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Böse Zungen behaupteten, das Teetrinken diene nur den Müßiggängern und Eremiten dazu, ihre Zeit totzuschlagen. Nun gab es in der Ming- und der Qing-Zeit in der Tat Teetrinker, die zurückgezogen lebten, und in den letzten Jahren der Qing-Dynastie fanden sich unter den Mandschuren nicht wenige Leute, die sich mit dem Teetrinken ihre Zeit vertrieben. Doch die Geschichte der Teekultur zeigt, dass das vom Konfuzianismus beeinflusste gesellschaftliche Engagement die Haupttendenz der chinesischen Teekultur bildete. Seit jeher bewiesen chinesische Intellektuelle ein hohes Verantwortungs- und Berufungsbewusstsein. "Sich für den Staat verpflichten" und "Die Fürsorge für die einfachen Leute sich zur Lebensaufgabe machen" waren stets ihre Devisen. Die chinesische Teekultur hat sich diese hervorragenden Traditionen zu eigen gemacht. Schon während der Westlichen und der Östlichen Jin-Dynastie und der Südlichen und Nördlichen Dynastien machten sich Politiker wie Lu Na und Huan Wen dafür stark, durch Einführung der Teetrinksitte eine schlichte Lebensführung zu pflegen und beim Tee über Staatsangelegenheiten zu diskutieren. Das war der Auftakt der Teekultur. In der Tang-Dynastie verfeinerte Lu Yu das System der chinesischen Teekultur, deren Hauptrichtung das konfuzianische gesellschaftliche Engagement war, in der aber auch taoistische und buddhistische Gedanken absorbiert wurden. Lu Yu selbst lag das Wohl des Staates sehr am Herzen. Als er 755 in seinem Fluchtort Huzhou Teeöfen entwickelte, erreichte ihn die Nachricht, dass ein von An Lushan angezettelter Putsch niedergeschlagen worden war. Voller Freude gravierte er in seine Öfen die Inschrift:"Hergestellt im Jahr der Niederwerfung der Tataren durch die Große Tang". Yan Zhenqing, ein Gesinnungsgenosse von Lu Yu, war nicht nur ein berühmter Kalligraph, sondern auch ein großer Politiker. Als An Lushan mit seinen Rebellentruppen von Norden südwärts marschierte, fielen ihm viele Präfekturen in der Provinz Hebei in die Hände, nur in der von Yan Zhenqing bewachten Präfektur Pingyuan flatterten die Kamp ff ahnen der Tang-Dynastie hoch. Später wurde er zum Justizminister befördert, dann aber wegen kritischer Bemerkungen nach Huzhou verbannt, und dort lernte er Lu Yu kennen. Die Begründer der chinesischen Teekultur waren also Menschen, die sich stark für den Staat und die Be-völkerung einsetzten.
Bei Entwicklung von Teekesseln versuchte Lu Yu, durch eine symbolische Gestaltung der unterschiedlichen Kesselbestandteile die konfuzianischen Regierungsprinzipien zum Ausdruck zu bringen. So sollte der quadratische Griff den aufrechten Charakter der Teetrinker, der breite Kesselrand ihren weiten Blick und der längliche Bauchteil ihr Mittelmaß andeuten. Diese Traditionen wurden von der Nachwelt übernommen.
In den letzten Jahren der Ming-Dynastie waren die meisten Kaiser schwache Charaktere und regierungsunfähig, die Korruption griff um sich. Die Teeleute distanzierten sich davon und bezeichneten die mit Bambusstreifen umwickelten Teeöfen als "Ku Jie Jun" (enthaltsamer Mann). Bambus galt nämlich als Sinnbild für lauteren Charakter. Das Gewicht einer alten Teewaage wurde als "Zhi Quan" (Machtübung) bezeichnet und dahingehend gedeutet, dass es Recht und Unrecht wiegen könne. Die Konfuzianer meinten, dass man mit Kleinigkeiten anfangen müsse, um schließlich Großes zu leisten. Das heißt mit anderen Worten, strenge Anforderungen an sich selbst stellen und sparsam wirtschaften, erst dann kann man das Land regieren und den Frieden bewahren.
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