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Reich und gebildet – Chinas neue Emigranten
  2011-12-29 11:26:46  cri
       

Jin Qi arbeitet als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei in Beijing. Der Berufsalltag der 25-Jährigen ist sehr anstrengend. In ihrer Freizeit besucht sie jede Woche zehn Stunden lang eine teure Englischschule, um sich auf ihr Studium in Neuseeland vorzubereiten. Das Auslandstudium ist der erste Schritt in ihrem Auswanderungsplan.

Im Unterschied zu anderen Ländern verlangen die neuseeländischen Visumbehörden von ihren Antragsstellern keine hohen sprachlichen Anforderungen. So ist es Studenten gestattet, in Neuseeland zuerst einen Sprachkurs zu absolvieren und sich erst danach an einer Universität einzuschreiben. Diese Regelung erlaubt es auch Leuten mit beschränkten Englischkenntnissen wie Jin Qi, ihren Traum vom Auslandstudium zu verwirklichen. Nach Abschluss ihres Studiums möchte die 25-Jährige in Neuseeland bleiben und ihren Mann sowie ihre eineinhalb Jahre alte Tochter nachholen:

„Ich will in erster Linie ins Ausland gehen, um meinem Kind eine Ausbildung im Ausland zu ermöglichen. Ich möchte den Weg für meine Tochter ebnen. Falls mein Auswanderungsplan scheiten sollte, werde ich ihn als Erfahrung abhaken."

Auch Huang Xiaoliang, eine Arbeitskollegin von Jin Qi, zieht es ins Ausland. Sie hat vor zehn Jahren in Großbritannien Jura studiert und fühlt sich seither vom westlichen Lebensstil angezogen:

„Die Mittelklasse verdient gut und führt ein angenehmes Leben. Dank dem intakten Sozialversicherungssystem ist der Druck im Alltag nicht so groß. Das flexible Ausbildungssystem erlaubt es den Kindern, mit weniger Konkurrenzdruck und in einer freieren Umgebung aufzuwachsen."

Huang Xiaoliang gehört in Beijing zu den Besserverdienern. Doch der physische und psychische Preis, den sie als Anwältin bezahlt, ist hoch. Überstunden sind in ihrem Job die Regel. Vom Leben im Ausland erhofft sie sich in erster Linie weniger Hektik und Stress im Alltag:

„Multinationale Unternehmen und ausländische Anwaltskanzleien haben im rasant wachsenden chinesischen Markt immer ambitionierte Expansionspläne. Daher ist die Arbeitsbelastung in der Regel größer und das Arbeitstempo intensiver als in ihren Ursprungsländern."

Gao Ning hat sich seinen Traum vom Ausland bereits erfüllt. Nach Ende seines Studiums im Jahr 2000 erhielt er die Zulassung von einer renommierten Universität in den USA:

„Während meines Studiums in den USA hatte ich die Möglichkeit, das soziale Leben kennenzulernen und daran teilzunehmen. Viele meiner chinesischen Freunde haben sich entschieden, dauerhaft in den USA zu bleiben und ihre Karriere dort zu beginnen, und sich gleichzeitig an den dortigen Lebensstil zu gewöhnen. Ich habe mich nach Abschluss meines Studiums für denselben Weg entschieden."

Gao Ning ist bei weitem nicht der Einzige. Seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik 1978 sind 1,6 Millionen Chinesen zum Studium ins Ausland gegangen – die meisten von ihnen in den Westen. Von diesen sind bis Ende 2009 nur 30 Prozent nach ihrem Studiumsabschluss nach China zurückgekehrt. Jene, die geblieben sind, begründen ihren Entscheid mit dem besseren Leben und den besseren Jobmöglichkeiten im Ausland.

Gao Ning bildet hierbei keine Ausnahme. Nach Abschluss seines Masterstudiums an der Purdue-Universität im Jahr 2003 hat er eine Stelle in einer IT-Firma in Chicago gefunden. Seit 2010 ist er Inhaber einer Green Card, die ihm den Aufenthalt in den USA massiv erleichtert. Ob und wann er in seine Heimat zurückkehren wird, weiß der junge Informatiker noch nicht:

„Nach China zurückzukehren ist eine attraktive Option. Man muss aber auch die Lebenskosten berücksichtigen. Uns geht es in den USA bereits sehr gut. Unser Vermögen und unser Wohlstand nehmen kontinuierlich zu. Ein Berufswechsel könnte das Ende für diese bereits stabile Lebensweise bedeuten. Extrem wichtig ist auch die Ausbildung der Kinder. Viele der ausgewanderten Chinesen geben ihre Rückkehrpläne auf, weil sie ihre Kinder nicht dem prüfungsorientierten Ausbildungssystem in China aussetzen wollen."

Ironie der Geschichte: während mehr und mehr wohlhabende und gebildete Chinesen ihre Heimat verlassen, zieht es umgekehrt immer mehr Sportstars nach China. So geht der amerikanische Basketballstar Stephon Marbury neuerdings in Beijing auf Korbjagd. Auch im Fußball folgen immer mehr Altstars dem Lockruf des Geldes aus dem Reich der Mitte. Das neueste Beispiel ist der ehemalige französische Nationalstürmer Nicolas Anelka, der sich seine Karriere in Shanghai vergolden lässt. Im Unterschied zu Jin Qi oder Huang Xiaoliang können sie China jedoch jederzeit wieder verlassen.

Übersetzt von Simon Gisler

Gesprochen von Chen Yan 

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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