Basketball ist heutzutage weit mehr als Schnelligkeit, Technik, Taktik und Teamgeist. Längst ist die traditionelle amerikanische Sportart zu einem Showbusiness geworden. Das gilt insbesondere für die amerikanische Profiliga NBA. Sie ist Sport und Showgeschäft in einem. Das Siegen auf dem Parkett ist genauso wichtig wie hohe Einschaltquoten. Die besten Spieler aus der ganzen Welt sollen dafür sorgen, dass sich immer mehr Zuschauer für die NBA interessieren. Eine Schlüsselrolle bei der Eroberung des chinesischen Marktes spielte Yao Ming. Der 30-jährige Shanghaier hat den Sprung in die härteste und beliebteste Basketball-Liga der Welt geschafft – und das, obwohl er kein Taiji-Meister ist, wie das die Werbung gerne suggeriert.

Yao Ming spielt seit 2002 als Center bei den Houston Rockets. Nach sieben Saisons in der NBA hat er sich längst einen Namen weit über die USA hinaus gemacht. Der Riese aus Shanghai darf sogar als eines der neuen Wahrzeichen Chinas bezeichnet werden. Das ist auch der Grund, warum er an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2004 und 2008 als Fahnenträger die chinesische Delegation anführen durfte.

Yao Ming wurde am 12. September 1980 in Shanghai geboren. Sein Vater Yao Zhiyuan ist 2,08 Meter groß und spielte in den 1970er Jahren für die Profimannschaft aus Shanghai. Seine Mutter Fang Fengdi ist 1,88 Meter und war Kapitän der chinesischen Basketball-Nationalmannschaft der Frauen. Bereits im Alter von 18 gab Yao sein Debut bei den Shanghai Sharks in der chinesischen Profiliga CBA. Mit einem Schnitt von zehn Punkten und neun Rebounds pro Spiel zeigte der schlaksige Hüne eine hervorragende Rookie-Saison. Die darauffolgende Saison verpasste er wegen einer Verletzung jedoch praktisch vollständig. Den endgültigen Durchbruch schaffte Yao Ming in der Spielzeit 1999/2000, in der er mit 21 Punkten, 14 Rebounds und fünf geblockten Würfen pro Spiel persönliche Bestmarken aufstellte. In der nächsten Saison wurde der 20-Jährige mit einem Schnitt von 27 Punkten und 19 Rebounds pro Spiel erstmals zum wertvollsten Spieler der CBA gekürt.

International sorgte Yao Ming erstmals an den Olympischen Spielen 2000 in Sydney für Furore, an der er zusammen mit seinen Teamkollegen Wang Zhizhi und Mengke Bateer unter dem Korb „die laufende chinesische Mauer" bildete.

Nach der Auszeichnung zum wertvollsten Spieler der CBA in der Spielzeit 2000/01 wurden auch die Talentspäher der NBA auf Yao Ming aufmerksam. Ein laufender Vertrag mit seinem damaligen Team, den Shanghai Sharks, verhinderte aber vorerst einen Wechsel in die USA. In seiner letzten Saison führte Yao Ming seine Sharks mit einem unglaublichen Schnitt von 32 Punkten und 19 Rebounds pro Spiel und einer sagenhaften Trefferquote von 72 Prozent aus dem Feld zum ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte. Ironischerweise hieß der Finalgegner der Sharks auch Rockets. In einem der Finalspiele gegen die Bayi Rockets verwandelte Yao Ming alle seine 21 Würfe aus dem Feld. Ein Rekord für die Ewigkeit und beste Empfehlung für eine Karriere in der NBA!

Im NBA-Draft 2002 wurde Yao von den Houston Rockets an erster Stelle gewählt. Mit der Wahl des Riesen aus China hofften die Texaner die Lücke unter dem Korb zu schließen, welche durch den Rücktritt des legendären Centers Hakeem Olajuwon ein Jahr zuvor entstanden war. Yao Ming war der erste ausländische Spieler in der Geschichte des NBA-Drafts, der trotz fehlender College-Erfahrung an erster Stelle gewählt wurde.

Wie viele Basketballexperten vorhersagten, hatte Yao Ming in der NBA mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen. In den ersten Spielen seines neuen Teams saß er zumeist nur auf der Bank. Die Skeptiker schienen recht zu behalten. Von Mitte November an ging es mit dem verletzungsanfälligen Center der Rockets jedoch aufwärts. Ein erstes Ausrufezeichen setzte er mit 20 Punkten gegen die Los Angeles Lakers. Seine persönliche Bestleistung schmerzte weniger die Lakers als vielmehr Charles Barkley. Der mehrmalige NBA-All-Star, der inzwischen als Co-Kommentator für den Fernsehsender TNT arbeitet, hatte vor dem Spiel der Rockets gegen die Lakers vollmundig gewettet, dass Yao Ming gegen Shaquille O'Neal, den Star-Center der Lakers, nicht mehr als 19 Punkte machen würde. Zur Strafe für seine Fehlprognose musste Barkley vor laufenden Fernsehkameras den Hintern eines Esels küssen.

