Im Laufe der langjährigen Geschichte haben sich zwei Arten von chinesischen Gärten herausgebildet, nämlich Hofgärten und die Privatgärten der Zivilbevölkerung. Diese beiden Arten unterscheiden sich wegen ihrer Entstehungsgeschichte sowohl architektonisch als auch stilistisch sehr stark. Also, während der Hofgarten großartig und künstlich sehr übertrieben gestaltet ist, sind die wichtigsten Merkmale des Privatgartens seine raffinierte Struktur, die dezente Eleganz und der Realitätssinn.
In Suzhou sind bis heute noch Dutzende von privaten Gärten vollständig erhalten. Sie stammen hauptsächlich aus der Ming- und Qing-Zeit zwischen dem 14.und dem 20. Jh. und haben seiner Zeit den gesamten Architekturstil vor allem im Yangtze-Delta beeinflusst. Der Suzhou-Garten ist so auch zu einem Begriff der chinesischen Baukunst geworden.
Der Bau der ersten Privatgärten in Suzhou geht zurück auf die Östliche Jin-Dynastie des 4. Jhs..
Ihren Höhepunkt erreichte die Tradition, Privatgärten anzulegen, im 16. Jh.: Damals gab es hierzulande mehr als 200 unterschiedliche Privatgärten, die sich überall in der Stadt verteilten. Die Stadt ist durch diese Gärten umso attraktiver geworden und als ein Reiseparadies Chinas bekannt.
Warum hatten sich die Privatgärten gerade hier konzentriert? Den Grund weiß Baukunstexperte Yang Hongxun zu erklären:
"Am südlichen Unterlauf des Yangtze-Flusses in Ostchina, wo sich die Stadt Suzhou befindet, bietet sich ein Klima mit angemessener Feuchtigkeit und ausreichender Niederschlagsmenge, so dass hierzulande vielfältige Pflanzen und Blumen und vor allem auch Zierpflanzen gedeihen.
Außerdem ist die Wirtschaft in dieser Gegend relativ hoch entwickelt, viele Geschäftsleute haben sich hier niedergelassen, in früheren Jahren auch zurückgetretene ranghohe Beamte. Diese Menschen konnten es sich leisten, einen privaten Garten bauen zu lassen."
Selbstverständlich sind die natürlichen Vorraussetzungen und die finanzielle Kraft nicht die einzigen entscheidenden Faktoren für die historische Prosperität des Suzhou-Gartens. Laut dem Experten Yang hatte die gute kulturelle Entwicklung der Stadt und seiner Umgebung auch die Gartenkunst gefördert.
Wie Sie schon erfahren haben, ist der chinesische Garten selbst ein Symbol der chinesischen Kultur. So steht der Suzhou-Garten beispielsweise mit der traditionellen Malerei in engem Zusammenhang, der Suzhou-Garten ist deshalb in China zu einem Synonym der Malerei geworden.
Der Leiter des Amtes für Gartenbau und Aufforstung der Stadt Suzhou, Xu Wentao, bewertete das Kulturerbe seiner Heimat so:
"Die Gärten in Suzhou haben in ihrer Geschichte einen einzigartigen Stil entwickelt. Man kann den Suzhou-Garten beim ersten Blick sofort erkennen. Er ist fein, zierlich und schön. Die Bauten im Garten sind zwar nicht groß, aber raffiniert konstruiert und passen sich harmonisch der Umgebung an. Sie bilden zusammen mit den nachgestalteten Seen, Bergen sowie den Pflanzen und Tieren ein wunderschönes Landschaftsbild. Zugleich ist der Suzhou-Garten ein tragendes Beispiel für die tausendjährige Kultur und Philosophie Chinas, wenn man die Kaligraphien und Malereien in den Hallen und Wohnräumen sowie die Skulpturen und anderen Kunstwerke im Garten betrachtet.
Da der Garten in Suzhou zugleich als Wohnsitz des Besitzers diente, kann man an der Möbelausstattung, den Wohnungsdekorationen und der architektonischen Aufteilung sehr gut die Lebensweise und den kulturellen Geschmack des Besitzers erkennen. Deshalb sind die Gärten in Suzhou auch für die Erforschung der Folklore und Riten der Menschen in dieser Gegend von großer Bedeutung".
Infolge von Kriegen und natürlichen Katastrophen im Laufe der Geschichte wurden viele Gärten in Suzhou zerstört oder sogar vernichtet. Nach Gründung der Volksrepublik im Jahre 1949 wurden die Suzhou-Gärten unter staatlichen Denkmalschutz gestellt. Mehr als 10 Gärten sind restauriert und als Parkanlagen geöffnet worden. Mit dem Reiseboom gleich nach dem Beginn der Reform- und Öffnungspolitik erreichte die jährliche Besucherzahl der Suzhou-Gärten sogar die 14 Millionen?Marke. In den letzten Jahren hat sich die Zahl bei sieben Millionen eingepegelt, zehn Prozent der Besucher kommen aus dem Ausland.
In den Jahren 1997 und 2000 wurden 9 Suzhou-Gärten als eine Gesamtekulturstätte in die UNESCO-Liste der Weltkulturerbeliste aufgenommen. Seither haben die Lokalregierung und die betreffenden Verwaltungsämter der Stadt ihre Maßnahmen zum Schutz der Gärten verstärkt.
|