Ein Hochzeitsbankett ohne Fleisch? - In Quzhou ist das Tradition!
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Liebe Freunde, können Sie sich vorstellen, dass Sie zu einem Hochzeitsbankett eingeladen sind, und dann gibt es kein Fleisch, sondern nur Ein-Topf-Gemüse? Aber genau das ist im Kreis Quzhou in der nordchinesischen Provinz Hebei eine seit Jahrzehnten gepflegte Tradition.
Im Dorf Changzhuang, 13 Km vom Kreis Quzhou entfernt, waren wir zu einem einzigartigen Hochzeitsbankett eingeladen. Anders als in anderen Gegenden sind Hochzeitsbankette hier keine Hoch-Zeit für ein üppiges Fress- und Saufgelage. Nein, kein Alkohol, kein Fleisch, nur Gemüse im Eintopf!
Um zehn Uhr vormittags versammeln sich Verwandte, Freunde und Nachbarn im Haus des Brautpaares. Bräutigam Wang Tongya verteilt Bonbons an alle, wie es Tradition ist, und teilt uns dabei mit, dass es auf dem Hochzeitsbankett am Mittag keinen Alkohol und kein Fleisch geben wird, sondern Ein-Topf-Gemüse: China-Kohl, Reisnudeln, Seetang und Gemüseklößchen. Als Beilage bekommt jeder Gast Mantou, auf chinesische Art und Weise gedämpfte Brötchen also.
Und uns wurde gesagt, dass es in allen Dorfhaushalten bescheiden zugeht. Das sei Nicht nur in Changzhuang so, sondern auch in einem guten Dutzend Dörfer in der Umgebung. Das Geld solle nämlich gespart werden für die Zeit nach der Familiengründung.
Die Dorfbewohnerin Wang Jinlan ist 65 Jahre alt. Sie erinnert sich, dass die Sitte mit dem Ein-Topf-Gemüse auf Hochzeitsbanketten im Süden des Kreises Quzhou erst in den Jahren nach der Gründung der Volksrepublik begann. Damals wie die Wirtschaftslage schlecht, und bei Hochzeiten empfing die Familie des Bräutigams Verwandte und Freunde eben nur mit Gemüse in einem Topf. Im Zuge der Reform und Öffnung ist auch der Lebensstandard vieler chinesischer Bauernfamilien bedeutend gewachsen. So wurden auch in vielen Bauernhaushalten die Hochzeitsbankette immer aufwendiger. Doch in jenem guten Dutzend von Dörfern wie Changzhuang, Yanzhuang und Jiazhuang in der Gemeinde Dahetao im Kreis Quzhou pflegt man weiterhin den Brauch der frugalen Bankette für neue Ehepaare, auch bei denen zum Gedenken an Verstorbene.
Ende der 1990er Jahren wurde auf Initiative der Gemeindeverwaltung in jedem einzelnen Dorf ein Rat für die Veranstaltung von Hochzeits- und Todengedenk-Banketten etabliert. Der Rat ist unter anderem dafür zuständig, Umfang und Aufwand geplanter Hochzeits- und Gedenk-Bankette zu kontrollieren. Die Norm für ein Hochzeitsbankett ist Ein-Topf-Gemüse mit Gemüseklößchen und Mantou. Und im Anschluss an eine Trauerfeier sitzen die Verwandten am Tisch zu einem einfachen Essen zusammen. Denn die Nachbarn, die bei der Trauerfeier mitgeholfen geholfen haben, bleiben nicht zum Essen, sondern nehmen drei Mantou nach Hause.
Haushalte, die gegen diese Regeln verstoßen, werden mit einer Geldbusse in Höhe von 5.000 Yuan, umgerechnet 620 Euro, belegt. Und diese Gelder werden später für öffentliche Zwecke des Dorfes verwendet. In all den vielen Jahren haben sich übrigens alle Dorfmitglieder an diese Regeln gehalten.
Die Dorfbewohnerin Xi Mei sagt, manchmal könne eine Braut aus anderen Gemeinden die Regel nicht begreifen. Doch nachdem ihr die älteren im Dorfrat alles richtig erklärt haben, wird auch sie die Bestimmung akzeptieren. Zumal sie nun auch weiß, dass das beim Bankett gesparte Geld später dem Leben ihrer Familie dient.
Der Vater des Bräutigams, Wang Hailei, ist froh über das sparsame Hochzeitsbankett. Er sagt, ein gleichaltriger Freund von ihm habe mehrere zehntausend Yuan für das Hochzeitsbankett seines Sohnes ausgegeben. Dafür habe der Freund schon vor Jahren angefangen, Geld zu sparen. Für Wang Hailei dagegen gab es fast keinen Druck. Das Hochzeitsbankett des Sohns kostete nur einige tausend Yuan. Er hatte nur Bonbons und Melonenkerne im Laden gekauft, alles Gemüse kam von den eigenen Feldern.
Übersetzt von Qiu Jing
Gesprochen von Hartmut Lüning