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Gelebte Architektur – Das Dorf Xidi in Anhui
  2012-02-10 15:05:17  cri
 

Baudenkmäler sind immer auch Symbole für die Kultur eines Landes. Chinas bekannteste Baudenkmäler sind zweifellos die Große Mauer, die Verbotene Stadt und die Terrakotta-Armee. International noch nahezu unbekannt hingegen sind die malerischen Dörfer in Huizhou im Schatten des mächtigen Huangshan. Die Jahrhunderte alten Ortschaften sehen aus wie Tuschmalereien aus einer längst vergessenen Zeit.

Am frühen Morgen ist es auf den Straßen in den Dörfern von Huizhou ganz im Süden der Provinz Anhui fast totenstill. Nur ganz wenige Leute sind zu sehen. Im fahlen Licht der Morgensonne sehen die alten Häuser aus wie ein altes Ehepaar, das sich auch nach Jahrzehnten noch genauso liebt wie am Tag des ersten Kennenlernens.

Charakteristisch für Huizhous alte Bauten sind Ehrentore, Wohnhäuser mit weißen Wänden und schwarzen Dächern sowie pompöse Ahnentempel. Huizhous historische Bauten wurden fast allesamt ganz gezielt in die vorhandene Wasser- und Berglandschaft integriert. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist das Dorf Xidi (西递), das zusammen mit seinem Nachbarn Hongcun seit dem Jahr 2000 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Das Wahrzeichen von Xidi ist ein steinerner Ehrenbogen, der schon von weitem sichtbar ist und direkt am Wasser gebaut wurde. Reiseführerin Liu Qiaofeng (刘巧凤) ist mit der Symbolik, die sich hinter diesem Baudenkmal verbirgt, bestens vertraut:

„Das ist das architektonische Wahrzeichen des Dorfes. Sein Besitzer heißt Hu Wenguang (胡文光). Ganz oben wurden drei Paar Fische in den Stein geschnitzt. Die drei haben den Kopf eines Drachen aber den Schwanz eines Fisches. Ihre gewellten Antennen können als Blitzableiter fungieren. Mit diesen Fischen drückte der Inhaber des Torbogens die Hoffnung aus, dass seine Nachfahren einst zur Elite des Landes gehören werden. Auf beide Seiten des Ehrenbogens wurden berühmte Minister und Offiziere geschnitzt. Sie verkörpern die Staatssicherheit. Ganz unten sind noch einige Löwen zu sehen. Ihnen werden unterstützende Kräfte nachgesagt. Die kleinen weiblichen Löwen sollen der Familie Nachkommen garantieren. Die männlichen Löwen, die auf einer farbigen Kugel stehen, sind Symbole der Macht."

Wie mächtig die Huizhouer einst waren, verdeutlichen auch ihre imposanten Wohnhäuser. Über ihren Eingängen sind bis ins letzte Detail durchdachte Fassadenschnitzereien zu sehen. Als Motive wurden hauptsächlich Figuren, Tiere und Landschaften benutzt. Ebenfalls beliebt waren Motive aus traditionellen Opern und Volksgeschichten, Göttersagen oder Mythen. In einigen ganz besonders eleganten Häusern ist auch der obere Teil der Eingangstüre mit Holzschnitzereien verziert:

„Die Bauten in Huizhou betonen die Schönheit der Symmetrie. Eines der Motive, die man an zweitürigen Hauseingängen am häufigsten sieht, ist das „Bing Zha Wen"(冰乍纹), eine Holzschnitzerei, die wie zerbrochenes Eis aussieht und für die zehnjährigen Anstrengungen eines fleißigen Studenten steht. Die andere Oberseite der Holztür zieren Fledermäuse. Sie symbolisieren Glück, weil ihr Name „Bian Fu" ähnlich klingt wie „Fu", das chinesische Schriftzeichen für Glück."

Nicht nur die in die Türen und in die Häuserfassaden eingravierten Segenswünsche deuten darauf hin, dass im alten Huizhou Sicherheit groß geschrieben wurde. Um im Brandfall das Übergreifen der Flammen zwischen den aneinander gebauten Häusern zu verhindern, wurden auf den Dächern noch zusätzlich erhöhte Mauern angebracht. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit Pferdeköpfen werden diese Schutzmauern im Volksmund auch gerne „Ma Tou Qiang" genannt:

„Aus der Vogelperspektive sehen die Wände wie tausend rennende Pferde aus. Deshalb werden sie auch Pferdekopfwände oder Wände zur Verhinderung von Feuer genannt."

Heute haben die Pferdekopfwände auf den Dächern der weißen Wohnhäuser fast nur noch dekorativen Charakter. Laut Denkmalschützer Yu Yahui stehen sie zudem sinnbildlich für das Harmoniebedürfnis der Chinesen:

„Die Essenz der alten Bauten in Huizhou liegt in der harmonischen Verbindung zwischen Himmel und Erde. Die farbliche Harmonie zwischen den schwarz-weißen Bauten und der grünen Berg- und Wasserlandschaft ist heute fast nirgendwo sonst mehr zu sehen. Die Lage der einzelnen Häuser wurde nach den Prinzipien des Fengshui festgelegt."

Schon seit Jahren sind Yu Yahui und sein Team mit der Renovation von Häusern beschäftigt, an denen der Zahn der Zeit unübersehbare Spuren hinterlassen hat:

„Wir haben die beschädigten alten Bauten originalgetreu renoviert, damit sie von vielen Leuten bewundert werden können. Wenn sich die Menschen der Wichtigkeit unserer Arbeit bewusst werden, wird der Schutz und damit der Erhalt alter Baudenkmäler viel leichter werden."

Die Menschen in Xidi sind sich der Wichtigkeit des Kulturschutzes schon längstens bewusst. Um das Wohnbedürfnis der wachsenden Bevölkerungszahl zu befriedigen und gleichzeitig die historische Bausubstanz zu schützen, wurde im Jahr 1998 mit dem Bau von neuen Wohnsiedlungen außerhalb des alten Dorfkerns begonnen.

Die Schönheit von Xidi liegt nicht nur in seinen alten Bauten, sondern auch in der Folklore, die von seinen Einwohnern nach wie vor gepflegt wird. Obwohl das Dorf von Touristen im wahrsten Sinne des Wortes überrannt wird, seit es im Jahr 2000 ins Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen wurde, pflegen die Menschen in Xidi wie einst ihre Vorfahren auch heute noch einen gemächlichen Lebensstil. Ein Lebensstil, der nirgendwo besser zum Ausdruck kommt als in den geschichtsträchtigen Bauten ihres malerischen Dorfes.

Übersetzt von Liu Xinyue

Gesprochen von Yan Wei

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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