Am Ende des Jahres 2001 wurde der Kreis Zhongdian, Hauptort der Autonomen Tibetischen Präfektur Deqen in Chinas südwestlicher Provinz Yunnan, in "Shangri-La" umbenannt. Nach fast neunmonatigen Recherchen kamen Experten und Wissenschaftler zum Schluss, dass Zhongdian in der Tat das Shangri-La ist, das James Hilton in seinem Roman Lost Horizon von 1933 erwähnt.
Auf allen Seiten von schneebedeckten Bergen, dichten Urwäldern, alpinen Seen und sattem Grasland umgeben, ist Shangri-La ein Ort des Friedens. Über dem Ort schweben weiße Wolken, und auf den Weiden wandern Herden von Rindern und Schafen. Pilger drängen sich in seinen buddhistischen Tempeln, und die Tibeter und Angehörige anderer ethnischer Minderheiten leben hier in Eintracht zusammen. Die Luft ist frisch, die Landschaft erhaben. Vogelgezwitscher begleitet klangvolle tibetische Volkslieder, und die tibetischen Tänze, die vor einer solch bezaubernden Kulisse vorgeführt werden, sind ein Augenschmaus.
In dieser Gegend bewegen sich die Wetterbedingungen zumeist zwischen einem kühlen Hochlandklima und einem gemäßigteren, subtropischen Monsunklima. Shangri-La hat das größte Waldgebiet in Yunnan vorzuweisen, das als "Schatzhaus der Flora und Fauna" bekannt ist. Hier finden sich auch das größte natürliche Weideland der Provinz, mit Gewässern und Grasland im Überfluss, und der Moirig-Schneeberg, einer der zehn heiligen Berge der Tibeter. Die Abgeschiedenheit der Region hat dazu beigetragen, dass die Einwohner ihre traditionelle Lebensweise und Kultur bewahrt haben. Der Kreis Shangri-La ist zur Zeit eines der begehrtesten Reiseziele in China.
Lamaklöster
Lamaklöster sind ein Eckpfeiler der tibetischen Kultur. Unter den berühmtesten sind das Gaindain-Sumzenlin- und das Dongzhulin-Kloster. Ersteres ist das größte von 24 Lamaklöstern in der Präfektur Deqen und ist das Zentrum der Gelben Sekte in Sichuan und Yunnan. Vor der Befreiung 1949 war es Sitz der höchsten Regierungsämter der Region. 1674 erbaut und auf Geheiß des fünften Dalai Lama dem Potala-Palast nachgebildet, bedeckt das Kloster eine Fläche von 30 ha. Zu seinen Hochzeiten beherbergte es 1.400 Lamas und neun Lebende Buddhas. Die kostbarsten Reliquien des Klosters sind acht vergoldete Statuen des Shakyamuni sowie zahlreiche hervorragende Skulpturen, Tanghkas, Ritualgegenstände und unschätzbar wertvolle buddhistische Schriften.
Das Dongzhulin-Kloster befindet sich im Kreis Deqen. Es wurde sieben Jahre vor dem Sumzenlin-Kloster an einem Berghang erbaut. Jedes Jahr im Oktober wird hier eine prachtvolle Zeremonie abgehalten, anlässlich derer ein 8,5 x 5,2 Meter großes, in Seide gesticktes Bild der Schutzgottheit entrollt wird. Gleichzeitig findet eine große Zeremonie statt bei der Sutren gesungen werden. Zahllose Pilger strömen zur Teilnahme an der Zeremonie herbei.
Schneeberge
Schneebedeckte Berge nehmen im tibetischen Buddhismus eine wichtige Stellung ein, denn sie werden von den Tibetern als heilig angesehen.
Der Moirig-Schneeberg, einer der wenigen noch unbestiegenen Berge der Welt, liegt 849 Kilometer von Kunming entfernt, der Hauptstadt der Provinz Yunnan. Mit 6.740 m ist sein Hauptgipfel, der Kawagebo, der höchste in der Provinz. An der Südseite des Kawagebo liegt ein gewaltiger Wasserfall. Der Kawagebo wird von der Ningma-Sekte als ihre Schutzgottheit betrachtet. Zum tibetischen Neujahr strömen hier die Pilger zusammen, um den Gipfel zu verehren.
