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(GMT+08:00) 2004-06-08 08:53:19    
Das Stadttor-Museum Zhengyangmen

CRI
Dass sich kleinere graue Ziegelhäuser hinter der Stadtmauer ducken und nur wenige kaiserliche Prachtgebäude mit goldenen Dächern, wie etwa der Kaiserpalast oder der Glockenturm, die Innenstadt dominieren, ist in Beijing längst Vergangenheit. Die chinesische Hauptstadt wächst schon lange über ihre ursprünglichen Grenzen hinaus. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Beijinger Stadtmauer abgerissen worden, um dem wachsenden Verkehr Platz zu machen. Heute sind nur noch einige Stücke und Stadttore der Mauer erhalten. Die Erinnerung an das alte Stadtbild wird jedoch auf Photos und in Filmen dokumentiert, so zum Beispiel im Stadttor-Museum in Beijings Stadtmitte. Ein Besuch dort nimmt uns auf eine Zeitreise in vergangene Jahrhunderte mit, als die Stadtmauer der kaiserlichen Hauptstadt errichtet wurde. Unsere Reisebegleiterin Yuan Xuejun gibt uns einen Überblick über das Museum:

"Unser Museum ist im Zhengyangmen-Tor untergebracht. Wir geben Besuchern ein umfassendes Bild vom alten Beijing ? mit der alten Stadtmauer, den alten Straßen und Märkten sowie den alten Wohnhöfen. Das Zhengyangmen-Tor ist ein Wahrzeichen des alten Beijing. Anhand von Fotos, Bildern und wertvollen Gegenständen aus vergangenen Zeiten können insbesondere ausländische und junge Besucher einen Eindruck vom früheren Stadtbild Beijings bekommen."

Ein Bild aus der Vogelperspektive zeigt uns das alte Beijing. Fast genau im geographischen Zentrum der Stadt befindet sich der Kaiserpalast, der auch ?Verbotene Stadt" genannt wird. Hier stand der Thron, von dem aus die Kaiser der letzten Dynastien Ming und Qing das riesige Reich regierten. Hier trafen sie wichtige politische und militärische Entscheidungen, empfingen ausländische Botschafter und nahmen Tributgeschenke entgegen. Vor dem Palasteingang ließen sie abtrünnige Generäle oder Minister hinrichten, oder sie wurden selbst hingerichtet ? als Opfer der blutigen Machtkämpfe am Kaiserhof.

Unmittelbar neben Kaiserpalast und Verbotener Stadt befand sich die kaiserliche Stadt. Hier befanden sich die Residenzen der Adligen und hohen Mandarine sowie die Verwaltungsbehörden ? die sogenannten Yamen. In zahlreichen Lagern wurden Tributgeschenke und Alltagsgegenstände für die kaiserliche Familie aufbewahrt. Die kaiserliche Stadt war ebenso schwer bewacht wie der Kaiserpalast.

Hohe purpurne Mauern trennten die kaiserliche Stadt von der Innenstadt, die nur durch 9 hohe Stadttore betreten und verlassen werden konnte. In der Innenstadt, wo Handel und Handwerk florierten, wohnten die einfachen Leute. Ihnen war der Zutritt zur kaiserlichen Stadt unter Androhung der Todesstrafe untersagt.

Das Zhengyangmen-Tor, das Haupttor der Innenstadt, wurde im Jahre 1419 erbaut.

Über dieses Tor erzählt uns unsere Reisebegleiterin Yuan Xuejun:

?Das Zhengyangmen stand genau vor dem Kaiserpalast. Nur der Herrscher durfte durch das Mitteltor dieses Wachturms gehen, einfache Leute mussten durch die Seitentore gehen. Als das Haupttor der Innenstadt wurde dieses Stadttor größer und prächtiger gebaut als andere Stadttore. Es misst etwa 40 Meter Höhe und war damit das höchste Stadttor, es hatte den feinsten und edelsten Schmuck."

Im Jahr 1900 drangen die Alliierten der westlichen Mächte in Beijing ein. Als China schließlich zur Unterzeichnung der sogenannten ?Ungleichen Verträge" gezwungen wurde und mit Gebietsabtretungen sowie hohen Kompensationsgeldern den Willen der alliierten Mächte besänftigte, durfte die in die alte Hauptstadt Xian geflohene Kaiserin-Witwe Cixi zurückkehren. Sie sollte eigentlich durch das Zhengyangmen-Tor in den Kaiserpalast fahren. Dieses war aber niedergebrannt worden, und so errichtete die lokale Verwaltung aus Furcht vor ihrem Zorn ein provisorisches Papptor. Wie die Ironie der Geschichte es will, ließ sich die Kaiserin-Witwe täuschen und erfreute sich an der Pracht des Tores.

Südlich des Zhengyangmen-Tors konzentrierten sich die wichtigsten Geschäftsstraßen im alten Beijing. Darunter Geschäfte für Gewürze, Kleidung und Schmuck sowie zahlreiche Restaurants.

