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Wellen unter der stillen Wasseroberfläche - Deutschland im Schatten der Wirtschaftskrise
  2012-03-07 14:37:38  cri

Die Schuldenkrise hat Europa mittlerweile seit zwei Jahren im Griff. Sie trat zuerst in Griechenland auf und hat inzwischen weitere Staaten betroffen. Als stärkste Wirtschaftskörperschaft in Europa spielt gerade Deutschland bei der Rettung Griechenlands eine Vorreiterrolle. Aber bleibt die deutsche Wirtschaft auch wirklich von der Schuldenkrise verschont? Warum setzt sich Deutschland so dafür ein, die griechische Wirtschaft zu retten?

Seit zwei Jahren hört man in Berlin das Wort „Schuldenkrise" täglich quasi überall. Egal ob in Printmedien oder im Fernsehen, es ein beliebtes Vokabular. Allerdings spürt man im Alltag davon nicht viel. Ein Beweis dafür war das Konsumverhalten in Deutschland über Weihnachten. Die Deutschen fuhren in den Urlaub und gaben viel Geld aus, ohne zu zögern. Auch blieben die Warenpreise in den Supermärkten stabil. Und nur selten beschweren sich die Leute über die aktuelle Wirtschaftslage. Der deutschen Wirtschaft scheint es gut zu gehen, aber stimmt dieser Eindruck auch?

Dr. Mirko Müller betreibt eine Privatpraxis in Berlin. Jeden Tag spricht er dabei mit vielen Patienten und kann sich so ein Bild von den verschiedenen Gesellschaftskreisen machen. Auf die Frage, ob er selbst von der europäischen Schuldenkrise betroffen sei, sagt er:

„In den Zeitungen und in den Fernsehnachrichten sieht man immer, wie stark die Euro-Krise im Moment ist. Für mich persönlich hat sich nichts verändert. Was man hier in Deutschland aber sieht, sind immer mehr ältere Menschen, die wahrscheinlich von ihrer Rente alleine nicht mehr leben können und deshalb nebenbei noch etwas verdienen gehen oder auch Flaschen sammeln. Solche Leute sieht man zurzeit häufiger als früher. Ich denke, insgesamt ist die Situation in Süddeutschland auch noch viel stabiler als in Norddeutschland. Wegen der Vielzahl an Industrie, die in Süddeutschland vorherrscht.

Während Deutschland Griechenland hilft, führt die Bundesregierung auch eine Reihe von Reformmaßnahmen im Inland durch, etwa was die Sozialleistungen betrifft. Auch wird nun erst ab dem 67. Lebensjahr die volle Rente ausgezahlt. Dass die Regierung viel Geld für Griechenland ausgibt und gleichzeitig im Inland spart, das macht viele Deutsche jedoch eher weniger glücklich. Noch einmal Dr. Müller:  

„Ich denke, Griechenland ist wie ein Fass ohne Boden. Wenn wir die Milliarden weiter reinkippen, werden diese letztendlich verschwinden. Die Frage ist dann, wo Deutschland selber das Geld hernehmen möchte, wie die Regierung mit der Situation in Zukunft umgehen will? Soll es Steuererhöhungen geben oder wie soll das Geld wieder refinanziert werden? Das ist ein großes Problem. Deutschland steht im Vergleich zu anderen europäischen Ländern im Moment noch gut da. Aber wenn die Schulden immer höher werden, weiß keiner, wie lange das noch gut geht."

Die Ansicht von Dr. Müller ist in gewissem Sinne auch repräsentativ für ganz Deutschland. Einerseits fühlen sich die Deutschen von ihrem Nationalstolz her verpflichtet, den europäischen Brüdern zu helfen. Andererseits sind die Menschen auch beunruhigt, weil man die Grenzen der Schuldenkrise nicht kennt. Reichen die Steuergelder für die Rettung Griechenlands?

Und warum ist die deutsche Bundesregierung so entschlossen, die griechische Wirtschaft zu retten? Dazu der Ökonom Prof. Dr. Christian Dreger:

„Es ist natürlich so, dass die Griechenland-Hilfen in der Bevölkerung nicht populär sind. Das ist dann auch eine Frage, wie man das Ganze kommuniziert. Letztlich ist Deutschland ja Teil des Euro-Raumes und es ist im deutschen Interesse, dass der Euro-Raum zumindest zusammenhält. Das kann man aus mehreren Blickwinkeln begründen. Zum Beispiel aber auch aus dem, dass viele Arbeitsplätze in Deutschland abhängig sind vom Export, und das man im Exportgeschäft eben auch stabile Wechselkurse braucht. Das ist durchaus von Vorteil, andernfalls würde auch die Aufwertung der D-Mark gegenüber anderen Währungen die Wettbewerbsvorteile, die sich Deutschland erarbeitet hat, wieder vernichten. Der Euro-Raum hat schon Vorteile für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Das Hauptproblem ist, dass man das offensichtlich nicht richtig kommuniziert. Und dass auch in der Bevölkerung das Misstrauen groß ist, dass die Politiker dann eine gute Lösung der Schuldenkrise herbeiführen. Denn tatsächlich ist es im Moment so, dass die Strategie, Griechenland immer weitere Kredite zu geben, ohne das man weiß, was tatsächlich zurückgezahlt wird, dass diese Strategie natürlich wie ein Fass ohne Boden aussieht. Das kann ich schon verstehen. Deshalb ist es eben auch erforderlich, dass man hier reinen Wein einschenkt und dann eben einen raschen Schuldenschnitt macht. Dann ist die Krise damit aber auch relativ schnell beendet."

Dank der Wirtschaftskraft herrscht bis jetzt aber noch eine gewisse Ruhe in der deutschen Gesellschaft vor. Aber die ersten Wellen unter der stillen Wasseroberfläche kann man durchaus schon spüren. Was würde also passieren, sollte die Krise noch länger andauern, die Bundesregierung noch mehr dafür ausgeben und etwa die Sozialleistungen im Inland weiter senken? Prof. Dreger hat Recht: die Politik müsste dann eine überzeugende Lösung der Schuldenkrise herbeiführen, statt über Hilfszahlungen zu diskutieren.

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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