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Verwaiste Eltern: Wenn das einzige Kind aus dem Leben scheidet
  2013-06-05 08:49:12  cri

 

„Die Welt existiert ohne dich weiter, aber deine Mama kann ohne dich nicht leben." Das schreibt Fan Xi in einem von hunderten Briefen an ihre Tochter, die vor 14 Jahren im Alter von 25 verstorben ist. Ihre Briefe unterschrieb sie mit: „Deine irdische Mutter".

„Ich bin ihre irdische Mutter. Ich frage sie in den Briefen immer, ob es ihr im Jenseits gut geht. Ich sage, Vergiss bitte nie deine irdische Mutter, weil sie dich für immer lieben wird."

„Du warst da" – so heißt das Buch, das Fan Xi vor kurzem veröffentlichte. Sie hofft, dass Eltern, die das gleiche Leid ertragen müssen, in der Sammlung der über 200 Briefe an ihre Tochter, etwas Trost finden können.

„Nachdem ich das Buch fertig geschrieben habe, traute ich mich nicht, es noch mal von Anfang bis Ende zu lesen. Sobald ich mit dem Lesen anfange…"

Die 65-jährige Fan Xi trägt eine schicke Brille und wirkt durchaus gefestigt. Doch wenn sie an ihre verstorbene Tochter denkt, kann sie die Tränen immer noch nicht unterdrücken.

Professor Pan von der Tsinghua-Universität in Beijing kennt das Herzensleid von Fan Xi nur zu gut. Vor sechs Jahren starb sein 35-jähriger Sohn an Herzversagen. Professor Pan und seine Frau fanden ihren Sohn tot auf dem Fußboden seiner Wohnung. Von einem Tag auf den anderen war er einfach fort. Diese Wunde kann auch die Zeit nie heilen, sagt der 75-jährige Vater.

„Die Anderen können uns nicht verstehen und fragen oft, wieso bist du immer noch nicht darüber hinweg? Es ist unmöglich, über so etwas kann man nicht hinwegkommen."

Frau Fan hat sich nach dem Tod ihrer Tochter lange geweigert, mit der Außenwelt in Berührung zu kommen – sie schottete sich total ab. Irgendwann stieß sie auf ein Internetforum, in dem sich Eltern mit demselben Schicksal austauschen. Stück für Stück fand sie ihren Weg zurück in eine gewisse Normalität.

„Wir treffen uns oft und gehen gemeinsam essen. Wir reden miteinander über unsere Kinder. Wir plaudern und weinen. Niemand sagt dir, dass du nicht weinen sollst. Man klopft sich einfach auf die Schulter und sagt: Weine, wenn du willst."

Jeder gehe anders mit der Trauer um, jeder habe einen anderen Weg diese zu verarbeiten, sagt Fan Xi. Manche bearbeiten Fotos am Computer, andere sticken. Sie selbst hat durch die Briefe an ihre tote Tochter einen Weg aus dem größten Leid gefunden.

„Ich habe über Selbstmord nachgedacht, an den Tod. Aber damals war meine Mutter noch da, sie war über 80. Ich kenne den Schmerz, wenn man das eigene Kind verliert. Ich konnte ihr nicht denselben Schmerz zufügen. Als meine Mutter später verstarb, kam ich langsam zur Ruhe. Ich dachte, da ich sowieso am Leben bin, sollte ich es genießen, solange ich kann."

Die bewundernswerte Willensstärke der verlassenen Eltern kann jedoch nicht alle Schwierigkeiten des Alltags mildern. Ohne Unterschrift der Kinder will kein Altersheim Professor Pan und seine Frau aufnehmen.

„Wir sind im hohen Alter und wissen wirklich nicht, wie es morgen weitergehen wird. Ehrlich, wenn ich ins Krankenhaus komme oder sogar sterbe, wer kümmert sich um uns? Wir sind selber ratlos und können nur die Tage zählen."

Neuesten Statistiken zufolge verlieren jedes Jahr rund 76.000 Familien ihr einziges Kind, und die meisten von ihnen werden aufgrund ihres Alters auch kein neues zur Welt bringen.

Diese Familien, die sich in einer schwierigen Situation wieder finden, sind endlich ins Blickfeld der chinesischen Gesellschaft gerückt. In Beijing haben die chinesische Stiftung für Frauenförderung und der Beijinger Hilfsfond für Senioren, Ruipuhua, ein Pilotprojekt zur Unterstützung dieser Familien gestartet. Bis Ende 2013 sollen 15 Beratungsstellen in der Hauptstadt entstehen. Die Generalsekretärin der Frauenförderungsstiftung Qin Guoying sagt,

„Bei uns sollen die kinderlosen Eltern ihren Kummer loswerden können. Für die sozial schwachen Familien oder Familien mit einem Pflegefall bieten wir außerdem kostenloses Essen an. Wir haben überdies die kommunalen Kliniken dazu bewegt, diese Menschen regelmäßig zu untersuchen und ärztlich zu versorgen."

Dank des Einsatzes solcher Organisationen kann der Herzenswunsch der Betroffenen in Beijing, wie Prof. Pan und seiner Frau, sich im Alter keine Sorgen um ihre Betreuung zu machen, erfüllt werden. Laut Frau Qin haben sich zwei Krankenhäuser bereit erklärt, verwaiste Eltern aufzunehmen.

Auch die Regierung ist sich der Problematik bewusst. Allerdings laufen die erste staatliche Hilfsmaßnahmen für Eltern, die ihr Kind verloren haben, gerade erst an.

Text: Li Zheng
Sprecher: Kamil Wysocki

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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