Schon seit Ende der 70er Jahre liegen die chinesischen Turner weltweit in Führung. Bei den Olympischen Sommerspielen in Athen hat sich die chinesische Nationalriege nun das Ziel gesetzt, mindestens 3 Goldmedaillen zu holen. Wie fit sind also die chinesischen Turner? Und wie sehen ihre Siegeschancen in Athen aus?
Bei der 20. Turn-WM 1979 in den USA gewann die chinesische Turnerin Ma Yanhong eine Goldmedaille am Stufenbarren. Seitdem wurde bei zahlreichen internationalen Turnieren die chinesische Nationalflagge gehisst. Seit 20 Jahren liegen die chinesischen Turner weltweit in Führung. Eine Reihe Superstars wie Li Ning, Li Xiaoshuang und Muo Huilan sorgte für großes Aufsehen, und die chinesische Turner-Nationalriege wurde als "Dreamteam" angesehen.
Cheftrainer Huang Yubin zufolge sind die chinesischen Turner in Athen insgesamt in 7 Disziplinen titelfähig, darunter in der Gruppenwertung der Männer sowie an Barren, Sprungpferd und Stufenbarren. Da müssten eigentlich 2 bis 3 Goldmedaillen drin sein.
Das Zauberwort für den Erfolg der chinesischen Turner heißt "Qualität" und "Stabilität". Besonders nach der Überarbeitung der Regeln durch die internationale Turnföderation im Jahr 2000 hat die Stabilität der Übung an zunehmender Bedeutung gewonnen, weil ein kleiner Fehler des einzelnen Turners auch die Gruppenleistung in Mitleidenschaft ziehen kann. Dazu sagte der Kapitän der chinesischen Turnernationalauswahl, Huang Xu:
"In diesem Jahr ist die Stabilität der Übung in den Vordergrund gerückt. Das chinesische Team wurde von den im Jahr 2000 überarbeiteten neuen Regeln sehr beeinflusst. Früher hatten wir nur einen Konkurrenten, und zwar Rußland. Nun sind Japan, die USA und Rumänien dazu gekommen. Alle stehen am gleichen Start, und niemand ist dabei absolut über- oder unterlegen".
Für die Männerdisziplinen gibt es genügenden Anlass zur Euphorie, weil das Männer-Team mit etlichen Superstars immer an der Weltspitze bleibt. Doch auch bei den chinesischen Turnerinnen erwartet man nun eine Überraschung: Sie sind titelfähig an Schwebebalken und Stufenbarren. Erwähnenswert ist auch, dass sie bei nationalen und internationalen Turnieren in letzter Zeit in ihrer Achillesferse Sprungpferd und Freiübungen stark aufgeholt und die Schwierigkeitsgrade der Übungen erhöht haben. Lu Shanzhen, Cheftrainer der chinesischen Turnerinnen, sieht bei seinen Schützlingen jedoch Probleme: Instabile Psyche, mangelnde Erfahrungen und niedrige Erfolgschancen bei schweren Übungen. Lu Shanzhen:
"Die instabile Ausführung der Übungen stellt immer eine Schwäche des Damen-Teams dar. Es fehlt uns an Erfahrungen und Anpassungsfähigkeit. Für die kommenden 2 Monate haben wir spezielle Trainings in diesem Bereich angesetzt."
Eine positive Zwischenbilanz ergab sich aus den nationalen Meisterschaften im Mai: Dabei überraschten die Turner der Nationalauswahl die Zuschauer mit neuen schweren Übungen am Barren und Sprungpferd sowie am Stufenbarren und Schwebebalken. Erfreulich war zudem, dass die Veteranen weiter in Top-Form waren und die Nachwuchskräfte ihr umfassendes Können zeigten.
Doch Cheftrainer Huang Yubin sah trotzdem einige Probleme. Als Beispiel nannte er unerwartete Verletzungen, psychische Probleme und Fehler. Unerwartet wurden bei den Wettkämpfen Nationalturner Li Xiaopeng und Nachwuchstalent Teng Haibin verletzt, was die Zuschauer erschreckt hatte. Cheftrainer Huang Yubin rechnet mit fatalen Folgen, sollten weitere wichtige Turner vor den Sommerspielen verletzt werden. Die könnte möglicherweise die Leistung des ganzen Teams beeinträchtigen:
"Das schwierigste Problem für uns sind Sportverletzungen bei den Olympia-Vorbereitungen. Das ist zugleich unser größter Feind. Dementsprechend wurden spezifische Forschungsgruppen gegründet, die für medizinische Betreuung, Kontrolle und Überwachung des körperlichen Zustands der Sportler, für Bluttests und Laboruntersuchungen zuständig sind".
Auch die Wetterlage in Athen und die Zeitumstellung muss mit berücksichtigt werden. Laut Cheftrainer Huang Yubin wird die chinesische Turn-Nationalriege vor den Olympischen Sommerspielen zuerst zum Training nach Frankreich reisen und dann von Frankreich aus nach Athen fahren.
So, und die Vorbereitungsturniere sind so gut wie beendet, demnächst geht es nach Frankreich, und die chinesischen Turnerinnen und Turner richten ihren Blick natürlich schon mal voller Zuversicht auf den Start der Olympischen Sommerspiele in Athen. Und da es immer auch ein bisschen Glück braucht, drücken wir auch hier sicherheitshalber die Daumen.
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