Eiserne Löwen, Warlords, tote Studenten und ein Geisterhaus: Die Zhangzizhong Lu im Beijinger Bezirk Dongcheng hat's in sich. Allzu leicht lassen sich die historischen Spuren der ehemaligen „Iron Lion Lane" bzw. vielmehr ihrer architektonischen Wunderlinge nicht zurückverfolgen. Umso mehr wird ein Besuch vor Ort eine Reise in eine andere Zeit, die viel Raum für Mystik und Fantasie lässt.

Zhang Zizhong

Während der Qing-Dynastie (1644-1911) hieß die Zhangzizhong Lu noch Tieshizi Hutong – Die Straße der eisernen Löwen. Erst nach dem Krieg gegen die Japaner (1937-1945) wurde sie nach General Zhang Zizhong (1891-1940) umbenannt, der im Kampf gegen die japanische Invasion ums Leben kam. Viele altehrwürdige Gebäude gehörten früher zum Straßenbild, viel ist davon nicht mehr übrig. Die beiden eisernen Löwen, die bis 1926 die Tore einer ehemaligen Ming-Residenz bewachten, zogen zum Trommelturm um.

Ein paar wenige architektonische Zeitzeugen sind geblieben. Eine Adresse zieht besondere Aufmerksamkeit auf sich: die 3 Zhangzizhong Lu. Am östlichen Ende, nahe der U-Bahnstation, steht eine imposante, im westlichen Stil gehaltene Anlage düster und bedrohlich inmitten der Überreste alter Hutong-Strukturen. Entstanden ist das Bauwerk 1906/07 auf den Grundmauern einer im Vorfeld abgerissenen Prinzen-Residenz.

An dem gespenstisch und verwaist thronenden Haupthaus nagt unerbittlich der Zahn der Zeit. Als neugierigem Stadt-Erkunder stellt sich unweigerlich die Frage nach der Geschichte, den Geheimnissen, die sich in dem bröckelnden Mauerwerk verbergen und, warum es sich in einem so desolaten Zustand befindet. Die Suche beginnt.

Duan Qirui                                             Yuan Shikai

Bevor sich der mächtige Warlord und spätere Premier der Republik China, Duan Qirui (1865-1936), 1924 in dem ehemaligen Sitz von Armee und Marine der untergegangenen Qing-Dynastie seinen Interims-Regierungssitz einrichtete, soll der Komplex 1912 als Präsidialpalast für Yuan Shikai (1859-1916) fungiert haben, den zweiten Präsidenten der Republik China nach Sun Yatsen. Die weiteren Spuren sind blutig.

„ 318"

Eine Gedenkstele am Eingang der Anlage verweist in chinesischen Schriftzeichen auf „318" – eine Zahl, die für einen Studentenprotest steht, der am 18.3.1926 47 Todesopfer forderte.

Duan Qirui war es, der die Proteste gegen die japanischen Schüsse auf die chinesische Marine im Hafen von Tanggu und unausgeglichene Verträge der Warlord-Regierung mit dem imperialistischen Ausland mit Waffengewalt beantwortete – und die „318" als düstere Zahl in die Annalen der Geschichte eingehen ließ.

Lu Xun

Chinas bekannter Schriftsteller Lu Xun (1881-1936) hat in Erinnerung an die Tragödie sogar ein Schriftstück verfasst und gedenkt darin einer seiner ums Leben gekommenen Studentinnen, Liu Hezhen.

Die Japaner waren es schließlich, die die Chinesen aus der „3 Zhangzizhong Lu" vertrieben und dort während des Kriegs ihr Armee-Hauptquartier stationierten.

Nach der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von der kommunistischen Regierung geräumt und als Wohnquartier für Arbeiterfamilien zugänglich gemacht. Im hinteren Bereich der Anlage wird auch heute noch in relativ einfachen Verhältnissen gewohnt. Ein anderer Teil ging an die Renmin Daxue, die Volksuniversität, und die Chinesische Akademie für Sozialwissenschaften.

Bis heute scheinen die tatsächlichen Besitzverhältnisse unklar: Weder werden dringend nötige Renovierungsarbeiten durchgeführt – ein Großteil der geschichtsträchtigen Räumlichkeiten steht leer – noch scheint ein Abriss geplant. 2006 wurde die Anlage gar unter Kulturschutz gestellt.

So bröckelt die „3 Zhangzizhong Lu" weiter vor sich hin und bietet damit zumindest ein schaurig schönes, authentisches Ziel für Besucher, die mehr sehen wollen...

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Hinkommen

东城区张自忠路3号

3 Zhangzizhong Lu (neben dem bekannten Musik-Club Yugong Yishan), Dongcheng.

U-Bahn Linie 5, Zhangzizhonglu, Ausgang A

Etwa 100 Meter rechts halten, der Zhangzizhonglu Richtung Westen folgen

Der Gebäudekomplex befindet sich hinter einem großen Tor inmitten alter Hutong-Häuser, das Haupthaus ist nicht zu übersehen.

Fotos: wikipedia.org, fotocn.org, Marie Bollrich