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(GMT+08:00) 2005-07-01 17:11:19    
Gumiya (2)

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Am Himmel gab es nun keine Sonne und keinen Mond mehr, auf der Erde gab es kein Licht und keine Wärme, die Erde wurde eine dunkle und kalte Welt. Es gab weder Tag noch Nacht, das Wasser der Flüsse floss nicht mehr, die Zweige der Bäume regten sich nicht. Beim Pflügen musste man ein Licht ans Gehörn der Rinder hängen; wer sich auf einen Weg begab, musste sich auf einen Bambusstock stützen.

Wie fürchterlich waren diese dunklen und kalten Tage! Gumiya dachte darüber nach, wie man die versteckte Sonne und den verborgenen Mond finden und sie veranlassen könnte, seinen Geschöpfen zu dienen. Schließlich sandte er die Schwalbe aus, nach der Sonne und dem Mond zu suchen.

Nach einigen Tagen kehrte die Schwalbe mit der Nachricht zurück: "Im Osten, am Rand der Erde und des Himmels, befindet sich eine große Steinhöhle, in der sich Sonne und Mond versteckt halten."

Gumiya rief die Vögel und alle Tiere zusammen und beratschlagte mit ihnen, wie man es anstellen könnte, die Sonne zu bitten, aus der Höhle zu kommen. Alle waren mit Gumiyas Vorschlag einverstanden und versprachen, mit ihm zu gehen. Nur der Aduma-Vogel und der Chijimiguli-Vogel waren selbstsüchtig und weigerten sich, den anderen zu helfen. Aduma färbte sich das Hinterteil rot und sagte: "Ich bin krank, ich habe Durchfall. Seht, mein Hinterteil ist schon ganz rot. Ich kann nicht fliegen." Chijimiguli färbte seinen Kopf weiß und erklärte weinend: "Meine Mutter und mein Vater sind gestorben, seht, ich habe noch die Trauerkleidung an, ich darf nicht ausgehen." Seitdem sind das rote Hinterteil von Aduma und der weiße Kopf von Chijimiguli Symbole der Selbstsucht und des Eigennutzes.

Dann brach die große Schar der Vögel auf. Die Schwalbe flog als Wegführerin voran, ihr folgten die Glühwürmchen, die den Weg beleuchteten. Der laut krähende und redegewandte Hahne flog als Wortführer in der Mitte. Den Tieren, die auf der Erde liefen, diente das starke und kräftige Wildschwein als Geleitschutz. Gumiya machte sich nicht mit auf den Weg, weil die Sonne Angst vor ihm hatte.

Sonne und Mond, die sich in der Steinhöhle versteckten, hatten inzwischen geheiratet. Sie machten sich große Sorgen. Wenn sie immer in der Höhle würden leben müssen, würden sie eines Tages ersticken, und wenn sie nichts zu Essen bekämen, würden sie verhungern müssen. Sie wollten gern ausgehen, hatten aber Angst vor Gumiyas Pfeilen. Sie fanden keinen Ausweg, nahmen einander in die Arme und weinten. Als sie wieder einmal über ihre Sorgen sprachen, hörten sie vor der Höhle ein Geräusch. Schreckliche Angst befiel sie, sie drückten sich dichtgedrängt in den hintersten Winkel und wagten nicht, zu atmen.

Die Schar der Vögel und Tiere war vor dem Eingang der Höhle angekommen. Alle riefen durcheinander und brachten ihre Bitte vor, aber aus der Steinhöhle drang kein Laut zu ihnen heraus. Endlich bat der Hahn um Ruhe, er schüttelte sein Gefieder, reckte den Hals und rief:

"Helle Sonne,

schöner Mond,

kommt heraus

und gebt uns Wärme und Licht!"

Die Stimme des Hahns war angenehm und wohltönend, so dass Sonne und Mond sich beruhigten und antworteten:

"Lieber zu Tode erstickt und verhungert in der Höhle

als von Gumiya getötet werden!

Wenn wir herauskommen,

wird niemand uns zu Essen geben!"

