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Mo Yan: Der Geschichtenerzähler, der Nobelpreis gewann
  2014-08-21 09:18:05  cri

 

Am 11. Oktober 2012, vor laufenden Kameras und Unmengen von Journalisten öffnete Peter Englund, ständiger Sekretär der Schwedischen Akademie, die Tür und gab die Gewinner des Nobelpreises für Literatur bekannt.

Damit erreichte der schon zuvor bejubelte Schriftsteller neue Höhen, als der erste Literaturnobelpreisträger vom chinesischen Festland in der über hundertjährigen Geschichte der Auszeichnung.

Aber für diesen gefeierten Schriftsteller war der Weg zur literarischen Karriere nicht von Anfang an absehbar.

"Ich verließ die Schule im fünften Schuljahr. Als ich meine Mitschüler in der Schule lernen und spielen sah, während ich als Hirte arbeiten musste, war dieses Bild für mich als Teenager eine schreckliche Qual. Es zwang mich, viel zu früh erwachsen zu werden."

Obwohl Mo Yan in jungen Jahren seine Schulbildung aufgab, verlor er nie einen Durst nach Wissen. Statt aus Lehrbüchern zu lernen, las dieser zukünftige literarische Persönlichkeit mit den Ohren.

"Zur Zeit der Weizenernte arbeiteten mehr als 50 Bauern zusammen. Wenn sie eine Pause machten, rauchten sie, unterhielten sich, oder erzählten sich Geschichten. Jugendliche fanden einen Ausgleich für ihre überflutende Energie im Ringen. Als Kind fühlte ich mich, als würde ich von einer Gruppe von Erwachsenen unterrichtet werden."

Durch das Mithören dieser Gespräche lernte der Schriftsteller Lektionen fürs Leben. Wenn seine Rinder und Schafe weideten, lag der junge Mann auf der Wiese und ließ seiner Phantasie freien Lauf.

Als Mo in den späten 1970er Jahren in die Armee eintrat, begann er zu schreiben. In dieser Zeit wurde der angehende Schriftsteller von ausländischen literarischen Größen wie William Faulkner inspiriert, seiner Heimatstadt mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

1986 veröffentlichte Mo Yan sein bekanntestes Werk: "Das rote Kornfeld". Geschrieben in der ersten Person, stellt der nicht-chronologische Roman den Wandel dreier Generationen einer Familie aus Shandong dar. Mit ihrer Zeitachse von den frühen 1920er Jahren bis zum Anfang der Kulturrevolution könnte die Erzählung als Parabel der chinesischen Geschichte gelesen werden. Die starke und graphische Erzählweise von „Das Rote Kornfeld" hat den chinesischen Regisseur Zhang Yimou dazu angeregt, einen gleichnamigen Film zu produzieren, der 1988 den Goldenen Bären auf der Berlinale gewann.

Mo sagt, die Vorlage für den Roman stamme von lokalen Legenden.

"In der Tat basiert „Das rote Kornfeld" auf einer realen Geschichte. Die Brücke, auf der meine Charaktere gegen die Japaner kämpften, existiert immer noch. Unser Ackerfeld war nicht weit von diesem Ort entfernt. Ich habe mindestens zehn Versionen dieser Schlacht von den Bewohnern meines Dorfes gehört. Wenn die Leute über diese historischen Ereignisse sprechen, peppen sie die Geschichten immer auf. Jeder Schriftsteller versammelt viele Geschichtenerzähler um."

Obwohl dieser in Shandong geborene Autor seine Heimat vor mehreren Jahrzehnten verlassen hat, bleiben die sturen Dorfbewohner und die vertraute Landschaft der unbestrittene Kern in seinen vielen Literaturerzählungen.

Sogar die Namen seiner vielen Bekannten sind geliehen, um fiktive Charaktere zu erschaffen.

"In vielen meiner frühen Werke habe ich Namen realer Personen genutzt. So gab es eine Figur namens Wang Wenyi im Roman „Das Rote Kornfeld". Im Buch ist er ein Deserteur, der Angst hat, zu sterben. Als er am Ohr verletzt wird, erzählte er allen, sein Kopf sei ab. Im wirklichen Leben ist er mein Nachbar und ein älterer Herr."

Lokale Gespenstergeschichten, Volkssagen und Anekdoten sind alle Quellen für Mos literarische Kreationen. Mythen und Aberglauben mit Geschichte verbindend, schildert der Autor eine Welt voller Magie, Vitalität, Gräueltaten und Unwissenheit, welche ihn zum chinesischen Pynchon oder zum chinesischen Marquez macht.

Übersetzt von Li Yan

Gesprochen von Zhu Qing'an

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