Wir über uns Kontakt Jobs Fragen? Archiv
Man muss das Beste aus Chinas Aufstieg machen -- Exklusivgespräch mit Prof. Thomas Heberer, Direktor des Instituts für Ostasienwissenschaften
  2012-08-30 17:05:50  CRI
CRI: Herzlich willkommen, Herr Professor Heberer, hier bei uns, bei Radio China International. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird voraussichtlich in diesem Monat China besuchen. Bereits im Februar diesen Jahres war Sie zu Gast in China. Was versteckt sich hinter diesem bevorstehenden Chinabesuch von Frau Merkel, zumal dieser nach einer relativ kurzen Zeit nach dem letzten Besuch stattfindet.

Heberer: Auf der Agenda stehen in erster Linie natürlich die Problemen in Europa: die Frage der Schuldenkrise, und damit die Frage der Entwicklung des Euro. Und hier war ja die Position der europäischen Gemeinschaft, aber auch der Bundesrepublik Deutschland, dass China beitragen solle – soweit es kann – zur Behebung dieser Problematik. Daneben wird es auch Fragen geben, die zusammenhängen mit wirtschaftlichem Austausch, wirtschaftlichen Fragen. Hier gibt es sicher auch eine Frage von Problemen, die diskutiert werden müssen, ob es Fragen der Handelsbarrieren und des Protektionismus sind. Aber auch Fragen, dass deutsche Unternehmen zunehmend unzufrieden sind in China über die Situation, in der sie sich befinden. Und das sind doch meiner Erfahrung zufolge relativ viele kleinere Betriebe, die überlegen, ob sie nicht aus dem chinesischen Markt herausgehen, weil es offensichtlich schwieriger wird.

CRI: Gerade haben Sie viele Fragen erwähnt, die diesmal voraussichtlich diskutiert werden. Eine davon ist die Schuldenkrise in Europa. Manche sagen, die Schuldenkrise in Europa bietet China auch eine Chance. Welche Chance stellt eigentlich für China dar. Tatsächlich ist auch China von Problemen bei der wirtschaftlichen Entwicklung konfrontiert. In welchen Bereich und in wieweit kann China mit Deutschland und Europa unter dem Hintergrund der Schuldenkrise zusammenarbeiten.

Heberer: China hat sich ja zu Beginn der Schuldenkrise auch sehr stark engagiert. Das hat in Griechenland den Hafen von Piraeus erworben, und hat Anleihen etwa von Ungarn, Griechenland und Portugal gekauft. Aber wir sehen ja, dass die chinesische Export im ersten Halbjahr, jetzt aber auch wahrscheinlich im zweiten Halbjahr eingebrochen ist, was durchaus zusammenhängt mit der Krise in Europa. Denn, Europa importiert weniger, und entsprechend können auch Länder wie Deutschland weniger exportieren, weil natürlich China auch hier gewisse Einschränkung verfügt. Also von daher ist es voneinander abhängig. Der chinesische Präsident Hu Jintao hat letztes Jahr gesagt, Europa könne die Problematik alleine lösen, und damit angedeutet, dass China sich nicht in hohem Maße engagieren kann in Europa, was durchaus verständlich ist. China hat angeboten im Internationalen Währungsfond, seine Anteile zu erhöhen, um darüber nun die Krise bewältigen zu helfen. Das haben die Vereinigten Staaten allerdings abgelehnt, weil sie nicht möchten, dass der Einfluss China im Internationalen Währungsfond zu groß wird. Also, hier gibt es durchaus auch Widerstände auf internationaler Ebene, China zu vielen Einfluss einzuräumen, was wiederrum die Krisenbewältigung letztendlich behindern kann.

CRI: Also, zu vieler internationaler Einfluss Chinas... In Deutschland ist es doch nicht der Fall...

Heberer: Es gibt in der Bevölkerung nicht nur Deutschlands, ich glaube sondern auch Europas, gewisse Befürchtung gegen den Aufstieg von China. Wenn wir uns die jährliche Werteanschauung, wie europäische Länder China bewerten, so lässt sich feststellen, dass sich dieser Wert in letzten Jahren verschlechtert hat. Das heisst, die öffentliche Meinung in Hinblick auf die Bewertung Chinas verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Das hängt sehr stark zusammen, meines Erachtens, mit dem Aufstieg Chinas, der auch nicht richtig verstanden wird, andererseits auch, dass in den Medien oft nur Dinge berichtet werden, die eigentlich ein negatives Bild von China zeichnen, dass eigentlich die positiven Entwicklungen nur am Rande irgendwie auftauchen. Wenn die Zeitung regelmäßig verfolgt, und über China bekommt man den Eindruck, das ist eigentlich ein Land, in dem die Menschenrechte verletzt werden und die Minderheiten unterdrückt werden. Aber was sich tatsächlich in diesem Land vollzieht, darüber wird sehr wenig berichtet. Und das führt dazu, dass manche Menschen Ängste entwickeln. Diese Ängste kann man auch verstehen. Auf der anderern Seite, der Aufstieg Chinas ist unausweichlich, man muss ihn akzeptieren, und man muss versuchen, das Beste daraus zu machen. Der frühere amerikanische Außenminister Henney Kissinger hat in einem seiner jüngsten Bücher geschrieben, man müsse China einbinden und seinen Aufstieg positiv bewerten und versuchen, mit ihm stärker zu kooperieren.