Zwei Spiele später gegen die Dallas Mavericks verbuchte Yao Ming gar 30 Punkte und 16 Rebounds. Nach dieser Gala-Vorstellung war er in der Startaufstellung der Rockets gesetzt.

Im Februar 2003 wurde Yao Ming als Starter ins All-Star-Team der Western Conference berufen – und das gleich in seiner ersten NBA-Saison. Neben zahlreichen Gratulationen gab es aber auch viele negative Kommentare über Yaos erstmalige Berufung ins All-Star-Team. Die Hauptkritik lautete, Yao habe den Sprung ins All-Star-Team nur wegen den Online-Stimmen der zahlreichen chinesischen Fans geschafft! Tatsächlich durften die Fans in dieser Saison ihr All-Star-Team erstmals online selbst zusammenstellen. Die vielen NBA-Fans in China hatten damit zur ersten Mal überhaupt die Möglichkeit, an einer solchen Wahl teilzunehmen. Allerdings gibt es bis heute keinen stichhaltigen Beweis für die Behauptung, dass die Online-Stimmen aus China entscheidend für Yaos Wahl ins All-Star-Team waren. In Tat und Wahrheit erhielt O'Neal, Yaos Hauptkonkurrent, erhielt 4.000 Online-Stimmen mehr. Ausschlaggebend waren die Stimmzettel, die in den NBA-Stadien und den Einkaufszentren in den USA ausgefüllt werden konnten. Letztendlich siegte Yao Ming mit einem Vorsprung von 29.000 Stimmen gegen O'Neal.

Mit einem Schnitt von 13,5 Punkten und 8,2 Rebounds pro Spiel belegte Yao Ming bei der Wahl des Rookie of the Year den zweiten Platz. Vor Beginn von Yaos zweiter Saison im Jahr 2003 trat Rudy Tomjanovich aus gesundheitlichen Gründen als Cheftrainer der Rockets zurück. An seine Stelle trat Jeff Van Gundy, der langjährige Cheftrainer der New York Knicks. Da Van Gundy das Offensivspiel der Rockets auf Yao ausrichtete, verbesserten sich sowohl Yaos Punkteausbeute als auch sein Reboundschnitt pro Spiel markant. Im Spiel gegen die Atlanta Hawks im Februar 2004 stellte Yao mit 41 Punkten und sieben Assists neue Karrierebestmarken auf. Unter seiner Regie besiegten die Rockets die Hawks schließlich nach dreimaliger Verlängerung. Der gebürtige Shanghaier beendete seine zweite NBA-Saison mit einem Schnitt von 17,5 Punkten und neun Rebounds pro Spiel. Wie in seiner ersten Saison wurde Yao Ming erneut in die erste Fünf des All-Star-Teams gewählt. Weniger erfolgreich lief es seinen Rockets. Mit Platz sieben in der Western Conference erreichten sie zwar zum ersten Mal seit Yaos Ankunft die Playoffs, verloren jedoch in der ersten Runde sang- und klanglos gegen die Los Angeles Lakers.

An den Olympischen Spielen 2004 in Athen durfte Yao Ming die chinesische Fahne ins Stadion tragen. Für den Fall einer Niederlage im Achtelfinale kündigte Yao Ming an, sich ein halbes Jahr lang nicht mehr zu rasieren. Nach dem Sieg gegen Neuseeland verlor China die Gruppenspiele gegen Spanien, Argentinien und Italien. Zur Überraschung aller besiegte China im letzten Gruppenspiel den amtierenden Weltmeister Serbien mit 67 zu 66. die Angst vor einem Vollbart schien Yao Ming im Spiel gegen Serbien regelrecht Flügel zu verleihen. Am Ende standen 27 Punkte auf seinem Konto.

In seiner dritten Saison wurde Yao Ming endgültig zum Teamleader. Ohne seinen Topskorer Tracy McGrady, der ab Saisonmitte verletzungsbedingt ausfiel, beendeten die Rockets die Saison auf dem fünften Platz der Western Conference. Zum ersten Mal seit 1997 und zum ersten Mal in Yaos Karriere erreichten die Rockets die zweite Runde der Playoffs.

An den Olympischen Spielen 2008 in Beijing führte Yao Ming seine Mannschaft in der Gruppenphase auf den vierten Platz hinter den USA, Spanien und Griechenland. Und dies obwohl er schon lange an Fußbeschwerden litt. Ende Juli 2009 musste er sich nach einem Fußbruch erneut operieren lassen. Die Verletzung erwies sich als so schwer, dass er die gesamte NBA-Saison 2009/10 aussetzen muss.