Rachitis ist eine Krankheit, die zu Knochenschwäche führt, verursacht durch einen Mangel an Vitamin D. Verbunden wird diese Krankheit üblicherweise mit Armut und mangelhafte Ernährung, und beides dachte man in Großbritannien überwunden zu haben. Aber eine „Mittelklasseepidemie" von Rachitis ist nun gerade dort aufgetreten. Als Ursache wird vermutet, dass sich Kinder nur mehr selten im Freien aufhalten oder von den Eltern mit Sonnencreme regelrecht eingeseift werden, um sie vor UV-Strahlung zu schützen.
Rachitis war lange eine Krankheit der Schande; ein Zeichen von Armut, mangelnder Ernährung und ungesunder Lebensverhältnisse. Vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Knochenschwäche in Großbritannien verbreitet, war anschließend aber fast komplett verschwunden. Als Folge des modernen Lebensstils treten jedoch in letzter Zeit wieder mehr und mehr Fälle von Rachitis in dem Land auf.
Ungenügend Sonnenlicht kann zu einem Mangel an Vitamin D führen, was wiederum den Körper daran hindert, genügend Kalzium zu absorbieren. Und genau dieser Kalziummangel führt zu Rachitis.
Der vier Jahre alte Toby Ault ist an der Krankheit erkrankt; nicht aus Gründen der Armut, nein, ganz im Gegenteil: seine Mutter Kathryn sagt, sie würden sich zu sehr um ihn kümmern:
„Es ist ziemlich erstaunlich, aber es macht schon Sinn: wir fahren normalerweise sehr viel (im Auto), also erhält er nicht so viel Sonne wie er vielleicht sollte. Und man schmiert die Kinder regelrecht mit Sonnencreme voll, weil es einem immer wieder so gesagt wird. Und natürlich mit hohem Lichtschutzfaktor!"
Untersuchungen zeigen einen deutlich Anstieg an Rachitis-Erkrankungen in den vergangenen Jahren. Eine aktuelle Studie von Professor Nicholas Clarke, Orthopäde am Southampton General Hospital, zeigt, dass 2009 genau 479 Fälle von Rachitis registriert wurden – im Gegensatz zu 185 Fällen 2001.
Professor Clarke beschreibt auch gleich einen seiner Fälle:
„Vor einen Monat wurde ein Baby zu mir geschickt, dass nicht gehen lernte. Das Baby war 15 Monate alt und hatte so gebogene Beine, dass es körperlich betrachtet einfach nicht stehen konnte."
Der Professor ist sich über die Balance bewusst, die Eltern zu bewältigen haben, ist gleichzeitig aber besorgt über den Lebensstil, der in einigen Familien angestrebt wird:
„Es ist sehr schwierig für Eltern, weil sie ermutigt werden, Sonnencreme aufzutragen, wegen den dermatologischen Folgen, sollte dies nicht der Fall sein. Aber es scheint, dass dieser Exzess zu viel für die Gesundheit der Knochen und das Vitamin D ist. Sie schließen also die Sonnenstrahlen aus, was zu Problemen mit den Knochen führt. Gleichermaßen gehen Kinder und vor allem Erwachsene nicht viel ins Freie. Es gibt nur wenig Schulsport, und wenn sie dann rausgehen, neigen sie dazu, sich zu sehr zu verhüllen."
Vitamin D ist bekannt als „Sonnenvitamin", da es unsere Haut durch die ultravioletten Strahlen der Sonne gewinnen kann. Es hilft dabei, die Menge an Kalzium zu kontrollieren, die wir aufnehmen und ist zudem wichtig für das Entwickeln von starken Knochen. Ohne Vitamin D kann Rachitis entstehen, was wiederum zu weichen Knochen führt. Üblicherweise erscheinen die Beine eines Kindes mit Rachitis gebogen.
Bei dem kleinen Toby aus West Sussex wurde ein frühes Stadium der Rachitis diagnostiziert, nachdem er sich beklagt hatte, dass seine Beine schmerzen würden. Als seine Mutter Toby zum Hausarzt brachte, vermutete dieser einen Mangel an Vitamin D, und ein Bluttest bestätigte diesen Verdacht.
Es scheint also, dass für Kinder wie Toby ein Übermaß an entgegengebrachter Liebe und Fürsorge ernsthafte Konsequenzen für die Gesundheit haben kann.
Übersetzt von Christoph Limbrunner
Gesprochen von Li Zheng