CRI: Eine weitere Frage über die Wirtschaft: Die deutsche SolarWorld AG hat vor kurzem eine Anti-Dumping-Anklage gegen chinesische Photovoltaik-Unternehmen bei der EU-Kommission eingereicht. Das ist nicht der einzige Fall. Tatsächlich vermehren sich in letzter Zeit die Handelskontroversen zwischen China und Europa. Welche Folge werden sie mit sich bringen. Was würden Sie als Lösungskonzept vorschlagen?

Heberer: Handelsprobleme sollte man meiner Meinung nach über Konsultationen lösen, und nicht über Anklagen. Das hat sich ja in vieler Hinsicht gezeigt, dass China durchaus bereit ist, nachzugeben in bestimmten Handelsproblematiken. Und ich glaube das ist auch eine Frage der künftigen Anpassung, und weniger der Frage der Rechtverletzung. Also, ich denke, zum einen muss man sehen, dass die Handelsprobleme, die zwischen beiden Regierungen bestehen, auch damit zu tun haben, dass Deutschland und Europa vielleicht nicht ganz flexibel sind. In China wird eben billiger produziert, das das zeigt sich auch auf dem Weltmarkt. Das ist etwas, was man nicht verhindern kann, dass China inzwischen auch Hochtechnologie qualitativ hochwertig produziert und aufgrund billiger Arbeitskräfte dann auch billger auf dem Weltmarkt anbieten kann. Wo es meines Erachten eher Probleme gibt, ist die Frage der Kopierung von Technologie. Das ist etwas, worüber man reden muss, wo sich auch die Kontrollmechanismen in China selber verbessern müssen. Darüber gibt es eine große Unzufriedenheit.

CRI: In diesem Jahr feiert man das 40jährige Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Deutschland. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der bilateralen Beziehungen in der jüngsten Zeit und in den vergangenen Jahren insgesamt?

Heberer: Insgesamt muss man sagen, dass die Beziehungen wirklich sehr gut sind. Deutschland ist Chinas Partner Nr. 1. Das hängt natürlich auch zusammen mit der ökonomischen Stärke Deutschlands, aber auch mit der Verlässlichkeit. Und das lässt sich auch in den Beziehungen nieder. Von deutscher Seite aus muss man sagen, dadurch, dass die ökonomische Bedeutung Chinas für Deutschland gewachsen ist, hat auch die Politik ihre Haltung China gegenüber etwas verändert. Zu Beginn von Merkels Amtszeit hat zum Beispiel die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Asien-Strategie entwickelt, die eigentlich sehr stark vorgesehen hat, dass die deutsche Außenpolitik auf Werten aufbaut, dass man mit demokratischen Ländern in Asien zusammenarbeiten soll und die autoritären Länder eher eindämmen soll, und dass der Hauptpartner die USA sei. Das Papier hat man dann stillsschweig in den Schubladen verwinden lassen. Es gibt inszwischen ein neues Papier, das zwar sehr allgemein ist, auch doch die Werte-Orientierung der Außenpolitik betont, aber im Prinzip diese Aufgabe der Isolierung einzelner Länder aufgegeben hat und China dort eine sehr positive Rolle zuweist. Also von daher bin ich sehr eigentlich zuversichtlich, dass sich die Beziehungen weiter verbessern wird.

Interview geführt von: Yan Wei und Prof. Dr. Heberer

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
Meistgelesene Artikel
• Keine Lebenszeichen vom gesunkenen indischen U-Boot
• Snowdens Vater erhält Visum für Russland
• Getötete Chinesen: Afghanistan bekundet Beileid
• Vermittlungsversuche in Ägypten gescheitert
• Gipfel abgesagt: Russland enttäuscht von USA
Fotos
Luxusausstellung 2013 in Beijing eröffnet
Fotoausstellung „Chinesischer Traum - Schönes China" in Brüssel
Wiederaufbau neuer Wohnhäuser nach Erdbeben in Min
Lujiagou: Ein neues Wohngebiet mit günstigen Lebens- und Verkehrsbedingungen
© China Radio International.CRI. All Rights Reserved.
16A Shijingshan Road, Beijing, China