Vor kurzem sind neue Regelungen zur Familienplanung in einigen Gebieten in China eingeführt worden. Damit wird die Familienplanungspolitik in China bei genereller Kontinuität an einigen Punkten modifiziert.
Dazu gehört, dass das bislang geltende Strafprinzip ersetzt wird durch ein Belobigungsprinzip. Konkret bedeutet dies folgendes: In der Vergangenheit wurden Leute, die trotz der Ein- Kind- Politik mehrere Kinder hatten, bestraft. Künftig sollen nun stattdessen Leute mit weniger Kindern ausgezeichnet und direkt gefördert werden. Voraussichtlich im nächsten Jahr sollen die neuen Regelungen landesweit in Kraft gesetzt werden.
Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hatte die chinesische Regierung die Familienplanung vor allem auf administrativem Wege durchgesetzt, und dazu gehörten auch wirtschaftliche Bestrafungen für Verstöße gegen die Vorgaben der Familienplanung. Hauptziel war es, das zu schnelle Bevölkerungswachstum effektiv zu bremsen. In den vergangenen mehr als 30 Jahren konnte so ein Wachstum der Bevölkerung um weitere 300 Millionen Menschen verhindert werden.
Damit hat die Familienplanungspolitik eine Eindämmung des unkontrollierten Bevölkerungswachstums bewirkt und so eine wichtige Rolle für die koordinierte Entwicklung von Einwohnerzahl, Ressourcen und Umwelt gespielt und damit gleichzeitig zur Wirtschaftsentwicklung und zur Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung beigetragen.
Gleichzeitig hat die Umsetzung der Familienplanungspolitik insbesondere in Dörfern mit relativ niedrigem Entwicklungsniveau auch Probleme mit sich gebracht. So ist es auf dem Lande Tradition, dass die Söhne für die finanzielle Absicherung des Lebensabends ihrer Eltern aufkommen. Viele Söhne bedeuteten also für die Eltern eine ordentliche Rente. Im Umkehrschluss gilt dann aber auch: Kein Sohn - keine Rente. Angesichts dessen haben zahlreiche Ehepaare auf dem Lande, deren erstes Kind ein Mädchen war, die finanziellen Strafen der Regierungen in Kauf genommen und versucht, wenigstens im zweiten oder gar dritten Anlauf einen Sohn zu haben. Dies hat sowohl die Armut in vielen Orten und Haushalten verstärkt, als auch die staatliche Familienplanung verletzt.
An dieser Stelle soll nun die überarbeitete Familienplanungspolitik ansetzen. Bäuerliche Familien mit wenigen Kindern oder ohne Söhne werden vom Staat finanziell gefördert. Derzeit wird dieses Verfahren in einigen Gebieten getestet.
Die Vizedirektorin der staatlichen Bevölkerungs- und Familienplanungskommission, Zhao Baige, erläuterte die neuen Regelungen so: Bauern, die in den letzten 20 Jahren nicht gegen die Familienplanung verstoßen haben und mittlerweile ein Kind oder zwei Töchter oder gar keine Kinder haben, erhalten mit Erreichen des 60. Lebensjahres auf Antrag finanzielle Beihilfen der Regierungen. Wird einem solchen Antrag stattgegeben, erhalten die Betroffenen jährlich mindestens 600 Yuan Hilfe pro Kopf. Dies sei für einen ländlichen Haushalt ziemlich viel Geld, so Zhao Baige:
"Erstens können alle Familien, die die Familienplanungspolitik eingehalten haben, eine effektive Kompensation erhalten. Zweitens wird so allmählich und probeweise eine ländliche Sozial- und Altersabsicherung aufgebaut. Entsprechende Versuche gibt es bereits in einigen Orten. Wir hoffen, daß dieses System weiterhin verbreitet und wahrscheinlich bis 2005 landesweit umgesetzt wird."
Experten vertreten die Meinung, dass die Regierung mit der Umwandlung von der Bestrafung von Familien mit vielen Kindern hin zur Auszeichnung und Förderung von Familien mit wenigen Kindern ein Schritt der Regierung zur Vervollkommnung der Familienplanungspolitik ist, indem diese mit den unmittelbaren Interessen der Betroffenen verbunden wird.
Zudem bedeutet das neue Modell auch, dass bei praktischer Umsetzung der Familienplanung in China die Menschenrechte besser respektiert werden.
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