Chinesische Bilderbücher auf dem Vormarsch
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Jahrzehntelang waren chinesischsprachige Bilderbücher vornehmlich Übersetzungen westlicher Werke. Dank der wachsenden Nachfrage sehen Herausgeber, Schriftsteller und Illustratoren in China nun die Knappheit an heimischen Bilderbüchern als eine Marktchance.
Die Geschichte der Bilderbücher kann über hundert Jahre zurückverfolgt werden. Doch in China, hat sich der Markt für Bilderbücher erst in den letzten Jahren angefangen zu entwickeln.
Anders sieht es bei Comics aus. Seit langem dienen in China literarische Klassiker, Märchen und historische Dichtungen als Basis für Comic-Bücher. Doch es muss klar zwischen Bilderbüchern und Comics unterschieden werden – auch wenn beide literarische Gattungen mit Bild und Wort arbeiten. Yang Zhong, Gelehrte am Bilderbuchstudio der China Central Academy of Fine Arts, kennt die genauen Unterschiede. Comics hätten zum Ziel, eine Geschichte mit einfachen Bildern und direkter Sprache zu erzählen. Bei Bilderbüchern würde hingegen der Schwerpunkt auf der Gestaltung liegen. Sie sagt:
„Bilderbücher sind wie eine Kunstgalerie. Sie schließen verschiedene Formen und Maltechniken ein. Hinter jedem famosen Bilderbuch steht ein künstlerisches Genre."
Yang ergänzt, dass natürlich auch der Inhalt jedes guten Bilderbuches eine wichtige Rolle spiele.
„Bilderbücher sind sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, dass ein Bilderbuch den Leser emotional berührt."
Dank Chinas schneller wirtschaftlicher Entwicklung und der allmählichen Entstehung eines Mittelstands, besitzt der Bilderbuchmarkt einen großen potenziellen Markt.
Laut Wang Lijun, Direktor des Comic & Media Business Departments der Firma China Publishing Group Digital Media, sind Kinder-Bilderbücher eine der letzten tragenden Säulen der chinesischen Druckindustrie. Deshalb organisiert Wang derzeit eine Bilderbuchausstellung, welche die Arbeiten chinesischer Schriftsteller und Illustratoren präsentiert.
„Wir wollen eine Reihe von Bilderbüchern auswählen und diese chinesischen Eltern und Lehrern empfehlen. Viele Besucher fragen uns, ob wir die ausgestellten Bücher verkaufen und bitten uns um Leselisten."
Yang Zhong ist der Meinung, dass Chinas Bilderbuchindustrie sich noch in einigen Punkten verbessern könne. Einheimische Bilderbücher würden importierten Werken thematisch und gestalterisch hinterhinken. Zugleich verweist die Expertin jedoch auf das große Potential, welches in China noch schlummern würde. Um dieses frei setzen zu können, wäre jedoch die Schaffung eines besseren Publikationsumfeldes von Nöten.
„In China ist der wichtigen Rolle von Redakteuren bislang wenig Beachtung geschenkt worden. In vielen anderen Ländern hingegen kommt Redakteuren bei der Entstehung eines guten Bilderbuches eine sehr wichtige Rolle zu. Ein Redakteur nimmt bei einem Bilderbuch die gleiche Stellung ein, wie ein Direktor beim Film. Ohne sie gibt es keine guten Produkte."
Yang verweist auch darauf, dass viele chinesische Herausgeber sehr gewinnorientiert arbeiten würden. Auch dies erschwere die Lage klassischer Bilderbücher. Doch sie blickt optimistisch in die Zukunft.
„Die Entwicklung der einheimischen Bilderbücher braucht Zeit und verlangt kollektiven Einsatz. Doch der Markt wird sich früher oder später entfalten, weil Qualitätsarbeit dahinter steht. Es reicht nicht, nur auf ausländische Publikationen zu setzen. Wir brauchen unsere eigenen Bilderbücher."
Übersetzt und gesprochen von: Qiu Jing