Immer mehr Beijinger sind am Abend zu müde oder haben keine Zeit, für sich selbst zu kochen. Wer bis spät am Abend arbeiten muss, findet oft auch gar kein offenes Restaurant mehr. Convenience Shops sind nicht selten die einzige Option, um zu später Stunde noch zu einer warmen Mahlzeit zu kommen – zumindest für diejenigen, die am richtigen Ort wohnen.
Der Wumart in der Beijinger Zhongguancun-Straße ist bei Passanten äußerst beliebt, weil er rund um die Uhr geöffnet ist und bis am späten Abend frische Snacks wie gefüllte Brötchen oder gekochte Maiskolben anbietet. Viele seiner Kunden seien Büroangestellte, die bis in die Abendstunden hinein arbeiten müssten, sagt der Inhaber des Mini-Markts:
„Die Leute wollen an einem Winterabend etwas Warmes essen. Was wir in der Nacht verkaufen, macht einen Drittel unseres gesamten Tagesumsatzes aus."
Nicht alle Beijinger jedoch haben das Glück, in der Nähe eines solchen Mini-Markts zu wohnen. Viele Bewohner der chinesischen Hauptstadt beklagen sich, dass es in ihrer Nachbarschaft keine Convenience Shops gibt, die auch zu später Stunde noch geöffnet sind. Nicht ganz zu Unrecht: während es in Shanghai auf 3.000 Einwohner einen Convenience Shop gibt, kommen auf einen Shop in Beijing 20.000 Einwohner.
Cao Yuanxiao ist der stellvertretende Geschäftsführer des Shops Hi-24. Er weiß aus eigener Erfahrung, warum viele Ladenketten nicht bereit sind, in gewissen Gegenden eine Filiale zu eröffnen:
„Die Kosten für den Betrieb eines Ladens, der rund um die Uhr geöffnet ist, sind sehr hoch – einschließlich der Gebühren für Wasser und Strom sowie der Personalkosten. Wir würden daher nie einen Standort wählen, der wirtschaftlich nicht floriert und der nicht dicht bevölkert ist."
Lu Jiehua ist Professor für Soziologie an der renommierten Peking-Universität. Seiner Meinung nach sollten solche Mini-Märkte von der Regierung unterstützt werden, weil sie der Bevölkerung gewisse Grundleistungen anbieten:
„Die Stadtregierung sollte ein Netzwerk von Convenience Shops ausarbeiten, so dass die einzelnen Läden gleichmäßig in einer Entfernung von drei bis fünf Kilometern verteilt sind. Zudem sollten wir bei der Planung einer neuen Community von vornherein etwas Raum für Convenience Shops offenlassen."
Eine Untersuchung von Lu Jiehua hat ergeben, dass die Nachbarschaftsläden in Shanghai äußerst erfolgreich sind. Innerhalb einiger Gehminuten lässt sich in der Finanzmetropole fast überall eine in- oder ausländische Ladenkette finden.
Beijing könne auch von den Convenience Shops im Ausland lernen, die 24 Stunden am Tag geöffnet haben und eine ganze Reihe von Dienstleistungen anbieten wie Wäschewaschen, das Eintippen von Dokumenten oder das Anfertigen von Duplikaten, sagt Professor Lu.
Unterstützung erhält Professor Lu von Yang Qingsong, dem Vize-Generalsekretär der China Chain Store and Franchise Association. Yang weist aber auch darauf hin, dass es für Ladenketten mit einem bekannten Namen einfacher ist, im lokalen Markt Fuß zu fassen:
„Ladenketten verkaufen Waren in großem Umfang. Die Logistik- und Managementkosten für eine ihrer Filialen sind relativ niedrig. Ladenketten fahren daher erfahrungsgemäß eher einen Gewinn ein."
Der zwölfte Fünfjahresplan von Beijings Stadtregierung beinhaltet auch die Förderung von Convenience Shops. Die städtischen Beamten sind explizit angehalten, die Eröffnung von neuen Mini-Märkten zu unterstützen. Die Beijinger Handelskommission hat damit bereits begonnen. Sie setzt sich schon seit längerem dafür ein, dass namhafte Ladenketten in der Stadt expandieren und noch mehr kundenfreundliche Dienstleistungen anbieten.
Übersetzt: Simon Gisler
Gesprochen: Xu Wei