Jung, cool, elegant - und vor allen Dingen Olympiasieger und Weltrekordler: Das ist der chinesische 110m-Hürferläufer Liu Xiang. Seit seinem Olympiasieg in Athen steht er stets im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Doch dieser Pfundskerl sonnt sich nicht in seinem Ruhm und bleibt völlig cool.
Der gebürtige Shanghaier hat in Athen bei seinem Olympiasieg über 110m-Hürden den elf Jahre alten Weltrekord des US-Amerikaners Colin Jackson von 12,91 Sekunden eingestellt. Mit dieser Leistung gewann Liu Xiang als erster Athlet Chinas Gold in einer Leichtathletik-Disziplin in der olympischen Geschichte. Mit Affenzahn ist er so in den Erfolgshimmel aufgestiegen, die Öffentlichkeit geizte auch nicht mit Lob für ihn. Doch der 21Jährige ist auf keinen Fall ausgeflippt und hat einen kühlen Kopf bewahrt: Bei einem vor kurzem stattfindenen asiatischen Hallenturnier im chinesischen Tianji bereitete er sich bis aufs i -Tüpfelchen auf das 60m-Hürden-Finale vor und gewann schließlich mit 7:50 Sekunden das Rennen. Das war gleichzeitig seine bisher beste Leistung in dieser Disziplin bei einem inländischen Wettbewerb. "Ich mache mich nie wichtig und arbeite ohne Rast und Ruh", machte Liu Xiang im Nachhinein seine Konzentration auf diesen Wettbewerb deutlich, "und von psychischer Belastung kann keine Rede sein". Liu Xiang:
"Für mich ist jeder Wettkampf eine Trainingschance. Warum soll ich Druck haben? Die Zuschauer haben mich gern und schauen sich die Wettbewerbe, an denen ich teilnehme, erwartungsvoll an. Ich muss gut abschneiden und mich für ihre Anfeuerung und lautstarke Unterstützung revanchieren".
Olympisches Gold und den Weltrekord haben Xiu Liang und seinen Trainer Sun Haiping berühmt gemacht. Doch die vielen gesellschaftlichen und kommerziellen Veranstaltungen im Anschluss von Athen haben die beiden schon ein wenig genervt. Werbebüros fielen mit der Tür ins Haus. Liu war und ist ein guter Werbeträger und hat mehrere lukrative Werbeverträge. All dies habe Liu's Trainingsprogramm schon ein wenig gestört, zeigte sich der Trainer Sun Haiping besorgt, und er wünsche sich ein ruhiges Umfeld für seinen Sportler. Sun Haiping:
"Vor den Sommerspielen in Athen war unser Leben recht einfach. Liu Xiang verbrachte viel Zeit beim Training. Er war nicht nur sehr trainingseifrig, sondern fand auch genügend Zeit, sich zu entspannen und sich physiotherapeutisch behandeln zu lassen. Nun aber muss er noch mit anderen Dingen zurechtkommen. Ich muss sagen, es bedeutet für uns eine unangenehme Störung. So bleibt beispielsweise kaum Zeit für Liu Xiangs Heilmassage. Mir raucht der Kopf, wenn ich daran denke. So herrscht in seinem Lebens- und Trainingsrhythmus zum Teil ein Durcheinader".
Als Gegenmaßnahme schwört der Couch auf ein Training im Ausland. Ein ruhiges Umfeld ist für den Olympiasieger ganz wichtig, will er an seine Erfolge anknüpfen.
Liu Xiang ist ein Boy vom schlichten Wesen. Als er als einer der zehn besten Sportler Chinas 2003 ausgezeichnet wurde, fand er nicht mal einen Anzug und trug bei der Zeremonie einen Sakko, den er von der Shanghaier Sportdelegation für das 9. nationale Sportfest erhalten hatte. Für das Jahr 2004 erhielt er nochmals die gleiche Auszeichnung. Er strahlte auf dem Podium übers ganze Gesicht, und diesmal war er im Gegenteil zum Vorjahr ausgesprochen festlich gekleidet.
Zu Liu's Hobbys gehören Karaoke und Computerspiele, die auch bei Gleichaltrigen beliebt sind. Nach den Sommerspielen in Athen hat sich sein Leben ziemlich geändert. Er hat weniger Zeit für sich selbst. Selbstverständlich bevorzugt er ein ruhigeres Leben wie vor der Athener Olympiade. Ganz offen bittet er die Öffentlichkeit, ihm weniger Aufmerksamkeit zu schenken:
"Natürlich bevorzuge ich ein Leben wie vor Athen. Nach der Olympiade habe ich sehr viel erlebt, was sicherlich für mein weiteres Leben bedeutunsvoll sein kann. Ich habe viel von meiner Leistung profitiert, aber es geht nicht nur um Sport, sondern auch um meine Privatsphäre. Alles ist für mich unvergesslich und aufschlussreich. In diesem Sinne gefällt mir das jetzige Leben doch besser. Gleichzeitig möchte ich auch Ruhe finden. Bitte, lassen Sie mir einen freien Spielraum, denn ich habe neben meinem täglichen Training noch viel anderes zu tun, und ich bin noch jung".
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