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Die Berufswelt in Beijing ist für den hohen Leistungsdruck und das schnelle Arbeitstempo bekannt. Dazu passen dann Fitness-Studios, Schwimmbäder und Sportplätze. Viele Frauen machen auch Joga, um sich zu entspannen. Aber Frau Hou Liang hat etwas ganz anderes zu bieten – Bauchtanzkurse nämlich.
Frau Hou mag es nicht, wenn ihre Tanzschule als Fitness-Studio bezeichnet wird, lieber nennt sie das Ganze einen Club. Tatsächlich ist die Tanzschule liebevoll wie ein Zuhause eingerichtet: An der Wand Diwane im ausländischen Stil, darüber hängen schöne Schrift- und Bildrollen. Die Vorhänge sorgen mit sanften Farben für Entspannung. Nur die großen Spiegel an der Wand erinnern an die Funktion des Raums. Und in ihrem Büro hat Tanzlehrerin Hou Liang viele Mitbringsel aus Ägypten:
„Ich habe mein Büro halb chinesisch und halb ägyptisch eingerichtet."
Hou Liang war Tänzerin an der Beijinger Tanzakademie. Vor mehreren Jahren hat sie eine Reise nach Ägypten gemacht. Obwohl die Pyramiden mit ihrer majestätischen Pracht zu bewundern waren, tat ihr die Armut auf den Straßen Leid und drückte ihre Stimmung. Doch das Programm am Abend hat sie begeistert.
„Am Abend gab es ein Kulturprogramm. Der Bauchtanz hat mich sofort begeistert. Die Hüftschwingungen sind minimal, aber sehr schnell. Die Tänzerinnen konnten ihre Hüfte bis zu 190mal in einer Minute schwingen, ganz locker und ohne Anstrengungen. Sie waren mit dem Tanz verschmolzen. Als die Trommelschläge anfingen, schlug auch mein Herz hoch…"
Obwohl Hou Liang Profi-Tänzerin ist, war sie vor ihrer Reise nach Ägypten nie mit dem Bauchtanz in Berührung gekommen. Diese mysteriöse Tanzform hat sie total verzaubert, so dass sie keine Lust mehr auf weitere Sehenswürdigkeiten hatte. Für die verbleibenden Tage in Ägypten buchte sie einen Bauchtanzkurs und gab dafür alles mitgebrachte Geld aus. Allerdings hatte sie nicht mit der Strapaze des Kurses gerechnet.
„Morgens mussten wir um sechs aufstehen. Die erste Stunde fing um acht Uhr an. Danach rannten wir zu einer anderen Lehrerin in einem anderen Raum. Jeden Tag hatten wir acht Unterrichtseinheiten, während der Pause durfte man nur eine Tasse Milch trinken. Ich war in der dritten Unterrichtseinheit k.o und konnte nicht mehr mitmachen. Videoaufnahmen sind dort streng verboten, wir durften nur Notizen machen. Zum Schluss hat man nur einen großen, schweren und verschwommenen Kopf."
Mit einem Stapel Notizen ist Hou Liang nach China zurückgekehrt. In ihrem Heimatland führt sie nun - sobald sie Gelegenheit hat – das Erlernte stolz vor und sorgt immer für staunende Bewunderung. Schließlich übernahm sie einen Beautysalon und verwandelte ihn in eine Bauchtanzschule. Sie sagt, die meisten ihrer Schülerinnen haben einen guten Beruf. Sie lernen Bauchtanz, um sich zu entspannen oder um abzunehmen. Meist haben sie keine Vorkenntnisse fürs Tanzen und müssen von null anfangen. Trotzdem ist es Frau Hou gelungen, ihre Schülerinnen auf die Bühne des Zentralen Chinesischen Fernsehens zu schicken. Sie erinnert sich:
„Der Fernsehkanal CCTV-4 bietet mit einer Sendung Amateurkünstlern die Gelegenheit, auf der Bühne in einem Stadion aufzutreten. Es gab Abertausende Zuschauer. Die Musik war laut und unser Tanz mitreißend. Die Zuschauer klatschten zum Schluss wie verrückt in die Hände und jubelten uns laut zu. Ich war sehr stolz auf meine Tänzerinnen."
Durch die TV-Sendung haben mehr Chinesen etwas über den traditionellen Bauchtanz erfahren. Die Schule von Hou Liang ist noch gefragter geworden. Einige Schülerinnen haben später sogar eigene Tanzkurse aufgemacht, worüber Lehrerin Hou keinesfalls böse ist – im Gegenteil. Hou Liang pflegt mit allen Schülern guten Kontakt und genießt die Freude des Bauchtanzes mit ganzem Herzen.
Text: Li Zheng
Sprecherin: Zhu Liwen