Der Sommer ist die beste Jahreszeit für einen Besuch des Moirig-Schneeberg mit seinen schneebedeckten Gipfeln, dichten Wäldern, dem weitem Grasland und den prächtigen Wildblumen. Ein Ausflug zu den zwei Gletschern unterhalb des Kawagebo ist äußerst empfehlenswert. Ihre geographische Lage und große Höhe sowie ihre Länge von 2.000 Metern machen sie zu zwei der seltensten Gletschern unserer Zeit.
Der Baimang-Schneeberg, auch Baima genannt, liegt im Kreis Deqen und ist ein nationales Naturreservat. Hier liegt ein ausgedehntes Urwaldgebiet, in dem die vom Aussterben bedrohten Goldaffen heimisch sind.
Der Haba-Schneeberg liegt in einem der Naturparks der Provinz Yunnan im südlichen Teil des Kreises Shangri-La. Er weist die größte Vielfalt an Tieren und Pflanzen in ganz China auf und ist bekannt als "natürlicher alpiner Garten", als "Reich der alpinen Tiere und Pflanzen" und als "Genbank der Welt für Zierpflanzen".
Bergseen
Der Nagpag-See ist fünf Kilometer von der Kreisstadt Shangri-La entfernt. Der nur vier bis fünf Meter tiefe See ist als Winterrevier der Schwarzhalskraniche berühmt, einer unter nationalem Schutz stehenden Vogelart. Die Kraniche fliegen im September oder Oktober her und bleiben bis zum März des folgenden Jahres.
Der Bita-See, 2,5 Kilometer außerhalb von Shangri-La, bedeckt 159 Hektar. Er ist umgeben von alten Tannen und Eichen. Der klare See, ein Überbleibsel eines Gletschers aus dem Quartär, beherbergt eine einzigartige Fischart, den "Bita-Doppellippenfisch". Die in der Mitte des Sees liegende kleine Insel, die per Boot erreicht werden kann, bietet einen weiteren einmaligen Anblick. Ein kleiner Pfad auf der Insel führt zu einem Ort stiller, beschaulicher Abgeschiedenheit.
Die "Tigersprung"-Schlucht
Die Tigersprung-Schlucht ist die berühmteste Schlucht am Jinsha-Fluss (dem Oberlauf des Yangtse), und weist das höchste Gefälle der Welt auf. Sie ist 20 km lang, an ihrer weitesten Stelle 50 m breit und an ihrer engsten 20 m. Ihr Gefälle beträgt 200 m. Die Schlucht hat 18 Untiefen und ihre Klippen ragen 3.000 m über dem Fluss auf. Das Gebiet bei Mantianxing ist der gefährlichste Teil. In kurzer Entfernung vom Ausgang liegt eine 1.000 m tiefer Abgrund - der ideale Ort für einen Blick in die Tigersprung-Schlucht.
Die Baishui-Terrassen
Die Baishui-Terrassen (wörtl. "Weißes Wasser") befinden sich 101 km von der Kreisstadt entfernt und sind ein Heiligtum der Dongba-Religion. Der Legende nach ist dies der Ort, an dem der Gründer der Dongba-Religion seinen Glauben zuerst verbreitete und wo sich seine Nachfolger durch Meditation weiterbildeten, um schließlich die Dongba-Schrift zu entwerfen, bekannt als "lebendes Fossil". Blickt man von weitem auf die Terrassen, sehen sie aus wie weiße Jade. Nach Angaben von Geologen sind die Sinterablagerungen zwischen 200.000 und 300.000 Jahre alt.
Deqen
Deqen war in der Geschichte ein wichtiges politisches, militärisches und kulturelles Zentrum für die tibetischen Gebiete Yunnans. Durch seine Lage im Grenzgebiet von Yunnan, Sichuan und Tibet wurde es zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt und zu einem Marktplatz für den Handel mit Tee und Pferden. Spuren menschlicher Besiedlung lassen sich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen. Mit der Qin-Dynastie (221 - 207 v. Chr.) entstand eine wichtige Handelsverbindung über Deqen. In der Tang-Dynastie (618 - 907) war es Teil des Tubo-Reichs.
Die tibetische Kultur breitete sich in der Gegend aus und viele Tibeter ließen sich hier nieder. In der Yuan-Dynastie (1271 - 1368) erlangte Deqen Bedeutung als Tee- und Pferdemarkt. Die Autonome Tibetische Präfektur Deqen wurde 1957 gegründet. Die Mehrheit ihrer Bevölkerung sind Tibeter.
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