Jahrzehnte lang hat das Stahlkombinat „Shougang" das Bild des Stadtbezirks Shijingshan im Westen Beijings geprägt. „Hauptstadt-Stahl", so der deutsche Name dieses Traditionsunternehmens, spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der chinesischen Stahlindustrie und des Wirtschaftswachstums in Beijing. Wegen den Olympischen Spielen 2008 musste das Stahlunternehmen jedoch einen Großteil seiner Produktion von Shijingshan in die Nachbarprovinz Hebei auslagern. Auf dem Fabrikgelände wurden nur einige wenige Hochöfen zurückgelassen. Ende 2010 wurden schließlich auch sie stillgelegt.
In Zukunft soll das Firmengelände des Stahlkombinats Shougang in ein multifunktionales Geschäfts- und Unterhaltungsviertel umgewandelt werden. Die Fabrikgebäude werden zu Büros und Ateliers umfunktioniert. Ein Teil der Hochöfen soll zudem in ein Kaufhaus, ein Theater und einen Buchladen umgebaut werden.
Der Wegzug der Shougang-Gruppe war ein herber Verlust für den Wirtschaftsstandort Shijingshan, eröffnete der Bezirksverwaltung gleichzeitig aber auch die Chance zur wirtschaftlichen Umstrukturierung. Dazu Wang Haiping, der stellvertretende Direktor der Beijinger Kommission für Reform und Entwicklung:
„Um die Industriestruktur der Stadt Beijing insgesamt zu verbessern, lohnt sich die Umsiedlung der Shougang-Gruppe."
Beijing gehört zu den zehn chinesischen Pilotstädten, in denen das Modell der Kreislaufwirtschaft getestet wird. Die Stadtregierung hat den Energieverbrauch und den Emissionsausstoß in den letzten Jahren stark reduziert und die Verwendung von Solarenergie und Biogas gezielt gefördert. Momentan gelten die Technologiezone Zhongguancun, die Finanzstraße, die Entwicklungszone für Wirtschaft und Technologie, das Handelszentrum, die Wirtschaftszone um den Flughafen herum sowie das Olympia-Zentrum als Wirtschaftsmotoren der chinesischen Hauptstadt. In diesen Wirtschafts- und Industriezonen werden bis zu 70 Prozent des Beijinger Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet.
Obwohl der ehemalige Firmensitz des Stahlkombinats Shougang nicht in dieser wirtschaftlich sehr interessanten Zone angesiedelt ist, zeigen viele Investoren großes Interesse am geplanten Umbauprojekt. Hu Zhiyong, der stellvertretende Direktor der Kommission für Entwicklung und Reform im Stadtbezirk Shijingshan, weiß mehr:
„Auf diesem Firmengelände wollen wir hauptsächlich die Kreativindustrie, die High-Tech-Branche, die Handels- und Finanzindustrie, den Tourismus, die Messeveranstaltung sowie den Unterhaltungssektor fördern. Wir werden diese traditionelle Industriezone in ein umweltfreundliches Geschäfts- und Unterhaltungsviertel umwandeln."
Bereits begonnen hat auf dem ehemaligen Gelände der Shougang-Gruppe der Bau von „Chinas Cartoon-Stadt". Über 600 Unternehmen aus der Cartoon-Branche sollen hier angesiedelt werden. Die Bauarbeiten sollen im März dieses Jahres abgeschlossen sein. Die Eröffnung der Cartoon-Stadt ist für den Mai geplant. Auch Jiang Guiping, der stellvertretende Direktor der Beijinger Kommission für Wirtschaft und Informatik, ist vom Erfolg des Bauvorhabens in Shijingshan überzeugt:
„Wir nutzen diese alten Fabrikhallen zur Entwicklung der Kreativindustrie. Auf diese Weise erweitern wir das industrielle Angebot und erhöhen unsere Wertschöpfung. Dass dadurch auch noch das kulturelle Angebot erweitert wird, ist ein schöner Nebeneffekt. Die Erinnerung an die Geschichte und die Entwicklung der Industrie sind der Hinweis für die zukünftige Entwicklung."
Die Umwandlung des Shougang-Stahlwerks ist richtungsweisend für die Entwicklung der Beijinger Wirtschaft. Die Verantwortlichen erhoffen sich von diesem Projekt neue Impulse für den Wirtschaftsstandort Shijingshan.