Darauf sangen alle:

"Es war Gumiyas Vorschlag, dass wir euch herausbitten,

er wird euch nicht töten.

Die Tochter Gumiyas

wird euch täglich zu Essen geben!"

Die Sonne und der Mond glaubten nicht, dass Gumiya sie begnadigt und ihnen Verschonung zugesagt hatte. Viele schöne Worte wurden gesprochen, Vögel und Tiere versuchten alles, aber es half nichts. Schließlich versprach der Hahn: "Wenn ich euch rufe, kommt heraus, dann gibt es keine Gefahr; wenn ich euch nicht rufe, kommt nicht heraus." Damit Sonne und Mond nicht an seinen Worten zweifelten, hieb er mit dem Schnabel ein Stück Holz entzwei. Die eine Hälfte warf er in die Höhle, die andere Hälfte legte er auf seinen Kopf. Seitdem tragen die Hähne einen Hahnenkamm und seitdem rufen sie täglich in der Morgendämmerung die Sonne; wenn ein Hahn seine Pflicht nicht getan hat, werden die Leute ihn töten.

Die Tochter von Gumiya fütterte jeden Tag die Sonne und den Mond. Sie verwandelte sich täglich dreimal, am Morgen war sie ein schönes junges Mädchen, am Mittag eine kräftige Frau, am Abend war sie eine weißhaarige alte Greisin. Sie war Tag für Tag mit dem Füttern beschäftigt. Mit Goldsaft fütterte sie die Sonne, mit Silbersaft den Mond.

Als alles geregelt war, forderten die Vögel und Tiere gemäß dem Vorschlag von Gumiya die Sonne und den Mond auf, dass der eine von ihnen am Tag und der andere in der Nacht erscheinen sollte, so dass sie sich am Anfang und am Ende jedes Monats in der Steinhöhle wieder treffen konnten. Da die Sonne ein junges Mädchen war und in der Nacht Angst hatte, erschien sie am Tage. Aber selbst am Tag behielt sie ihre Schüchternheit. Der Mond schenkte ihr deshalb einen Beutel mit Sticknadeln und sagte ihr, dass sie mit den Nadeln jeden in die Augen stechen könne, der ihr ins Gesicht schaue.

So wurde alles abgemacht, und Sonne und Mond waren bereit, bald wieder zu erscheinen. Aber ein großer Stein verdeckte den Eingang der Höhle, so dass die beiden nicht herauskommen konnten. Die Tiere und die Vögel wollten den Stein fortwälzen, aber er bewegte sich nicht. Das Wildschwein stellte seine großen Ohren auf und sagte: "Lasst mich es versuchen." Es stieß so heftig mit dem Körper gegen den Stein, dass er mühelos zur Seite rollte.

Die Sonne und der Mond traten hervor. Seitdem gibt es den Unterschied zwischen Tag und Nacht, und auf der Erde herrschen Licht und Wärme und Dunkelheit und Kühle in richtigem Maß. Die Sonne schien über den Bergen, und alle Tiere regten sich; die Sonne schien über den Wäldern, und alle Vögel sangen; sie schien über den Flüssen, und die Fische schwammen; sie beschien die alten Männer, und die alten Männer traten aus ihren Häusern und reparierten die Pflüge; sie beschien die alten Frauen, und die alten Frauen setzten sich ins Freie und spannen; sie beschien die Jungen, und die Jungen gingen auf die Felder und erledigten die Feldarbeit; sie beschien die Mädchen, und die Mädchen gingen auf die Berge, um Holz zu sammeln; sie beschien die Kinder, und die Kinder liefen durchs Dorf, um die Rinder auf die Weide zu führen. In der Nacht erschien der Mond. Der Mond beschien die alten Leute, und die alten Leute begannen, Geschichten zu erzählen; der Mond beschien die Kinder, und die Kinder begannen zu spielen; der Mond beschien die jungen Leute, und die jungen Leute begannen, Musik zu machen, zu singen und zu tanzen ...

Alles war lebendig, es gab wieder Freude und Hoffnungen. Die Erde und der Himmel, Gumiyas Welt war wieder schön und lebenswert.

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