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Der Hirt und der Geier (1)
   2005-10-12 16:37:51    cri
Es war vor langer, langer Zeit, da lebte auf einer schönen Weide auf dem Pamir-Hochplateau ein kluger, tüchtiger und junger Hirt. Er gehörte den Tadschiken an. Als er eines Tages seine Schafe hütete, schoss aus der Luft ein wilder Geier herab und wollte das Lämmchen, das er am meisten mochte, rauben. Doch der junge Hirt zog seinen Dolch aus dem Gürtel, warf ihn und traf den Geier in die Brust, so dass dieser vom Lämmchen ablassen musste und mit einem Schmerzensschrei davonflog.

Der alte Geier mühte sich verzweifelt zu seinem Nest zurück, das sich in einer Berghöhle hoch auf einem Felsengipfel befand. Unter dem steilen Felsen war ein endlos tiefes Tal, in dem ein Bach rauschend floss. Der Gipfel war das Jahr über mit Schnee bedeckt und so eisglatt, dass niemand darauf festen Fuß fassen konnte. Der verwundete Geier musste sich in seinem Nest erholen. Er wurde von vier Adlern betreut, die der Geier, als sie noch ganz jung waren, in einem entfernten Gebirge gefangen hatte. Inzwischen waren sie erwachsen und sehr tüchtig. Sie sammelten Heilkräuter für den Geier, streuten sie auf die Wunde und fütterten ihn mit Schneehühnern. Denn ihr Fleisch ist Medizin; ihre Mägen sind "Apotheken", die hundert Arten von Heilkräutern beherbergen. Der Geier war bald wieder gesund. Den vier Adlern wäre am liebsten gewesen, der Geier wäre an der Wunde gestorben, denn sie vermissten ihre Verwandten sehr. Den ganzen Tag prügelte und beschimpfte der Geier sie. Sie wollten sich gegen ihn wehren, wussten aber genau, dass sie ihm nicht gewachsen waren. Wegfliegen hätten sie können, doch sie fürchteten, wieder eingefangen zu werden. Gleichwohl wollten sie sich von der Sklaverei des Geiers befreien.

Nach seiner Genesung konnte der Geier wieder fliegen. Er hasste den jungen Hirten und wollte an ihm Rache nehmen. Als er eines Tages sah, dass der junge Hirt auf der Steppe schlief, schoss er verstohlen hinab, nahm den jungen Hirten fest in seine Klauen und flog mit ihm in die Höhe.

Der junge Hirt schreckte auf und merkte, dass der alte Geier ihn in seinen Klauen trug und schon so hoch flog, dass an Gegenwehr nicht zu denken war. Er würde am Boden zerschellen, würde der Geier ihn aus dieser Höhe fallen lassen. Also rührte er sich nicht und ließ sich vom Geier zu den vier Adlern ins Nest bringen. Der junge Hirt wollte fliehen, aber er wurde ohnmächtig, als er einen Blick aus der Höhle warf: Der Berg war so hoch, der Felsen so steil und das Tal so tief. Es war unmöglich, zu entkommen. Der alte Geier bemerkte die Verzweiflung des Hirten, lachte höhnisch und sagte: "Träume nicht davon, zur Steppe zurückzukehren!" Dann heulte er wie ein Wolf, so dass sich dem jungen Hirten die Haare sträubten.

Dem Hirten blieb nichts anderes übrig, als in der Berghöhle zu verweilen. Es aß vom Hammelfleisch, das der alte Geier übrig ließ, und trank das Wasser, das aus den Steinrissen tropfte. Die Zeit verging, ihm aber fiel kein Ausweg ein. Mit den vier Adlern, mit denen er aß und schlief, war er sehr bald vertraut. Er war empört darüber, wie der alte Geier die vier Adler mit seinen Klauen packte und mit seinem Schnabel hackte. Da der junge Hirte das gleiche Schicksal erlitt, sorgten die Adler auch für ihn. Sie fingen ab und zu hinter dem Rücken des Geiers einen Wildhasen, damit der Hirte seinen Hunger stillen konnte. Um seine Langeweile zu vertreiben, tanzten und sangen sie, indem sie ihre Flügel schwangen. Der junge Hirte hatte die vier Adler lieb. Er kämmte oft ihre Federn, wenn der Geier sie zerzaust hatte.

Der Hirte sehnte sich dennoch nach seiner Heimat, seinen Verwandten und seiner Schafherde. Deshalb wollte er den Kampf mit dem Geier aufnehmen und ihn töten. Er musste aber mit Geduld auf eine Gelegenheit warten, da er nicht allein von so hoch oben aus der Höhle herab konnte. Auch würde ein toter Geier ihm keine Nahrung mehr übrig lassen.

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