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12. ASEM-Gipfel – Zeichen setzen gegen die Drohgebärden aus Washington
  2018-10-17 08:51:10  CRI

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meldete am 6. Oktober 2018: „Der amerikanische Handelsminister Wilbur Ross hat nun jedoch angekündigt, dass er eine Ausstiegsklausel in möglichen Zollvereinbarungen mit der Europäischen Union und anderen Ländern integrieren wolle, wenn diese Abkommen mit Staaten wie China schließen. ‚Das ist logisch, das ist eine Art Giftpille', sagte Ross in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters." Überschrieben war die Meldung mit dem Titel: „Washington droht mit ‚Giftpille' gegen China bei EU-Handelsabkommen."

Auch wenn man inzwischen aufgrund der Flut von bösen Attacken und Vorwürfen seitens der gegenwärtigen US-Administration gegenüber einer Vielzahl von Adressaten, namentlich aber auch gegenüber China, bereits einigermaßen „abgehärtet" ist, hat mich diese Meldung doch nochmals tiefer erschüttert, verrät doch alleine der ungenierte Gebrauch des Begriffes „Giftpille" durch ein führendes Mitglied der US-Regierung, dass jeglicher Respekt im internationalen Umgang verloren gegangen und man völlig unverhüllt zu einer bloßen Politik finsterer Drohungen übergegangen ist.

Die USA sind führende Wirtschaftsmacht und überhaupt Großmacht zugleich. Aufgrund des hinter diesem Land stehenden Machtpotenzials lässt sich hier nur Widerstand leisten, wenn die große Zahl der sich an Regeln haltenden und dem Multilateralismus sich verbunden fühlenden Länder in entschlossener Solidarität gemeinsam auftreten.

Dieser traurige Hintergrund kann nicht ausgeblendet bleiben, wenn am 18./19. Oktober 2018 in Brüssel der 12. Asien-Europa-Gipfel (ASEM-Gipfel) zusammentritt. Beraten werden die Staats- und Regierungschefs aus 51 europäischen und asiatischen Ländern, Vertreter der Europäischen Union sowie der Generalsekretär des Verbands südostasiatischer Nationen (ASEAN). Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk wird bei dem Gipfeltreffen den Vorsitz führen. Ferner werden der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker sowie deren Außen- und Sicherheitsbeauftragte Federica Mogherini die EU bei dem Gipfeltreffen vertreten.

Ins Leben gerufen wurde dieses Gipfelformat in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, um die Beziehungen zwischen Europa und Asien zu vertiefen. Konzipiert ist ASEM als informelles Dialogforum europäischer und asiatischer Staaten. Ziel der zweijährlichen Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs aus Europa und Asien und der ministeriellen Gespräche ist ein Austausch über Themen und Probleme Asiens und der EU sowie im Austausch untereinander. Und der hohe Stellenwert dieses Forums wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt: Heute kommen nicht nur 60 Prozent der Weltbevölkerung aus ASEM-Partnerländern. ASEM steht auch für jeweils rund 60 Prozent des Welthandels und des globalen Bruttoinlandsprodukts.

Thematisch wird der 12. Gipfel unter dem Motto „Europa und Asien: globale Partner für globale Herausforderungen" stehen. Angestrebt wird namentlich eine Stärkung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den beiden Kontinenten in zahlreichen Bereichen, unter anderem Handel und Investitionen, Konnektivität, nachhaltige Entwicklung und Klimawandel sowie sicherheitspolitischen Herausforderungen.

Die VR China hat bereits im vergangenen Monat am Rande der UN-Vollversammlung ihre Erwartungen an den ASEM-Gipfel klar formuliert. In seinem dortigen Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini hatte Chinas Außenminister Wang Yi ausgeführt, China wolle durch regelmäßige strategische Kommunikation mit der EU die Positionen rechtzeitig koordinieren. China und Europa seien zwei wichtige unabhängige Mächte bei internationalen Angelegenheiten. Beide Seiten seien für den Multilateralismus, unterstützten den Beitrag der Vereinten Nationen und eine friedliche Lösung von internationalen Konfrontationen. Angesichts der zunehmenden Unsicherheit der aktuellen internationalen Beziehungen werde die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen China und Europa zur globalen Antriebskraft beitragen. Insbesondere gehe es auf dem bevorstehenden Asien-Europa-Gipfel um das Eintreten für Multilateralismus, das Völkerrecht und die Respektierung internationaler Regelungen.

Und in der Tat: Vor der eingangs angesprochenen und immer mit neuen Facetten erweiterten protektionistischen Drohkulisse kann der Gipfel gerade unter dem Thema „Europa und Asien: globale Partner für globale Herausforderungen" nicht die Augen vor den am tiefsten einschneidenden Gefahren für die Welthandelsordnung verschließen. Die aktuellen Aktivitäten der US-Administration sind eine globale Herausforderung für die Weltwirtschaft. Und soll der Begriff „globale Partner" nicht eine bloße Worthülse bleiben, so wird man in Brüssel ein einhelliges Signal des Zusammenstehens und der Solidarität gegen Protektionismus und Bevormundung setzen müssen. Fatal wären dagegen halbherzige, nichtssagende Gipfelbeschlüsse, getragen etwa von der Hoffnung einzelner, dass die Maßnahmen von jenseits des Atlantik vielleicht doch andere treffen und man selbst heil aus der Geschichte herauskommen werde. Etwa nach der in Deutschland und Österreich bekannten Redewendung vom Sankt-Florian-Prinzip: „Heiliger Sankt Florian / Verschon' mein Haus / Zünd' and're an!" Oder – auf die Politik bezogen – eine Verhaltensweise, potentielle Bedrohungen oder Gefahrenlagen nicht zu lösen, sondern auf andere zu verschieben. Ein solcher Gipfel würde dazu führen, dass alle Verlierer wären. Und auch, hart gesagt, dazu, dass der Gipfel die Reise- und Tagungskosten nicht wert wäre.

 

 

Autor: Dr. Michael Borchmann

Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), früherer Abteilungsleiter (Director General) Internationale Angelegenheiten

Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen

Beirat der CIIPA des Handelsministeriums der VR China

Beirat der Deutsch Chinesischen Allgemeinen Zeitung

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