Ministerpräsident Li Keqiang hat am 5.3.2018 mit dem traditionellen Arbeitsbericht der Regierung die zweiwöchige Sitzung der 1. Tagung des 13. Nationalen Volkskongresses (NVK) eröffnet.
Die Agenda des Berichtes war breit angelegt. Sie reichte von der Wirtschaftspolitik einschließlich des freien Welthandels über die Steuerpolitik, die Strukturpolitik, die Landwirtschaftspolitik, die Sozialpolitik, die Verteidigungspolitik bis hin zur Umweltpolitik. Und endlich enthielt sie eine Reform von Chinas politischem System, insbesondere des Aufsichtssystems. Hier sei es das Ziel, dass die einheitliche Führung der KPCh bei der Bekämpfung gegen Korruption gestärkt werde und alle Beamten unter Aufsicht genommen werden sollten. Aber: Trotz der vielen einzelnen Bereiche ließ sich aus dem Bericht gewissermaßen eine übergeordnete Linie, eine „Gesamtphilosophie", herauslesen. Diese „Gesamtphilosophie" ist eng verknüpft mit den Geschehnissen des 19. Parteitages der KPCh im vergangenen Oktober, mit den dort herausgearbeiteten Wegweisern von Parteisekretär Xi Jinping für Chinas Zukunft.
Ministerpräsident Li Keqiang hat die Delegierten dazu aufgefordert, den auf dem 19. Parteitag von Xi Jinping entwickelten wirtschaftlichen Leitlinien zum Eintritt in eine neue Ära des Sozialismus chinesischer Prägung zu folgen.
Dies bedeutet zugleich, dass der Regierungsbericht auch dasjenige im Auge hatte, was Xi Jinping als die drei essentiellen Kämpfe bezeichnete, nämlich die Bekämpfung wirtschaftlicher und finanzieller Risiken, der extremen Armut und der Umweltverschmutzung.
Was die Bekämpfung der Armut betrifft, so lässt sich feststellen, dass China in den Dekaden der sich 2018 zum 40. Mal jährenden Öffnungspolitik sage und schreibe 800 Millionen Menschen aus der Armut herausgeholt hat. Und auch in den vergangenen 5 Jahren, so der Rechenschaftsbericht von Li Keqiang, ist die Zahl der in Armut lebenden Menschen weiter um über 68 Millionen gesunken. Die Armenquote sei damit von 10,2 Prozent auf 3,1 Prozent herabgesetzt worden. Was hier die zukünftige Entwicklung betrifft, liegt es auf der Hand, dass die Regierung insgesamt die Zielsetzung Xi Jinpings nachdrücklich verfolgen wird, bis Ende 2020 eine „Gesellschaft von bescheidenem Wohlstand" hergestellt zu haben.
Auch in Sachen Umweltverschmutzung konnte der Ministerpräsident deutliche Fortschritte vermelden. So sei die Zahl der schwer verschmutzten Tage in den Schwerpunktstädten um die Hälfte reduziert worden. Ergänzend hierzu sei nur daran erinnert, dass aufgrund des Umweltschutzsteuer-Gesetzes des Landes, das am 1. 1.2018 in Kraft getreten ist, China ab kommendem April solche Unternehmen und öffentliche Einrichtungen besteuern wird, die Schadstoffe ausstoßen. Das Gesetz, das sich auf Luft- und Wasserverschmutzung, feste Abfälle sowie Lärmbelastung bezieht, fördert umweltfreundliche Produktionsmodelle für eine qualitativ hochwertige wirtschaftliche Entwicklung.
Der Bekämpfung finanzieller Risiken dient die Reduzierung der Defizitrate auf 2,6 %, die erste Herabsetzung dieses Indikators seit fünf Jahren. Dabei wird, und dies ist eine wichtige Botschaft für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes, dies nicht auf Kosten der Infrastrukturinvestitionen für Straßen, Wasserwege und Eisenbahnen gehen.
Alle die genannten Aspekte hängen natürlich mit einem weiteren gesunden Wachstum der chinesischen Wirtschaft zusammen. Denn nur eine wachsende Wirtschaft kann die erforderlichen Staatseinnahmen etwa zum Abbau der Armut, zum Ausbau des Sozialsystems oder auch der Schaffung weiterer Bildungseinrichtungen generieren. Die hierzu in dem Regierungsbericht gegebene Wachstumsprognose von 6,5 % ist auf jeden Fall ermutigend. Und was die Qualität des Wachstums betrifft, sei an die nähere Beschreibung dieses Wachstums durch Präsident Xi Jinping erinnert, jüngst wieder geäußert anlässlich der Eröffnung der ersten Jahrestagung des 13. NVK in einer Diskussion mit der Delegation des Autonomen Gebiets Innere Mongolei: Die Förderung einer wirtschaftlichen Entwicklung hoher Qualität. Dies wiederum steht in engem Zusammenhang mit den auf dem 19. Parteitag festgelegten Etappen für 2035 und 2049, d.h. Jahreszahlen, bis zu denen China sich zu einem weltweiten Innovationsführer in moderner Technik (z.B. Schlüsseltechnologien wie Elektromobilität, Raumfahrt, Flugzeugindustrie und Digitaltechnik) entwickeln soll. Eine Begleiterscheinung dieser Entwicklung: Solche neuen Technologien sind nachhaltig und umweltfreundlich, verbinden also wirtschaftliche Entwicklung eng mit den gesetzten Umweltzielen.
Was können wir also nach Eröffnung der ersten Sitzung des 13. NVK und dem erstatteten Bericht Li Keqiangs festhalten? Vor allem dies: Es liegen große und anspruchsvolle Zukunftsaufgaben vor der VR China. Aber die Art und Weise, wie die Regierung diese Aufgaben analysiert und anpackt, stimmen sehr zuversichtlich.
Autor:Dr. Michael Borchmann
Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), früherer Abteilungsleiter (Director General) Internationale Angelegenheiten
Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen
Beirat der CIIPA des Handelsministeriums der VR China
Beirat der Deutsch Chinesischen Allgemeinen Zeitung