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Ein Jahr nach der Niederlage der Reformbewegung von 1898 brach der Yihetuan-Aufstand aus (wörtlich: Aufstand des Verbandes der Gerechtigkeit und Harmonie; im Westen unter dem Namen "Boxeraufstand" bekannt), der internationales Aufsehen erregte. Es handelte sich um eine antiimperialistische und antifeudalistische patriotische Volkserhebung mit hauptsächlicher Beteiligung der Bauern.
Entstehung und Entwicklung der Yihetuan-Bewegung
Es war kein Zufall, dass die Yihetuan-Bewegung in der Provinz Shandong startete. Während des Chinesisch-Japanischen Krieges war die chinesische Provinz Shandong von den japanischen Aggressoren schrecklich verwüstet worden. Danach eroberte Deutschland die Jiaozhou-Bucht, baute die Jiaozhou-Jinan-Eisenbahnlinie, riss Häuser der Bahnlinie entlang nieder, eignete sich Ländereien an, zerstörte Wasserwege und nahm die entlang der Bahnlinie gelegenen Bodenschätze in Beschlag. Großbritannien "pachtete" die Hafenstadt Weihai und vereinnahmte bei der "Abgrenzung" des Pachtgebiets auch die Orte der beiden in der Nähe liegenden Kreise. Dazu kam, dass die Ausländer hier ihre Waren zu Schleuderpreisen verkauften. Dies alles führte dazu, dass zahlreiche Bauern und Handwerker ihren Lebensunterhalt verloren und gezwungen wurden, Haus und Hof zu verlassen. Mehrere imperialistische Länder nutzten auch die Religion für ihre Zwecke. Bis Ende des 19. Jahrhunderts gab es in China über 3300 ausländische Missionare einschließlich jener der katholischen und der orthodoxen Kirche. Die Zahl der chinesischen Christen betrug über 800 000. Allein in Shandong gab es über 1000 Kirchen und 80 000 Gläubige. Ausländische Missionare verbanden sich heimlich mit Lokaldespoten und gewalttätigen Grundherren, nahmen die Feldfrüchte in Besitz, zogen Pacht ein und verliehen Geld zu Wucherzinsen. Der Hass gegen die Kirchen wurde im Volk immer größer. Im Jahr 1899 setzte schließlich die antiimperialistische und patriotische Yihetuan-Bewegung in Shandong das Fanal.
Die Yihetuan hatten sich ursprünglich Yihequan (Boxen der Gerechtigkeit und Harmonie) genannt, das mindestens schon hundert Jahre bestanden hatte. Es war eine Geheimorganisation von Bauern in Shandong und Zhili (heute Hebei), die, bewaffnet mit religiöser Ideologie, gegen die Qing-Herrschaft kämpfte. Die Yihequan organisierten die Bauern und andere Bevölkerungsteile zum bewaffneten Aufstand gegen die reaktionären Kräfte, und mit der beschleunigten Invasion der Imperialisten richteten sie ihren Hauptschlag immer mehr gegen den Imperialismus. Im Jahr 1899 benannten sich die Yihequan in Yihetuan (Verband der Gerechtigkeit und Harmonie) um, und aus einem Geheimbund wurde eine offene Massenorganisation. Ihre Mitglieder verbrannten Kirchen, vertrieben ausländische Missionare und straften korrupte Beamte und Lokaldespoten. Mehrmals wurden Qing-Truppen in Marsch gesetzt, um die Yihetuan zu unterdrücken, aber sie wurden jedesmal geschlagen. Die Kräfte der Yihetuan verstärkten sich mit größter Geschwindigkeit. Die Qing-Regierung entsandte Yuan Shikai nach Shandong mit dem Auftrag, die Yihetuan-Bewegung niederzuschlagen. Anfang 1900 marschierten die Hauptkräfte der Yihetuan von Shandong nach Zhili, um mit den dortigen Einheiten Verbindung aufzunehmen. Gemeinsam kamen sie bis vor Tianjin und Beijing. Im Sommer desselben Jahres beherrschten die Yihetuan fast ganz Beijing. Die Bewegung breitete sich nach Shanxi, Henan, der Inneren Mongolei und Nordostchina aus. In den südlichen Provinzen folgten die Kämpfe gegen die Kirchen wie eine Welle auf die andere. Bald wurde die Yihetuan-Bewegung zu einem landesweiten Strom gegen den Imperialismus.
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