China hat nicht nur spanische Schuldpapiere gekauft, sondern auch griechische. Liu Mingli ist zuständig für Wirtschaftsprojekte in der Europaabteilung des chinesischen Forschungsinstituts für moderne internationale Beziehungen. Er geht davon aus, dass die finanzpolitische Strategie der chinesischen Regierung zur Lösung der Schuldenkrise in Europa beitragen wird:
"Während der Besuche von chinesischen Spitzenpolitikern in Europa im vergangenen Jahr wurden mehrere Investitionsabkommen zwischen China und europäischen Ländern unterzeichnet. Diese Abkommen haben das chinesische Investitionsvolumen in Europa erhöht. Zur Überwindung der Schuldenkrise sind gewaltige Geldsummen erforderlich. Diese Investitionen werden sich positiv auf den europäischen Markt auswirken. Die positiven Impulse, die von diesen Investitionen ausgehen, werden wiederum zur Beilegung der Schuldenkrise beitragen."
Die meisten europäischen Regierungen und Medien begrüßen Chinas finanzielles Engagement. Dazu gehört auch die renommierte französische Zeitung "Le Monde". Für sie spielen China und Asien eine zentrale Rolle bei der Lösung der gegenwärtigen Euro-Krise.
Liu Mingli führt die Erhöhung der chinesischen Investitionen in Europa hauptsächlich auf die neue wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China und Europa seit Ausbruch der Schuldenkrise zurück:
"Chinas Direktinvestitionen in Europa machen derzeit nur etwa zwei Prozent aller chinesischen Direktinvestitionen im Ausland aus. Nach der Finanzkrise - insbesondere nach der Schuldenkrise - ist Europa mehr denn je auf Investitionen von außen angewiesen. Kommt hinzu, dass China in Europa generell mehr investieren will. Aus diesem Grund haben Chinas Investitionen in Europa in letzter Zeit rasch zugenommen."
China verfügt gegenwärtig über riesige Devisenreserven, während Europa mehr Geldkapital braucht. Von daher ist die Zusammenarbeit ein Gewinn für beide Seiten. Trotz dieser offensichtlichen Win-Win-Situation vermuten einige Leute hinter Chinas Finanzunterstützung irgendwelche unlauteren Machenschaften. Konkret steht der Vorwurf im Raum, China versuche die momentane Krise auszunutzen, um Europa mit wenig Geld aufzukaufen. Liu Mingli vom Forschungsinstitut für moderne internationale Beziehungen hält diesen Vorwurf für unangebracht. Anstatt China unberechtigte Vorwürfe zu machen, fordert er von den Europäern ein Umdenken:
"China hat sich in den vergangenen Jahren rapide entwickelt. Die Meinung darüber ist in Europa geteilt. Einerseits wollen auch die Europäer von dieser Entwicklung profitieren. Andererseits aber haben sie Mühe, sich der neuen Situation anzupassen. In Europa sollte man die rapide Entwicklung Chinas endlich akzeptieren."