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Chinesische Investitionen in Deutschland
  2014-04-09 10:57:17  cri

 

Herr Heising, der chinesische Präsident Xi Jinping besuchte letzte Woche Deutschland. Im Mittelpunkt des Besuchs standen die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Ausweitung von Investitionen. Als Leiter der Rechtsabteilung einer Unternehmensberatung, die sich auf chinesische Investoren in Deutschland spezialisiert hat, wie schätzen Sie die derzeitige Lage chinesischer Investitionen in Deutschland ein?

 

 

Die Lage ist durchaus positiv zu bewerten. Erst kürzlich hieß Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel chinesische Investoren, die für Wachstum und Arbeitsplätze sorgen, ausdrücklich in Deutschland willkommen. Tatsächlich wird Deutschland als Investitionsstandort für chinesische Unternehmen immer attraktiver. Das zeigt sich an der stetig steigenden Summe chinesischer Investitionen, die im vergangenen Jahr bei etwa 3 Milliarden Euro lagen. Auch wenn das Gesamtniveau damit noch immer vergleichsweise gering ist, gewinnen chinesische Investitionen in Deutschland langsam an Bedeutung.

Worin liegt Ihrer Meinung nach die Attraktivität Deutschlands für chinesische Investoren?

Das hängt sicherlich immer ein bisschen davon ab, was der einzelne Investor für Ziele verfolgt. Aber insgesamt gesehen stellt Deutschland die stabilste, wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft in der EU dar. Und die ist bekanntlich der größte Außenhandelspartner Chinas.

Eine Investition in Deutschland macht zum Beispiel Sinn, wenn chinesische Unternehmen über die Erweiterung des Absatzmarktes, den Ausbau der Marktposition in Europa, den Erwerb von Schlüsseltechnologien oder die Stärkung bestehender Geschäftsverbindungen mit deutschen Partnern nachdenken.

Dabei gelten in Deutschland für alle Investoren egal ob privat oder staatlich, ob sie aus dem Ausland oder dem Inland kommen die gleichen gesetzlichen Regeln. Sie basieren auf den traditionell gewachsenen Wertvorstellungen der Deutschen und sollen gewährleisten, dass die einheimischen Standards von allen eingehalten werden. Wenn man so möchte, entspricht es ein wenig dem „Chinesischen Traum" mit dem Ziel der Gleichbehandlung aller.

Das hört sich ja sehr vielversprechend an. Also kann jeder, der möchte, in Deutschland investieren?

Ganz so einfach ist es dann leider doch nicht. Natürlich müssen erst einmal verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein und dann müssen die hohen bürokratischen Hürden überwunden werden.

Wir arbeiten jährlich mit etwa 100 chinesischen Investoren zusammen, die insbesondere in der Anfangsphase ihres wirtschaftlichen Engagements auf professionelle Unterstützung angewiesen sind.

Was sind denn Ihrer Erfahrung nach die wichtigsten Punkte, auf die ein chinesischer Investor achten muss?

Da würden mir auf Anhieb drei Punkte einfallen. Als erstes sollten sich die Investoren bewusst machen, dass in Deutschland zwar das Geschäftliche genauso wie in China im Mittelpunkt steht, dass darüber hinaus aber sehr viele scheinbare Nebensächlichkeiten den Erfolg ihrer Investition maßgeblich beeinflussen. Ein Beispiel hierfür wäre die Sprache. Die Notwendigkeit Deutsch zu beherrschen wird im Allgemeinen unterschätzt. Denn viele chinesische Unternehmer erwarten, dass sie ihre Geschäfte in Deutschland auch auf Englisch abwickeln können. Das ist sicherlich auch in einem gewissen Maß möglich. Jedoch wird Deutsch in vielen Bereichen noch immer als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Ämter und Behörden korrespondieren meist ausschließlich auf Deutsch. Verträge werden gemeinhin auf Deutsch geschlossen. Und nicht zuletzt fühlen sich Angestellte, Geschäftspartner und natürlich potentielle Kunden sicherer, wenn sie in ihrer Muttersprache angesprochen werden. Oder wie es ein chinesisches Sprichwort treffend beschreibt: „Will ein Meister sein Handwerk gut ausüben, muss er zuerst sein Werkzeug gut vorbereiten". (工欲善其事,必先利其器)

Als zweiten wichtigen Aspekt möchte ich die unterschiedlichen Rechtssysteme in Deutschland und China anführen. Viele deutsche Gesetze sind chinesischen Unternehmern fremd. Das kann zu großen Missverständnissen und im schlimmsten Fall handfesten juristischen Problemen führen. Unterschiede werden bereits in einfachen Bereichen wie beispielsweise der gesetzlichen Urlaubsregelung deutlich. Während der Urlaub in China gemeinhin fünf Werktage beträgt, haben deutsche Arbeitnehmer einen gesetzlich geregelten Urlaubsanspruch von mindestens 24 Tagen im Jahr. Eine Abgeltung des Urlaubs durch Geld ist nicht zulässig.

Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen, gehört es daher zu unserem Servicepaket, rechtliche Probleme der Geschäftsvorhaben unserer Klienten im Vorfeld zu eruieren und durch seriöse und professionelle Beratung zu vermeiden.

Als letzten Punkt möchte ich auch auf die unterschiedlichen Geschäftsmentalitäten verweisen. In Deutschland wird mehr Wert auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit als in China gelegt. Während chinesische Unternehmer tendenziell eine höhere Risikobereitschaft an den Tag legen und eine sich bietende Gelegenheit erst mal beim Schopfe packen, um anschließend zu schauen, was sich aus der Situation entwickeln lässt, versuchen deutsche Unternehmer durch genaue Untersuchung und gezielte Planung Risiken im Geschäft zu minimieren. Ohne ein tragfähiges Konzept und definierte Ziele wird es daher sehr schwer für chinesische Investoren in Deutschland erfolgreich zu sein. Wir helfen unseren chinesischen Geschäftspartnern dabei, dieses Konzept zu entwickeln und sich besser auf die Erwartungen ihrer deutschen Partner einzustellen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass mit der richtigen Vorbereitung und Beratung die Chancen für chinesische Investoren in Deutschland besser als jemals zuvor sind.

Interview und Text: Wu Shiyun

Planerin:Wang Yaqi

 

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