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(GMT+08:00) 2004-04-30 10:09:35    
Haarstickerei-eine alte orientalische Kunstart

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Für die Stickerei wird in China meistens Seidenstoff und Seidengarn verwendet, mit dem auf Seide verschiedene Muster gestickt werden. In China gibt es vier bekannte Stickerei-Schulen: die Suxiu-Stickerei aus Suzhou in der ostchinesischen Provinz Jiangsu, die Yuexiu-Stickerei aus der südchinesischen Provinz Guangdong, die Shuxiu-Stickerei aus der südwestchinesischen Provinz Sichuan und die Xiangxiu-Stickerei aus der zentralchinesischen Provinz Hunan. Heute wollen wir Ihnen allerdings einen anderen Zweig der chinesischen Stickkunst vorstellen, nämlich die Haarstickerei, die selbst vielen Chinesen unbekannt ist:

Allein der Name "Haarstickerei" deutet darauf hin, dass die Stickerei-Arbeiten nicht wie üblich mit normalen Seidenfäden, sondern mit menschlichen Haaren angefertigt werden.

Wie kam man denn auf die Idee, ein solch seltsames Material zu verwenden? Wie ist diese einzigartige Kunstart entstanden? Mit großer Spannung haben wir deshalb in Dongtai in der Provinz Jiangsu die Kunsthandwerkfirma Tiangong aufgesucht, die sich auf Haarstickerei spezialisiert hat. Ding Chongzheng, Manager des Unternehmens Tiangong, sprach mit uns über den Ursprung der Haarstickerei:

"Die Haarstickereikunst entstand vor über 1300 Jahren in der Zeit der Dynastien Tang und Song. Ihren Ursprung hat sie in der Provinz Jiangsu. Damals schnitten fromme Anhängerinnen des Buddhismus ihr langes Haar ab und stickten damit Porträts von Buddha oder der Göttin Guanyin, um ihren Respekt vor buddhistischen Gottheiten zu zeigen."

Wer mit chinesischen Bräuchen vertraut ist, wird wissen, welche Ehre dies in chinesischen Augen bedeutet hatte. Denn im Altertum hatte das Haar bei den Chinesen fast den selben Stellenwert wie das Leben selbst. Die Haut und das Haar galten als von Eltern erhaltene wertvolle Geschenke, die nicht beschädigt werden durften. Deshalb war es üblich, das Haar lang wachsen zu lassen und es in Knoten oder Zöpfe zu flechten. Damals schenkten junge Mädchen ihren Geliebten gerne eine ihrer Haarsträhnen zum Abschied, um damit ihre ewige Treue und Liebe zu beweisen.

Wegen der Besonderheit des Materials und seiner äußerst anspruchsvollen Verarbeitung ist diese alte Kunstart Ende der Qing-Dynastie im großen und ganzen verlorengegangen. Nach der Gründung der Volksrepublik China 1949, wurde die Haarstickerei wie andere traditionelle Kunsthandwerksarten unter staatlichen Schutz gestellt. Anfang der 70er Jahre begann man in Dongtai in der Provinz Jiangsu, Frauen in der Haarstickerei auszubilden. Die ersten hundert Stickerinnen waren damals von hochqualifizierten Kunsthandwerkern der Stickerei-Schule in Suzhou und volkstümlichen Kunsthandwerkern älterer Generation ausgebildet worden. Seit diesem Zeitpunkt ist Dongtai das kulturelle Zentrum für Haarstickerei.

Ding Chongzheng erläuterte, worin sich die Haarstickerei von normaler Stickerei unterscheidet: 

"Nehmen wir das Sticken einer Katze als Beispiel. Da das menschliche Haar dem tierischen Haar sehr ähnelt, sieht das Fell der gestickten Katze ziemlich naturgetreu aus. Es ist sanft und von einem natürlichen Glanz. Dieser Effekt kann nicht mit herkömmlicher Stickerei erreicht werden."

Für Haarstickerei ist anspruchsvolles Rohmaterial erforderlich. Das Haar stammt ausschließlich von jungen Mädchen, weil das Haar älterer Leute zu brüchig und das männliche Haar zu dick, zu kurz und oft nicht geschmeidig genug ist. Dazu noch einmal Ding Chongzheng:

"Der Glanz und die Geschmeidigkeit der menschlichen Haare hängt stark vom Alter eines Menschen ab. Mädchenhaar eignet sich unter Berücksichtigung des Alters, des Glanzes als auch der Geschmeidigkeit am besten. Außerdem ist es meistens lang genug. Denn zum Sticken darf das Haar nicht kürzer als 7 Zoll, also knapp 20 Zentimeter sein."

Das Unternehmen Tiangong bezieht für seine Stickereiarbeiten landesweit Rohmaterial. Die Haare müssen vor der Verarbeitung erst präpariert werden. Sie werden zunächst nach Länge, Dicke, Qualität und Farbe geordnet, und dann weich gemacht und entfettet. Das bearbeitete Haar schimmelt, fault und verblasst nicht und ist würmerbeständig. Dadurch bleiben die Haarstickereiarbeiten lange Zeit erhalten. Früher wurden für die Haarstickerei ausschließlich die bei Chinesen üblichen schwarzen Haare verwendet. Mit der Zeit hat sich die Palette des Rohmaterials vergrößert. Das Unternehmen Tiangong z. B. verarbeitet zur Zeit auch Haare mit anderen natürlichen Farben sowie weiße Haare, die sich nach Belieben färben lassen. Es gilt jedoch: Je mehr naturfarbene Haare eingesetzt werden, desto wertvoller ist die Haarstickerei.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zur normalen Stickerei besteht darin, dass bei der Haarstickerei nur ein einzelnes Haar als Stickfaden verwendet wird. Bei normaler Stickerei dagegen werden Fäden verwendet, die aus zwei bis neun dünneren Fäden bestehen. Für den gewünschten Effekt muss das Haar also sehr präzise nach seiner Stärke sortiert werden, was den technischen Aufwand deutlich erhöht. Dazu meinte Ding Chongzheng:

"Für das Sticken von zarten Federn eines Vogelkopfes zum Beispiel müssen sehr feine, für die Vogelbeine dickere Haare ausgesucht werden." 

Ding Chongzheng meinte weiter, dass Haarstickereiarbeiten vier mal so teuer sind als normale Stickereien. Trotzdem erfreuen sich die Haarstickereien wegen ihres hohen künstlerischen Werts und ihres Sammlerwerts großer Beliebtheit und finden insbesondere in Südostasien und auf der Insel Taiwan zahlreiche Käufer. Ende März sind Stickerinnen des Unternehmens Tiangong nach Frankreich gereist, um am Rande des Kulturjahres China diese Kunst, die aus der Blütezeit der chinesischen Stickkunst stammt, vorzustellen.

Ding Chongzheng freute sich über die positiven Ergebnisse der Frankreichreise:

"Das interessierte Publikum war sehr groß. Diese orientalische Kunst hat die französischen Besucher erstaunt und begeistert. Außerdem hat unsere Haarstickerei-Show großes Bestell- und Einkaufsinteresse erregt. Die Reise nach Frankreich hat uns sehr zuversichtlich gemacht. Zuvor hatten wir befürchtet, die Haarstickerei würde bei den Europäern nicht so gut ankommen. Die Realität hat bewiesen, dass diese Sorge unbegründet war."