Kommen wir nun zum Chaoyangmen-Tor. Der Name des Tors bedeutet auf Chinesisch ?Die aufgehende Sonne", die durch seine Lage im Osten symbolisiert wird. Durch dieses Tor wurden Getreide und wichtige Nahrungsmittel über ein dichtes Netzwerk von Kanälen ? die Adern des Reiches - in die Hauptstadt transportiert. Sie verbanden die Hauptstadt mit der Kornkammer im Jangtse-Delta. Symbolisch wurden deshalb am Durchgang des Tores Ähren-Reliefs angebracht. Über die große Bedeutung des Chaoyangmen-Tors findet man einen Abschnitt in einem Buch aus der Ming-Dynastie. Der Verfasser schrieb: Wenn der Tonghui-Fluss außerhalb des Chaoyangmen-Tors versiegte, würde die ganze Hauptstadt verhungern.

Das Chongwenmen-Tor befindet sich im Südosten der alten Stadt. Hier war früher das Zollamt. Denn Einzelhändler verkehrten meist durch dieses Tor zwischen der Innenstadt und anderen Provinzen.

Das Siegestor liegt im Norden der Stadt. Seinen Namen erhielt es, weil durch dieses Tor die von Kämpfen siegreich heimkehrenden Soldaten in die Hauptstadt einzogen. Wer als Soldat erfolgreich war, den erwarteten nicht nur goldene Orden und großzügige Lehen, sondern auch eine Möglichkeit, bald in der militärischen Hierarchie aufzusteigen.

Die ganze Hauptstadt wurde intensiv bewacht. In der Ming-Zeit zum Beispiel beschützten mehr als 21.000 Soldaten die Stadt. Doch die hohen Mauern und starken Stadttore konnten der Hauptstadt nicht immer ihre Sicherheit garantieren. Unter heftigen Kanonenschüssen fiel Beijing seit Ende des 19. Jahrhunderts mehrmals in die Hände von Eindringlingen.

Im Westen der Stadt befindet sich das Xizhimen-Tor. Hier ist heute der wichtigste Verkehrsknotenpunkt von Bussen, S- und U-Bahnen. Wahrscheinlich können sich nur wenige Menschen an die folgende alte Legende erinnern, die sich um das frühere Xizhimen-Tor rankt: Der geizige Drachenkönig wollte die Menschen in Beijing nicht mit Trinkwasser versorgen, als man die Stadt aufbaute. Er hatte seine riesige Wassertasche mit allem Wasser Beijings gefüllt. Als er mühsam versuchte, die Tasche wegzuschleppen, meldete sich ein junger Mann namens Gao Liang, um den Drachenkönig zu verfolgen. Mit seiner Lanze stach Gao Liang ein Loch in die Wassertasche, und klares Trinkwasser strömte heraus. Der Held aber wurde vom Strom des herausfließenden Wassers verschlungen. Daraufhin taufte die Beijinger Bevölkerung die Brücke, an der der Held sein Leben verlor, auf den Namen Gao-Liang-Brücke.

In der Ming- und Qing-Dynastie wurde das Wasser mit schwer beladenen Wagen über die Gao-Liang-Brücke durch das Xizhimen-Tor in die Innenstadt transportiert. Die Kolonne, die mit gelben Fähnchen gekennzeichnet war, wurde stark bewacht. Denn sie brachte das beste Mineralwasser für den Kaiser.

Das Xuanwumen-Tor, in dem sich eine bedeutende katholische Kirche Beijings befindet, liegt südwestlich der Innenstadt. Hier befand sich einmal die ehemalige Richtstätte. Kriminelle, Attentäter, denen es nicht gelungen war, den Kaiser umzubringen, oder Reformer wurden nach langer Folterung hierher gebracht und hingerichtet.

Ein großes Bild zeigt uns, wie das alte Beijing aus der Vogelperspektive ausgesehen hat: Die Straßen und Gassen sind horizontal und vertikal angelegt und teilten die Stadt so in mehrere gleichmäßige Zonen. Von oben betrachtet erinnert die Gestaltung Beijings stark an ein Schachbrettmuster. Hohe und imposante kaiserliche Gebäude thronen in der Mitte der Stadt, während niedrigere Häuser der einfachen Leute sich am Rand ducken. Der Entwurf des Beijinger Stadtbildes ist ein Meisterwerk. Dazu sagt unsere Reisebegleiterin Yuan Xuejun:

?Das Stadtbild von Beijing war der Höhepunkt der hauptstädtischen Architektur in Chinas Feudalzeit. Eine 8 Kilometer lange Achse zieht sich in Nord-Süd-Richtung durch die Hauptstadt. Alle wichtigen Gebäude befanden sich auf der Achse oder symmetrisch angelegt an ihren beiden Seiten. Dies war ein Symbol der höchsten Macht des Kaisers."

Die Bilder der Ausstellung im Stadttor-Museum geben uns auch eine Vorstellung von alltäglichen Straßenszenen im alten Beijing. Die alten Straßen mit ihren damaligen Verkehrsmitteln, die großzügig angelegten Wohnhöfe und lebhaften Märkte werden sichtbar. Werbeschilder an Ladenfronten zeugen vom geschäftigen Treiben in der Stadt, Ehrentore an wichtigen Kreuzungen bezeugen die Verdienste von Ministern und Generälen. Durch die Ausstellung scheint das alte Beijing vergangener Zeiten wieder lebendig zu werden.