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„Das neue Semester hat wieder begonnen. Habt ihr alle eure Freunde wieder getroffen?" – „Wir haben uns alle wieder getroffen, jetzt lasst uns mit den Freunden zusammen zum Unterricht gehen."
„Guter Freund" ist ein Name, den Xue Yue´e mit ihren Schülern vereinbart hat. Bei so vielen Schülern weiß Yue´e manchmal nicht, ob sie von allen akzeptiert wird. Daher kam ihr die Idee, mit ihren Schülern auszukommen, als sei man miteinander befreundet.
Um herauszufinden, ob alle Schüler sie mögen, fragt sie ihre Schüler regelmäßig danach, welche Lehrerin die beste ist. Gleichzeitig sagt Xue Yue´e auch beim Unterricht immer, welchen Schüler sie selbst mag, damit die Schüler ein Vorbild haben. Mit der Zeit ist sie dann wirklich „ein guter Freund" von den Schülern geworden.
In China sind viele Lehrer der Ansicht, dass Schüler am ehesten durch Strafen aus ihren Fehlern lernen. Doch für Xue Yue´e sind Strafen Tabu.
„Falls ein Kind ein Schriftzeichen nicht gut schreibt, befehlen manche Lehrer ihm, das Zeichen zehn Mal zu schreiben. Das Kind ärgert sich bestimmt, auch wenn es nicht klagen wird. Ich sage dem Kind nur, dass es morgen besser schreiben soll. Andere Lehrer möchten durch Strafen auch nur, dass das Kind besser wird, aber ich glaube, dass diese Methode nicht immer die beste ist.
Für Xue Yue´e bedeutet Unterricht einfach nur, den Kindern eine Tür zur Welt des Lernens zu öffnen. In der Welt hinter dieser Tür sind Lehrer und Schüler gleichberechtigt.
Als Lehrerin zu arbeiten, ist der Kindheitstraum von Xue Yue´e. 1986 hatte sie die Chance, als Angestellte in einer Bank zu arbeiten. Aber sie hat sich entschieden, in der Grundschule Dongshan Vertretungsunterricht für einen abwesenden Lehrer zu geben. In den ersten drei Jahren hat sie nichts verdient. Deshalb hat ihre Familie ihre Entscheidung absolut nicht verstanden.
„In dem Dorf, in dem ich wohne, sind fast alle Fischer. Nach der Grundschule gehen die meisten Kinder nicht mehr zur Mittelschule. Ich habe damals mit 18 die Ausbildung in der Oberstufe der Mittelschule abgeschlossen. Ich hoffe einfach, dass mehr Kinder in meinem Dorf die Chance haben, zur Mittelschule gehen zu können."
Von 1986 bis 2000 hat Xue Yue´e in der Grundschule Dongshan als Lehrerin gearbeitet, die Schülerinnen und Schüler mögen sie sehr, aber sie hat noch nie den Titel „ausgezeichnete Lehrerin" verliehen bekommen. Viele meinen, das sei ungerecht. Aber sie sagt:
„Lehrerin zu werden, war schon immer mein Traum. Deswegen denke ich gar nicht daran, ob ich in meinem Beruf irgendwelche Preise gewinnen kann. Es ist wie mit dem Bus zu fahren. Ich brauche nur einen Stehplatz, um mit dem Bus voranzukommen. Ob ich einen Sitzplatz bekomme, interessiert mich gar nicht. Ich bin schon damit zufrieden, hier als Lehrerin arbeiten zu können."
Text und Sprecher: Kong Jie