Mit Blick auf die Olympischen Spiele 2008 in Beijing hatte die chinesische Sportverwaltung einen kühnen Plan ersonnen: Erstmals sollten chinesische Athleten zu regulären Trainingskursen ins Ausland geschickt werden. Erste Schritte wurden bereits in die Praxis umgesetzt. Im Januar traten 4 Sprinter und 2 Trainer eine Reise in die USA an, dort wollen sie fünf Monate lang trainieren. Die Entscheidung über Trainingskurse für chinesische Athleten im Ausland wurde nach dem Olympia-Erfolg des Hürdenläufers Liu Xiang in Athen getroffen. Die chinesische Sportverwaltung erhofft sich davon, dass "die Trainingsmethoden von Topathleten die chinesischen Sportler an die Weltspitze bringen sollen".
Der Cheftrainer der chinesischen Leichtathletik-Nationalmannschaft, Feng Shuyong, sagte dazu, die Trainer für den Kurzstreckenlauf in den USA seien in Trainingsideen und -methoden weltweit führend und könnten ihren chinesischen "Schülern" wertvolle Tipps und Tricks vermitteln. Insofern mache ein Training für die chinesischen Leichtathleten in den USA Sinn. Die chinesische Leichtathletik sei lange Zeit ein Schwachpunkt gewesen und solle nun an die Weltspitze gebracht werden, so Feng Shuyong weiter:
"Wir müssen uns auf zwei Gesichtspunkte konzentrieren. Zum einen müssen wir weiter auf unsere starken Disziplinen setzen und im Jahre 2008 um mehr olympische Goldmedaillen ringen. Zum anderen müssen wir unser Augenmerk auch auf die Schwachpunkte richten. Bei den Sommerspielen in Beijing soll China eine größere Zahl an Goldmedaillen und Medaillen in der Leichtathletik gewinnen und wir hoffen, dass noch mehr chinesische Leichathletinnen und Leichtathleten am Start der Olympiade sein können. Für die chinesischen Sprinter ist es eine schwere Aufgabe. Sie sollen also sich nicht nur für die olympischen Wettbewerbe qualifizieren, sondern auch die nächste Runde, wenn möglich sogar die Endrunde erreichen."
Feng Shuyong ist sich auch bei der Sportlichkeit der Unterschiede zwischen Chinesen und Amerikanern bewusst. Darauf sollten auch die amerikanischen Trainer eingehen, erklärte der Cheftrainer der chinesischen Leichtathleten. Sollte das Trainingsprogramm in den USA positive Ergebnisse bringen, werde China noch mehr Sportlerinnen und Sportler zum Training ins Ausland schicken. Ins Ziel gefasst wurden Länder wie Kenia, die im Mittel- und Langstreckenlauf leistungsstark sind.
Im Trainingscamp der Universität Baylor im amerikanischen Texas trainieren derzeit vier Sprinter aus China. Fünfeinhalb Monate lang werden sie vom Olympia-Sieger der USA und Doppel-Weltrekordler Michael Johnson und seinem Trainer Bret Hart gecoacht, dazwischen nehmen sie an Wettbewerben in den USA teil. Bereits im vergangnen Jahr wurden Michael Johnson und Bret Hart zu Trainingskursen nach China eingeladen, von denen die chinesischen Sportler und Trainer sehr viel profitieren konnten. Nun sollen die in den USA trainierenden Sprinter aus China mit Hilfe der US-Amerikaner schnell in den Erfolgshimmel aufsteigen: Der Trainer Liu Xia, der mit in die USA gereist ist, kennt den Trainingsstil von US-Trainer Bret Hart:
"Die amerikanischen Trainingsmethoden sind wirklich einzigartig. Nicht umsonst haben die amerikanischen Sprinter seit Jahren weltweit eine führende Position behaupten können. Ohne Frage bringt der Trainingsstil Vorteile. Die Trainer in China und den USA nutzen verschiedene Trainingsmethoden und ?mittel. Ich gehe vorab schon einmal davon aus, dass die Chinesen im Kurzstreckenlauf aufholen können."
Auch der Nachwuchssprinter Yang Yaozu ist zum Training in die USA mitgereist. Angesichts der herausragenden Fähigkeiten des Sprinters geizte auch Michael Johnson nicht mit Lob: Bereits während seiner China-Reise im vergangenen Jahr sei ihm der Chinese aus Shanghai aufgefallen. Der 200m-Läufer sei auch auf der 400m-Strecke talentiert, sagte Michael Johnson begeistert. Yang Yaozu zeigte sich in den USA überzeugt davon, dass er viel vom systematischen Training in Übersee profitieren könne. Doch ist er sich auch über seine Schwäche im klaren:
"Es fehlt mir und anderen chinesischen Kurzstreckenläufern an Körperkraft. Wir müssen die vorzüglichen Trainingsmethoden der USA im Sprintbereich erlernen und unsere Mängel wettmachen. Letztes Mal schaute mir Michael Johnen beim Training zu und stellte fest, dass ich keine allzu großen technischen Probleme habe. Bei mir ist die fehlende Kraft das größte Problem, das ich in den kommenden 6 Monaten lösen muss."
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