Seit kurzem erfreut sich die deutsche Schauspielerin Martina Hill großer Beliebtheit – und zwar aufgrund ihrer Hauptrolle in der Fernsehkomödie "Knallerfrauen" oder "Crazy Lady". In jedem Sketch – die erste Staffel hat nur acht jeweils 20 Minuten lange Episoden - spielt sie verschiedene weibliche Figuren: eine Angestellte, eine Hausfrau, eine alleinerziehende Mutter, eine Braut auf der Hochzeit und vieles mehr. Mit ihrer übertriebenen Mimik und den hektischen Bewegungen präsentiert sich die Schauspielerin als scheinbar verrückte Heldin. Dabei ist sie selbst eine normale Frau, die viele moderne Rollen verkörpert.
Der chinesische Titel der Sendung lautet "Diaosi Nüshi". "Nüshi" bedeutet Dame, und "diaosi" ist ein Kunstwort, das in letzter Zeit sehr populär geworden ist.
Das "Diaosi-Phänomen"
Mit der steigenden Beliebtheit des Wortes "diaosi" stiegen auch die Einschaltquoten für die deutsche TV-Sendung. "Diaosi" wurde im vergangenen Jahr von jungen alleinstehenden Männern erfunden, die fanden, dass ihr Leben gerade in einer Sackgasse steckt. Oft stecken sie in einer schwierigen finanziellen Situation, sehen nicht gut aus und haben Schwierigkeiten, ihr Ansehen zu verbessern. Im Gegensatz zu Männern der Oberschicht fehlt ihnen eine mächtige Familie, ein nützliches soziales Netzwerk für ihre Karriere und sie haben Schwierigkeiten, eine geeignete Frau zu heiraten.
"Ich bin nur ein diaosi, arm und nicht schön, wer möchte mich heiraten?" ist daher ein oft zitiertes Bonmot dieser Menschen – halb Selbstironie, halb Wirklichkeit.
"Der Begriff wurde deshalb so populär, weil er von einfachen Leuten geschaffen wurde, was bei großen Teilen der Bevölkerung auf Zustimmung stößt", analysiert Zhu Chongke, ein Professor an der "School of Asia-Pacific Studies" an der Sun Yat-sen Universität in Guangzhou (Provinz Guangdong, Südchina).
"Sich einen 'diaosi' zu nennen ist ein Ventil für die Menschen, sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen und dadurch Druck abzulassen", sagte Zhu. "Man zeigt, dass man eigentlich nur wenig zu verlieren hat, daher kann ein bisschen Selbstironie auch nicht schaden?"
"Es handelt sich dabei um eine Gruppe rastloser junger Männer", sagt Ke Qianting, außerordentlicher Professor für Gender Studies an der Sun Yat-sen University. "Es ist ein bemerkenswertes kulturelles Phänomen, dass sich dieses Wort so schnell unter den Jugendlichen verbreitet."
Diejenigen, die sich als "diaosi" bezeichnen, gehören in der Regel den mittleren oder unteren wirtschaftlichen Gesellschaftsklassen an, also Wanderarbeiter, kleine Selbstständige, Angestellte oder Arbeitslose, so Professor Ke.
Wissenschaftler meinen, dass das diaosi-Phänomen nicht nur ein kulturelles Problem junger Leute reflektiert, sondern auch größere soziale Fragen.
"Die Gesellschaft bietet keinen effektiven Kanal für junge Leute an, die nicht über einen starken familiären Hintergrund verfügen und keine Aufstiegsmöglichkeiten am Arbeitsplatz bekommen", sagt Zhu.
"Der Druck der Ehe verstärkt die Angst unter dieser Gruppe", sagt Ke. "Viele dieser jungen Männer nennen sich 'diaosi', da sie keine richtige Frau zum heiraten finden können. Das spiegelt ein tiefes Verlustgefühl."
Bis 2020 soll es 30 Millionen mehr Männer im heiratsfähigen Alter geben als Frauen.