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Die Geschichte der Lusheng (2)

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Mit der Zeit wurde Banggao noch schöner. Alle jungen Männer verliebten sich in sie, Banggao aber blieb ungerührt. Jeder, der um sie warb, kehrte tief seufzend und mit gesenktem Kopf in sein Elternhaus zurück.

Ein altes Sprichwort sagt: Die Geister neiden Menschen das Glück. Eines Tages erblickte ein Weißfasangeist die junge und schöne Banggao. Da er wusste, dass er ihr Herz nicht gewinnen konnte, dachte er sich eine böse List aus. Einmal, als Banggao zu Hause war und an einer Blume stickte, fiel sie, ohne dass es eine Erklärung dafür gegeben hätte, bewusstlos zu Boden, wurde von einem Sturmwind erfasst und davongetragen. Gaoque und Weiniao waren wie von Sinnen vor Kummer und weinten sich die Augen aus. Alle Nachbarn im Dorf nahmen an ihrer Trauer Anteil, und man suchte Banggao überall. Aber Banggao war nirgends zu finden.

Maosha folgte indessen den Spuren wilder Bestien. Er wanderte über Berge, durchquerte Täler und streifte durch dichte Wälder, die noch nie eines Menschen Fuß betreten hatte. Eines Tages befand er sich in einem Wald, der kein Ende zu nehmen schien. Dorf traf er eine Gruppe von Holzfällern der Han-Nationalität. Es war wirklich ein überraschendes Erlebnis, in einem Urwald Menschen zu begegnen. Die Han-Leute unterhielten sich mit Maosha und fragten ihn, woher er käme. Maosha antwortete: "Ich habe kein Zuhause. Ich streife von Berg zu Berg. Die wilden Bestien können mir nicht entfliehen. Ich bin ein umherwandernder Jäger." Die Han-Leute gewannen Maosha lieb und wünschten, dass er bei ihnen zur Nacht bleiben würde. Am Abend saßen sie um das Lagerfeuer. Maosha bat: "Erzählt mir etwas über den Wald, meine Freunde!" Sie berichteten ihm von dem Leben, das sie führten, und von den Tieren, die es hier gab. Schließlich seufzten sie und sagten: "Es ist wirklich schön hier im Wald, aber wir wollen jetzt nicht länger bleiben." Maosha fragte: "Warum?" Sie antworteten: "Vor kurzem ließ sich ein Weißfasangeist hier nieder. Um Mitternacht erscheint er auf dem höchsten Ast jenes Baums und stößt einen schrecklichen Schrei aus. Nach zwei Stunden erscheint er auf dem zweithöchsten Ast und schreit noch einmal, dass man nicht schlafen kann und einem der Schrecken in die Glieder fährt. Zwei Stunden später schreit er auf dem dritthöchsten Ast, dann bricht der Tag an. Merkwürdig dabei ist, dass man dabei stets das Schluchzen einer Frau hören kann. Wir haben wirklich Angst und haben uns deshalb entschlossen, diese unheimliche Gegend zu verlassen."

Maosha dachte: "Das ist bestimmt ein böser Geist; ich muss ihn bezwingen." Seinen Freunden sagte er: "Habt keine Angst, ich werde heute Nacht wach bleiben." Spät in der Nacht versteckten sich Maosha und seine Freunde unter dem großen Baum. Es war so finster, dass man die eigene Hand kaum sehen konnte. Als es Mitternacht war, zeichnete sich schemenhaft ein großer weißer Vogel auf dem höchsten Ast des Baums ab. Dann hörte Maosha den markerschütternden Schrei, von dem die Holzfäller ihm berichtet hatten. Zur gleichen Zeit war das Schluchzen eines jungen Mädchens zu hören. Als der Morgen dämmerte, schrie der Vogel zum dritten Mal. Jetzt war die Gestalt des Geistes deutlich zu erkennen. In diesem Augenblick schoß Maosha seinen Pfeil ab. Der Pfeil traf den Geist mitten in die Brust. Er fiel wie ein schwerer Stein vom Ast auf den Waldboden. Jetzt konnte man das Schluchzen des Mädchens nicht mehr hören. Am hellen Tag fand Maosha die Leiche des Geistes, es war ein großer weißer Fasan. Maosha freute sich sehr, dass er den Geist bezwungen hatte, obwohl er nicht wusste, was es mit dem Schluchzen des Mädchens auf sich hatte. Er zog eine Feder aus dem Körper des Fasans und steckte sie sich als Andenken in die Kopfbinde. Dann verabschiedete er sich von den gastfreundlichen Holzfällern und zog weiter.

Nachdem Banggao vom Weißfasangeist entführt worden war, wurde sie in einer Berghöhle gefangen gehalten. Der Geist versuchte mit aller Gewalt, Banggao dazu zu bringen, ihn zu heiraten. Aber Banggao gab nicht nach. Sie blieb bei ihrem "Nein" und weinte den ganzen Tag. Da der Geist fürchtete, dass sie zu fliehen suchen würde, wandte er ein Zaubermittel an, so dass sie den ganzen Tag bewussdos schlief. Jeden Tag zwischen Mitternacht und Morgendämmerung kam sie zur Besinnung und fing von neuem zu schluchzen an. Dann stieß der Weißfasangeist seine Schreie aus, so dass Banggao nach dem dritten Schrei wieder in Ohnmacht sank. Nachdem Maosha den Weißfasangeist getötet hatte, erlangte Banggao langsam das Bewusstsein wieder. Sie lief aus der Höhle und wusste nicht, wo sie sich befand. Nachdem sie eine Zeidang den Wald durchirrt hatte, traf sie am Fuß des Berges die Holzfäller. Die Han-Leute wunderten sich sehr, als sie das schöne Mädchen sahen. Banggao erzählte ihnen ihre Geschichte. So erfuhren die Holzfäller, wer jede Nacht geschluchzt hatte. Dann berichteten sie dem Mädchen, was sich in der vergangenen Nacht zugetragen hatte und dass er der kühne Jäger Maosha gewesen war, der Banggao gerettet hatte. Leider war der junge Jäger schon weitergezogen, aber die Han-Leute vergaßen nicht, zu erwähnen, dass Maosha eine weiße Fasanenfeder in die Kopfbinde gesteckt hatte, an der man ihn leicht erkennen könnte.

