen oder die Durchführbarkeit und Rentabilität der einzelnen Pläne erläutern. Wurde der Plan erstmal erklärt, zeigte sofort jeder starkes Interesse an unserer Dachfarm", fügt sie hinzu. Dem V-Roof-Team ist es bereits gelungen, knapp 2000 Quadratmeter an Grünfläche auf den Dächern von High-Tech Industriezonen, Bürogebäuden oder Wohnhäusern rund um Shanghai anzubauen.

Es gibt reihenweise Vorteile, erklärt Huang:

„Es hilft unter anderem dabei, die Hitze durch die Sonne zu reduzieren. Dies ändert wiederum die Temperatur des Gebäudes, was dafür sorgt, dass die Mitarbeiter in ihren Mittagespausen auch etwas Sport machen können. Außerdem kommt man somit der steigenden Nachfrage der Stadtbewohner für Bioprodukte entgegen."

Unternehmen bieten die Dächer zum Wohle der Mitarbeiter an. Man gibt ihnen die Chance in der Freizeit eigenes Gemüse anzupflanzen, welches man nach der Arbeit auch nach Hause mitnehmen darf. Am Anfang waren die Entwickler allerdings mit einigen Herausforderungen konfrontiert:

„Eine Schwierigkeit war es, die Lizenz für die Dächer zu bekommen. Ich musste sehr viele Fragen beantworten und viele Bedenken zerstreuen, insbesondere in Hinblick auf den Brandschutz. Außerdem musste ich klären, ob das Dach im Privatbesitz lag oder ob man eine Erlaubnis zur Miete benötigen würde. Eine weitere Aufgabe war die Berechnung der Kapazitäten. Und auch die Technologie für eine Dachfarm unterscheidet sich sehr vom Standard. Und dann gab es auch noch die Befürchtung der Konsumenten bezüglich der Nahrungsmittelsicherheit, was insbesondere an der Luftverschmutzung in Shanghai lag."

Für die Zukunft erhofft sich Huang, dass noch mehr Personen und Unternehmen in das Projekt einsteigen. Und selbst wenn man mal keine Zeit für seinen privaten Garten hat: Huangs Team bietet auch einen eigenen Lieferservice, der die Ware nach Hause bringt.

Die junge Unternehmerin stellt sich eine farbenfrohe Zukunft vor, in der die Hälfte von Shanghais Hochhausdächern für den Anbau von Früchten und Gemüse benutzt wird, weitere 30 Prozent als begehbare Landschaft und die restlichen 20 als Ort für Freizeitaktivitäten. Eine Zukunft für Stadtbewohner also, in der das Grüne im Vordergrund steht, und die Sorgen des Kohlenstoffdioxidausstoßes der Vergangenheit angehören.

Übersetzt von: Dimitrios Marmaras

Gesprochen von: Huang Gang

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