Zum diesjährigen Tag des Verbraucherschutzes sind VWs Probleme mit dem Direktschaltgetriebe (DSG) Gesprächsstoff in einer Sendung des chinesischen Staatssenders CCTV. Wie jedes Jahr werden in der beliebten Sendung „3.15" Verbraucherschutzfragen behandelt – und in diesem Jahr geht es VW an den Kragen. Das Direktschaltgetriebe, das eigentlich die Vorteile von einer automatischen Gangschaltung mit denen eines Schaltgetriebes verbinden soll, steht in Mittelpunkt der Kritik. Chinesische Kunden klagen über seltsame Geräusche, Vibrationen und Übertragungsprobleme beim Kuppeln. Andere beanstanden, dass sich ihre VWs mit Direktschaltgetriebe unkontrolliert beschleunigen oder verlangsamen würden.
„Ich habe vom dritten in den vierten Gang geschaltet. Dann habe ich Gas gegeben, der Motor drehte hoch, aber das Auto beschleunigte nicht. Ich wusste nicht, was passiert, und ging vom Gaspedal. Als ich es nach zwei Sekunden wieder versuchte, konnte ich den Wagen wieder normal beschleunigen."
„Ich fuhr mit Tempo 80, und als ich überholen wollte, verlor das Auto an Fahrt. Auch wenn ich das Gaspedal komplett durchdrückte, stieg nur die Drehzahl des Motors, aber nicht die Geschwindigkeit. Die Autos hinter mir hupten, und ich habe beinahe einen Unfall verursacht. Das war echt schlimm!"
Es gab bereits 2012 Gerüchte, wonach das DSG-Problem von VW in der Verbraucherschutzsendung des letzten Jahres aufgegriffen werden sollte. Dem entging der Wolfsburger Autobauer, doch dieses Jahr erwischte es ihn. Lu Jun, Zuständiger für die Öffentlichkeitsarbeit beim VW-Jointventure in Shanghai bat vor der Presse um Entschuldigung.
„Wir haben die Berichterstattung in der 3.15-Sendung sehr ernst genommen und entschuldigen uns bei unseren Kunden. VW China hat sich gleich nach der Sendung mit zwei Jointventures auf dem Festland abgesprochen und sich zur sofortigen Lösung der Probleme entschieden."
Die Entscheidung ist also gefallen. Ab dem 2. April wird VW über 380.000 Autos zurückrufen. Betroffen sind sämtliche Automodelle auf dem Festland, die mit dem neuen siebengängigen Direktschaltgetriebe der Typen DQ 200 und DQ250 ausgestattet sind. Dazu gehören unter anderem Golf, Skoda Octavia, Tiguan, Mangotan und der Audi A3. Die elektromechanischen Teile im Getriebe sollen erneuert und die Steuerungssoftware aktualisiert werden, um das Sicherheitsrisiko zu minimieren.
Dies hätte alles anders laufen können, wenn der in China beliebte Autokonzern anders vorgegangen wäre. Denn bereits Ende 2009 gab es erste Beschwerden. Im März 2012 erreichte der DSG-Skandal in China seinen ersten Höhepunkt, als immer mehr Kundenbeanstandungen ans Licht kamen und die Qualitätskontrollbehörde mit der Ermittlung der technischen Störungen anfing. Zwei Monate später reagierte VW mit der Verlängerung der Garantie für das DSG auf zehn Jahre oder bis zu 160.000 Kilometer. Der Unmut der chinesischen Kunden beruhigte sich jedoch nicht. Sie protestierten auf Automessen und warfen dem „arroganten" deutschen Autokonzern vor, einen „Doppelstandard" zu betreiben. Es heiß, bei gleichen Mängeln seien DSG-Autos in Nordamerika und Europa zurückgerufen worden. Das Verbrauchervertrauen in China war bereits damals massiv geschädigt worden. Daraufhin musste der CEO von VW China Carl Thomas Neumann seinen Arbeitstisch räumen.
Unter der Annahme, dass der Rückruf eines defekten Fahrzeuges 10.000 Yuan RMB (1.248 Euro) kostet, würden sich die Gesamtkosten für den Konzern auf 3,80 Milliarden Yuan (knapp 480 Millionen Euro) belaufen! Für Probleme, die sich seit vier Jahren gehäuft haben, muss der Konzern nun zahlen. Nach Angaben der Zeitung China Business Media könnte die strategische Entwicklung des Unternehmens in China sogar beeinträchtigt werden, da DSG eine Schlüsseltechnologie der VW-Schlagprodukte ist.