2009 verließ der damals 45-jährige Cao Kai seine Heimat in Nordwestchina und gründete in der ostchinesischen Provinz Shandong die erste Klinik für „Erdboden-Erkrankungen" in China. Cao Kais Idee wurzelt in seiner tiefen Sorge um die Lebensmittelsicherheit in China: "Die chinesischen Bauern haben kaum wissenschaftliches Know-how über das Düngen. Übermäßige Düngung führt zur Versalzung, Übersäuerung oder Verhärtung der Erde. Bei Pflanzenerkrankungen und Insektenbefall kennen die Bauern nichts anderes als massenhaft Pestizide einzusetzen. Um die Regeneration des Ackerbodens kümmert sich dann keiner. Wer garantiert in diesem Fall die Qualität der landwirtschaftlichen Produkte? "

Cao Kai fährt fort, er habe bei fast allen untersuchten Ackerböden ein gemeinsames Problem festgestellt: Ein übermäßiger Einsatz von künstlichen Düngemitteln über einen langen Zeitraum.

Etwas weniger als zehn Prozent des Ackerlandes der Erde liegen in China, doch die Volksrepublik verwendet etwa ein Drittel des Kunstdüngers weltweit. Chinas Getreideproduktion hat sich zwischen 1980 und 2008 um das 1,5-fache vergrößert. Während sich die Ackerlandfläche dabei stetig verringert hat, verdreifachte sich der Düngemitteleinsatz.

Nach all diesen Jahrzehnten beginnen sich die Nebenwirkungen dieser rücksichtslosen Ausbeutung der Ackerböden zu zeigen. Viele Bauern klagen, dass ihre Devise „mehr Dünger gleich mehr Produktion" nicht mehr zutrifft. Auch die Qualität der Produkte kann man nicht mehr mit den früheren Zeiten vergleichen. „Die Erde ist krank", erklärt Cao Kai seinen „Patienten" anschaulich: "Die Wurzel des Problems liegt darin, dass das Land nicht gesund und zufrieden ist. "

Bei jedem „Krankenbesuch" entnimmt Cao Kai zunächst eine Erdprobe, um sich ein Bild von dem Gesundheitszustand des Bodens zu machen. Anhand des PH-Wertes und anderer Eigenschaften sowie unter Berücksichtigung der Anbauprodukte und -mengen hilft Cao Kai den Bauern, sich für den richtigen Dünger zu entscheiden. Der Bodenexperte vergleicht den Prozess mit dem Kochen. „Verschiedene Menschen machen mit den gleichen Zutaten ganz unterschiedliche Gerichte. Nur wenn der Koch das richtige Verhältnis der Zutaten und Gewürze beherrscht und diese zum passenden Zeitpunkt hinzufügt, entsteht ein leckeres Gericht", sagte er.

Derzeit bietet die „Erdboden-Klinik" drei verschiedene Dienstleistungen an: Vorträge für Bauern in Dörfern und Betrieben, die Eröffnung von Schwesterkliniken sowie Unterricht und Online-Hilfe im Internet. Innerhalb der ersten fünf Jahre seit der Gründung der Klinik hat Cao Kai etwa 350.000 Kilometer hinter sich gebracht und mehr als 5.000 Vorträge gehalten. Mit den sichtbaren „Therapieergebnissen" hat er allmählich das Vertrauen der Bauern gewonnen.

Cao Kai verweist jedoch auch darauf, dass das Land dem chinesischen Staat gehöre. Die chinesischen Bauern verfügen nur über die Nutzungsrechte. Dies führt auch dazu, dass viele von ihnen das Ackerland ohne Rücksicht auf die langfristigen Folgen maximal nutzen wollen. Fast keiner würde es akzeptieren, die Böden für ein ganzes Jahr ruhen zu lassen. Was seine Landklinik erreichen kann, sei lediglich eine Korrektur der falschen Düngungsweise. Einer kompletten Erholung des Erdbodens in China stünden noch zahlreiche Hindernisse im Weg, so der Experte. Doch Cao Kai glaubt fest an seinen großen Traum:

"Ich wünsche mir, dass der Tag kommt, an dem sich keiner mehr Sorgen um die Sicherheit der Lebensmittel machen muss. Man sollte überall landwirtschaftliche Produkte mit guter Qualität bekommen und auch unsere Nachkommen müssen gesundes Essen haben."

Verfasst und gesprochen von Hu Hao