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Das Brokatmuster (1)
   2005-10-12 16:37:58    cri
In alten Zeiten lag am Fuß eines Berges ein Stück ausgebreitetes, flaches Land. Auf diesem Stück Land standen einige Strohhütten, in denen eine alte Frau und ihre Familie wohnten. Der Mann war früh verstorben und hinterließ seiner Frau drei Söhne. Der älteste Sohn hieß Lemo, der Zweitälteste Ledui'e und der jüngste Sohn hieß Lere.

Die alte Frau konnte sehr gut Brokatstoffe weben. Die Blumen, die Gräser, die Vögel und die Tiere, die sie als Muster in die Stoffe hineinwebte, übertrafen die Wirklichkeit an Lebendigkeit und Schönheit. Viele Leute kauften gerne diese Brokatstoffe, um Kleidung, Bettdecken und Betttücher daraus zu machen. Die vier Mitglieder der Familie lebten von der Handarbeit der alten Frau.

Eines Tages ging die alte Frau zum Markt, um Brokatstoffe zu verkaufen. Bei der Rückkehr sah sie in einem Laden ein sehr schönes, fünffarbiges Bild, das eine Dorflandschaft darstellte: hohe Häuser, schöne Gärten, breite Felder, Obstgärten, Gemüsegärten und Fischteiche, eine Menge von Rindern, Schafen, Hähnen und Enten. Das Bild gefiel ihr sehr. Eigentlich wollte sie mit dem Erlös für ihre Stoffe Reis kaufen. Da ihr aber das Bild über alle Maßen gefiel, kaufte sie weniger Reis. Mit dem übrigen Geld erwarb sie das Bild und brachte es mit nach Hause.

Auf dem Heimweg setzte sich die alte Frau immer wieder nieder, öffnete das Bild und betrachtete es genau. Sie murmelte vor sich hin: "Wenn ich doch in diesem Dorf wohnen könnte!"

Daheim zeigte sie den Söhnen das Bild, und ihnen gefiel es ebenso gut wie ihrer Mutter.

Die alte Frau sagte zu dem ältesten Sohn: "Lemo, wenn wir doch in einem solchen Dorf wohnen könnten!"

Lemo verzog den Mund und erwiderte: "Mutter, das ist nichts als ein Traum!"

Darauf sagte die alte Frau zu ihrem Zweitältesten Sohn: "Ledui'e, wenn wir doch in einem solchen Dorf wohnen könnten!"

Auch Ledui'e verzog den Mund: "Mutter, das ist nur ein Bild, nichts Wirkliches."

Die alte Frau runzelte die Stirn, wandte sich dem jüngsten Sohn zu und sprach: "Lere, wenn ich nicht in einem solchen Dorf wohnen kann, werde ich eines Tages den Verstand verlieren." Sie seufzte.

Lere überlegte und tröstete die Mutter: "Mutter, du kannst meisterhaft Brokat weben, die Dinge auf deinen Stoffen sind alle lebendig. Webe dieses Bild in Stoff, dann hast du den Anblick zu jeder Zeit vor dir und wirst das Gefühl haben, dass du in diesem Dorf lebst."

Die alte Frau überlegte eine Weile und sagte dann: "Du hast recht, so werde ich es machen, sonst sterbe ich."

Die alte Frau kaufte Seidenfäden in fünf Farben, brachte den Webstuhl in Ordnung und webte an dem Bild.

Tage und Monate vergingen.

Lemo und Leduie waren nicht zufrieden. Oft schoben sie die Hände der Mutter vom Webstuhl weg und sagten: "Mutter, du webst und webst und verkaufst keinen Stoff mehr. Wir dagegen müssen schwer arbeiten, weil wir Holz schlagen und es gegen Reis eintauschen müssen."

Lere redete seinen älteren Brüdern gut zu:

"Lasst Mutter weben, sonst werden wir sie ganz verlieren. Wenn ihr zu müde seid, gehe ich alleine Holz schlagen."

Seitdem ging Lere täglich in die Berge, um Holz zu schlagen, und sorgte für den Lebensunterhalt der Familie.

Die alte Frau webte Tag und Nacht. Jede Nacht entzündete sie Kienspan aus Kiefernholz, um licht zu haben. Aber der Rauch war stark und drang in die Augen, so dass die alte Frau immer weniger sehen konnte, doch sie hörte nicht auf. Nach einem Jahr fielen die Tränen der alten Frau auf den Brokatstoff, die alte Frau webte darauf klare Bäche und Fischteiche. Nach zwei Jahren tropfte Blut aus den Augen der alten Frau auf den Stoff, die alte Frau webte darauf die rote Sonne und die schönen Blumen.

Die alte Frau webte und webte. Drei Jahre vergingen, bis der Stoff fertig war.

Wie schön dieser Brokat war!

Eine Reihe von hohen Häusern mit blauen Dachziegeln, grauen Wänden, roten Säulen und gelben Türen. Vor den Türen lag ein großer Blumengarten, in dem die schönsten Blumen blühten. Im Garten gab es Fischteiche, in denen goldene Fische die Schwänze bewegten. Links von den Häusern war ein Obstgarten, auf den Obstbäumen mit herrlichen roten Früchten ließen sich unterschiedliche Vögel nieder. Rechts von den Häusern war ein Gemüsegarten voller grünsaftiger Gemüsearten und gelber Kürbisse zu sehen. Hinter den Häusern breitete sich Grasland aus, auf dem Ställe für Rinder, Schafe, Hähne und Enten errichtet waren. Die Rinder und Schafe fraßen fette Gräser auf der Weide, und die Hähne und die Enten labten sich an kleinen Insekten. Unterhalb eines Berges erstreckten sich in der Nähe der Häuser breite Felder, auf denen Reis und Mais üppig wuchsen. Ein klarer Fluss plätscherte am Rand des Dorfes, das die rote Sonne herrlich beschien.

"Wie schön dieser Brokatstoff ist!" lobten die drei Söhne.

Die alte Frau richtete den Körper auf, rieb die roten Augen und lächelte.

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