In China werden gebildete, unverheiratete Frauen im Alter um die 30 als „Shengnü", also „übrig gebliebene" Frauen bezeichnet. Für alleinstehende Männer gilt dies erst ab 35. Sie werden dann entsprechend als „Shengnan", „übrig gebliebene" Männer bezeichnet. Wie denken eigentlich diese Shengnan in China über sich selber und ihr Bachelor-Dasein? Was sind die Gründe, dass sie noch nicht unter die Haube gekommen sind? 

Jüngste Statistiken besagen, dass in China fast 12 Millionen Männer zwischen 30 und 39 alleinstehend sind. Bei den Frauen der gleichen Altersgruppe sind es gerade mal halb so viele. Das gleiche Verhältnis zeigt sich in der ostchinesischen Großtstadt Nanjing, wo rund 100.000 der Männer über 30 Jahre ledig sind.

In China herrscht also ein deutlicher Überschuss an so genannten „Shengnan" – übrig gebliebenen, unverheirateten Männern. Dies hängt mit Sicherheit auch mit der allgemeinen Geschlechterverteilung im Land zusammen, die von der Ein-Kind-Politk Chinas beeinflusst wird. Doch wer sind diese übrig gebliebenen Männer eigentlich? Laut einer Online-Umfrage unter 56,000 dieser Shengnan, die von der größten Plattform für Heiratsvermittlung in China, „Shi Ji Jia Yuan" durchgeführt wurde, haben die in den 70er und 80er geborenen Männer in der Regel einen Studienabschluss und verfügen über ein durchschnittliches Gehalt. Immerhin fast ein Drittel aber verdient monatlich weniger als 2000 Yuan, umgerechnet lediglich etwa 250 Euro. Die Hälfte der Befragten besaß keine eigene Wohnung und kein Auto. 36 Prozent dieser ledigen Männer verdiente im Gegensatz dazu 15.000 Yuan monatlich oder mehr, umgerechnet ein stattliches Gehalt von rund 1.900 Euro. Diesen „Diamantenmännern", auf chinesisch „Zuan Shi Wang Lao Wu", mangelt es keinesfalls an Interessentinnen. Befragt nach den Gründen für ihr Bachelor-Dasein gaben diese begehrten Männer an, selbst zu wählerisch zu sein, trotz oder gerade wegen der großen Auswahl.

Doch anscheinend steckt hinter den vielen „Übriggebliebenen" auch ein genereller Trend: Chinesen heiraten immer später. In Nanjing liegt das Durschnittsalter der ersten Eheschließung bei erstaunlichen 30,4 Jahren. Viele alleinstehende Männer, die über 30 Jahre alt sind, haben selbst aber nicht das Gefühl übrig geblieben zu sein. In einem Gruppeninterview von 20 Shengnans, durchgeführt von der lokalen Abendzeitung „Yang Zi Wan Bao", sahen fast alle der Teilnehmer den Altersabschnitt ab 30 als goldenes Alter eines Mannes an. Für sie könne erst ein Mann über 35 als Shengnan bezeichnet werden. Sie hätten also noch fünf Jahre Zeit, bevor sich allmählich ein Druck, heiraten zu müssen, aufbauen könnte.

Im Vergleich zu den Männern scheinen Frauen in China sich schon ab Ende zwanzig zu sorgen, dass sie für immer übrig bleiben könnten. Heiratsvermittlerin Zhang Jiarui erklärt dies mit den traditionellen Ansichten in China. Je älter ein Mann, desto reifer und wertvoller wird er. Erreicht die Frau die Vierzig, dann gilt sie schon als verwelkte Blume. Daher verspüren Frauen in fortgeschrittenem Alter unweigerlich einen sozialen Druck endlich einen Ehepartner zu finden. Umfragen zufolge können sich 70 Prozent der jungen chinesischen Frauen einer Ehe mit einem deutlich älteren Mann vorstellen, was nicht zuletzt mit dem Wunsch nach finanzieller Sicherheit und einer stabilen Zukunft zusammenhängt. Ein weiterer Grund, warum sich die übrig gebliebenen Männer in China nicht so viele Sorgen machen müssen, wie ihre weiblichen Pendants.

Übersetzt und gesprochen von: Qiu Jing