'Treib keinen Unfug, haben mir viele Nachbarn und Freunde gesagt. Wie schaffst du es denn, Gemüse auf dem Dach anzubauen? Und solltest du es schaffen, tragen die Pflanzen keine guten Früchte. Aber ich dachte: woher weiß ich, dass ich es nicht schaffe, wenn ich es nicht einmal ausprobiere?"
Drei Lastwagen voll Erde hat er auf seinen Dachgarten bringen lassen. Säen, Bewässern, Düngen - Guichun erledigte alles, wie ein richtiger Gemüsebauer. Leider wurden seine Anfangsbemühungen nicht mit einer guten Ernte belohnt:
"Die Ernte im ersten Jahr war tatsächlich schlecht. Die Früchte waren sehr klein. Eine normale Wassermelone wiegt mindestens zwei, drei Kilo, meine lediglich 400 Gramm. Sie waren nur etwas größer als Tomaten."
Guichun hat sich aber von dem Mißerfolg nicht entmutigen lassen und seine Lehren daraus gezogen. Er hat Bücher über Gemüseanbau studiert und ist mehrmals auf Gemüsefelder gegangen, um sich von Bauern Ratschläge zu holen. Diese zeigten sich erstaunt von der Idee, Gemüse auf einem Dach zu züchten. Denn die Erdschicht von 15 Zentimetern ist normalerweise zu dünn. Von dem Anbau von Heilkräutern, den er in seinen Jugendjahren gelernt hatte, hat sich Guichun dann inspirieren lassen:
"Ich habe selber Dünger zusammengestellt. Da beim Kräuteranbau Kräuter auch als Düngermittel genutzt werden, habe ich dann versucht, einige Kräuter in den Dünger zu mischen. Der Versuch hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen. Ab dem zweiten Jahr haben die Pflanzen reichlich Früchte getragen."
Guichun ist stolz auf sein Bio-Gemüse. Denn außer Naturdünger und Heilkräuter wird in seinem Garten kein Dünger eingesetzt, chemischer schon gar nicht. Mittlerweile ist Guichun Mitglied der Beijinger Gesellschaft für Dachbegrünung. Er wurde gebeten, die Technik des Gemüseanbaus auf Dächern unter den Mitgliedern zu verbreiten. Dank Interviews in Zeitungen, im Rundfunk und im Fernsehen ist Guichun heute quasi ein Star. Täglich empfängt er Besucher, darunter auch Touristen aus anderen Landesteilen oder ausländische Gäste. Mittlerweile gibt es in allen Ecken der chinesischen Hauptstadt Menschen, die Guichuns Beispiel gefolgt sind und Gemüse auf dem eigenen Dach anbauen. Guichun ist jedoch damit noch nicht ganz zufrieden, denn es gibt in Beijing mehr als 60 Millionen Quadratmeter begrünbare Dachfläche.
Die Stadt Beijing hat nun begonnen, die Dachbegrünung besser zu popularisieren. Die Schwierigkeiten sind aber groß, denn eine Begrünung kostet pro Quadratmeter etwa 1.000 Yuan. Der Gemüseanbau sei jedoch günstiger als Gras, meint dazu Guichun: dieser koste pro Quadratmeter nur 200 bis 300 Yuan - und außerdem könne man die Ernte auch essen.