Lage der Kinderbuchliteratur in China
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Krieg, Gewalt und die dunkle Seite des Lebens – dies seien die schwerpunktmäßigen Inhalte vieler Comics in China, äußert eine Mutter in der Kinderlese-Ecke einer Tianjiner Buchhandlung. Deshalb halte sie ihren Sohn von solchen Büchern fern.
Eine daneben stehende Mutter stimmt der jungen Frau gleich zu. Ihrer Meinung nach mangelt es vielen der Kinderbücher an pädagogischen und wertvollen Inhalten:
"Keine Moralpredigt oder Standpauken in Kinderbüchern. Doch Kinder sollten beigebracht bekommen, wie man anderen Leuten Liebe schenkt und wie man zu einem echten Menschen heranwächst. Ich denke, das ist wichtig."
Doch Eltern beklagen nicht nur deplazierte Inhalte in der Kinderliteratur. Darüber hinaus sollen sich Themen und Geschichten in verschiedensten Publikationen stark wiederholen.
"In einigen Kinderbüchern werden einfach wahllos ähnliche Geschichten zusammengetragen. In 365 Gute-Nacht-Geschichten können Sie zum Beispiel viele Versionen derselben Geschichte finden."
"Wenn wir mit unserem Kind in der Buchhandlung sind, verwenden wir normalerweise nicht so viel Zeit mit der Buchauswahl. Solange das Kind irgendein Buch mag, kaufen wir es und nehmen es mit nach Hause. Doch nachdem wir die Bücher zu Hause hatten, mussten wir feststellen, dass sich 90 Prozent der Geschichten ähnelten."
Diese Tatsache könnte bei Kindern zu einem mangelndem Interesse am Lesen führen, fürchten Eltern. Deshalb wenden sich unter ihnen immer mehr ausländischen Bestsellern zu. Und das, obwohl sie ihren Sprösslingen eigentlich lieber Geschichten mit chinesischem Hintergrund in die Hand drücken würden.
"Ich würde gerne einige Geschichten über heroische Figuren wie Ma Liang und der Magische Pinsel kaufen, die in unserer Kindheit populär waren. Durch diese Geschichten würden Kinder mehr über die Güte und Furchtlosigkeit und den edlen Geist lernen, die an unsere nächste Generation weitergereicht werden sollten. Es ist heute jedoch nicht ganz einfach, solche Geschichten auf dem Markt zu bekommen."
Verlagsredakteur Bai Bing sagt, einige der chinesischen Verlage würden ihren Fokus zu stark an den Einnahmen ausrichten und deshalb lieber auf importierte Bücher setzten, die im aus Ausland zu Erfolg gekommen sind. Das Risiko sei für die Verlage bei diesen Publikationen geringer als bei chinesischen Büchern. Und er fügt hinzu, Chinas Verlagsbranche könnte in punkto Kategorisierung der Literatur noch vom Ausland lernen.
"In Europa und den USA sind Bücher in 26 Kategorien unterteilt, und auch die Lesensfähigkeit von Kindern ist in 26 Levels gestaffelt. So können Kinder mit verschiedenen Lesefähigkeiten passende Bücher auswählen. Aber in China ist das Einstufen von Büchern noch etwas ganz Neues."
Übersetzt von Li Yan
Gesprochen von Xi Jing