Banggaos Gesicht verfärbte sich vor Aufregung, als sie hörte, dass ausgerechnet Maosha, nach dem sie sich Tag und Nacht sehnte, ihr Retter war. Aber wo konnte sie ihn finden? Banggao konnte nichts anderes tun, als sich von den gutmütigen Holzfällen zurück in ihr Dorf begleiten zu lassen. Gaoque und Weiniao waren außer sich von Freude, als sie ihre Tochter heimkehren sahen. Sie umarmten Banggao und fragten sie unter Tränen: "Tochter, was war mit dir geschehen? Wohin bist du gegangen? Wir sind vor Sehnsucht beinahe gestorben." Banggao erzählte ihren Eltern, wie sie entführt worden war und wie Maosha sie gerettet hatte. Und flüsternd fügte sie hinzu, dass sie sich schon vor langer Zeit in Maosha verliebt habe. "Ich liebe ihn, und jetzt umso heftiger, da er mein Leben gerettet hat. Aber ich weiß nicht, wo er ist. Ich werde auf ihn warten." Gaoque freute sich sehr, als er das hörte. Er selber hatte Maosha einmal gesehen, und mochte diesen tapferen jungen Jäger auch. Aber Maosha war ein Landstreicher, der überall und nirgends zu Hause war. Wann würde er je in ihr Dorf zurückkehren? Einige Monate vergingen, ein halbes Jahr verstrich, von Maosha war keine Spur zu finden. Banggao wartete und wartete und wurde darüber elend und krank. Eines Tages sagte Gaoque zu seiner Frau: "Wir müssen Maosha suchen gehen." "Wie denn?" fragte Weiniao. "Wir tanzen und singen und laden die Leute aller umliegenden Dörfer dazu ein. Maosha wird sicher davon hören und auch hierher kommen." Gaoque war wirklich gescheit und geschickt. Er sammelte Bambus und stellte eine Mundorgel, die später "Lusheng" genannt wurde, her und spielte darauf die schönsten Melodien. Er ließ die Jungen im Dorf ebenfalls "Lusheng" anfertigen und lehrte sie, darauf Musik zu spielen. Während des Frühlingsfestes hielten sie ein "Lusheng-Fest" ab. Alle tanzten und sangen zu den Klängen der "Lu-sheng"-Spieler. Nicht nur jeder im Dorf, sondern auch Leute aus anderen Dörfern wurden von der Fröhlichkeit angezogen. Je ausgelassener die Menschen tanzten und sangen, desto mehr Leute kamen zum Lusheng-Fest.

Insgesamt wurde neun Tage und neun Nächte lang getanzt und gesungen. Am neunten Tag entdeckte Banggao einen jungen Mann, der eine weiße Fasanenfeder in der Kopfbinde trug. Sie sah noch einmal genau hin und überzeugte sich, dass es Maosha war. Das Mädchen war über die Maßen froh und teilte ihre Entdeckung sofort ihren Eltern mit. Gaoque lud Maosha in sein Haus ein und richtete eine Festtafel mit Wein und Speisen her. Maosha wusste nicht, was das alles zu bedeuten habe. Der alte Gaoque sagte: "Du kühner Jäger, du bist einst bei uns gewesen und hast uns geholfen, die grausamen Habichte zu töten. Ich möchte jetzt eine Frage an dich richten: Woher hast du die weiße Fasanenfeder erlangt?" Maosha war überrascht, dass der Alte ihn danach fragte, und er erzählte dem Alten ausführlich, wie er im Wald den Weißfasangeist erlegt hatte. "Eines aber", so sagte er zum Schluss, "verstehe ich bis heute nicht: Warum war damals das Schluchzen einer jungen Frau zu hören und warum verstummte es, nachdem der Weißfasangeist getötet worden war?" In diesem Augenblick trat Banggao mit leuchtenden Augen aus dem inneren Zimmer und ging auf Maosha zu. Gaoque wies auf seine Tochter und berichtete Maosha die ganze Geschichte und den Grund, warum das Lusheng-Fest abgehalten worden war.

Maosha brachte Banggao vom ersten Augenblick an große Sympathie entgegen; außerdem gefiel ihm Banggao, da sie so schön war. Also verheirateten sie sich und wurden ein glückliches Ehepaar.

Man sagt, dass diese Geschichte der Grund dafür sei, dass die Miao das Lusheng-Fest feiern. Seitdem stecken sich die jungen Männer und Mädchen der Miao gern eine weiße Fasanenfeder in die Kopfbinde. Diese Feder habe zwei Bedeutungen: Sie zeige, dass ihr Träger keine Angst vor Geistern habe, und sie verhelfe ihm zu dem Mädchen oder Burschen, die er sich zum Ehepartner wünsche. Später benutzten die Mädchen statt der Federn federförmige Silberscheiben, da es zu schwierig war, so viele weiße Fasanenfedern zu bekommen.

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