Zhao Yingjie arbeitet im Café „Muming" in Beijing. Im Gegensatz zu Angestellten in anderen Cafés beginnt sein Arbeitstag jedoch nicht etwa mit dem Einschalten der Kaffeemaschine oder dem Bereitstellen der verschiedenen Snacks für die Gäste, sondern mit dem Füttern von Katzen. Die vier Katzen „Baozi", „Miaomiao", „Lenin" und „Mimi" sind die heimlichen Stars des kleinen Cafés „Muming". Viele Kunden kommen nur ihretwegen hierher.

Das „Muming"-Café liegt direkt gegenüber dem Yonghegong, dem Lama-Tempel, im Wudaoying-Hutong. Der Wudaoying-Hutong ist eine schmale Gasse, die bauliche Elemente aus dem alten China mit modernen westlichen Elementen vereint. Dieses außergewöhnliche Zusammenspiel zwischen alt und neu zieht immer auch viele Ausländer an.

Zhao Yingjie arbeitet noch nicht sehr lange im Café „Muming". Der junge Mann ist von Natur aus eher schüchtern. Wenn er über die Katzen gefragt wird, taut er aber jedes Mal auf:

„Unsere Stammkunden kommen fast jeden Tag hierher. Sie sind echte Katzen-Fans. Ein Mann, dessen Name ich nicht kenne, hat bei sich Zuhause mindestens zehn Katzen. Er kommt jedes Mal mit seinen Katzen hierher. Er war es auch, der dem Betreiber des Cafés die Katzen geschenkt hat. Seine Mutter und Tochter sind ebenfalls absolute Katzennarren."

Das „Muming"-Café wird von einem Ehepaar betrieben. Da die Frau ein riesiger Katzen-Fan ist, dreht sich im kleinen Café auch alles um die umgänglichen Tiere. Die ganze Innendekoration hat mit Katzen zu tun. Einzig der aromatische Duft von Kaffee in der Luft erinnert den Gast im „Muming" daran, dass er sich in einem Café befindet.

Es kam schon mehrmals vor, dass das Café Katzen geschenkt gekriegt hat. Selbst unter den Straßenkatzen scheint es sich bereits herumgesprochen zu haben, dass man als Katze im „Muming" willkommen ist. Bis jetzt hat sich das Besitzerpaar jedoch entschieden, die Zahl von vier Katzen beizubehalten.

Wie die meisten Stammkunden hat auch der Angestellte Zhao Yingjie inzwischen zu jeder Katze eine ganz persönliche Beziehung aufgebaut. Die von ihm als klügste eingestufte „Lenin" ist auch der Liebling der meisten Kunden:

„Als ich einmal nach Tibet ging, wurde „Lenin" ganz melancholisch. Sie lag jeden Tag nur noch herum und fraß nur noch ganz wenig."

Jede Katze im „Muming" hat ihren ganz eigenen Charakter und ihre eigene Geschichte. Die „Baozi" wurde von der Besitzerin des Cafés auf der Straße gefunden. Sie hat daher ein ganz besonders inniges Verhältnis zu ihrem Frauchen. Als die Besitzerin des „Muming" einst auf Geschäftsreise ging, verschwand auch „Baozi". Erst als ihr Frauchen zwei Tage später wieder im Café auftauchte, ließ sich auch „Baozi" wieder im Café zeigen.

Die „Baozi" hat die wohl ausgeprägtesten Gefühle unter den vier Katzen im „Muming". Noch heute streicht sie oft ganz melancholisch um das Bild herum, das sie mit ihrer schwarz-weißen Freundin zeigt, die an einer schweren Krankheit gestorben ist.

Am meisten mag Zhao Yingjie die Katze „Miaomiao", deren Lieblingsbeschäftigung das Fressen ist. Nicht einmal Blumen und Gras sind vor ihr sicher. Die gutmütige „Mimi" ist vor allem bei den jüngeren weiblichen Gästen wie Chen Pei beliebt:

„Ich habe sie sehr gern. Ich bin zum ersten Mal hier im Café. Ich bin nur hier hereingekommen, weil ich sie am Fenster schlafen gesehen habe."

Im „Muming" sollen sich alle Gäste so richtig wohl fühlen. Nicht wenige von ihnen kommen aus anderen Teilen Chinas oder gar aus dem Ausland. Es ist schon vorgekommen, dass Gäste den vier „Muming"-Katzen aus ihrer Heimat Briefe geschickt haben, weil sie sie so sehr vermisst haben.

Die vier tierischen Adressaten haben ihre Fanpost bisher eher gleichgültig zur Kenntnis genommen. Sie hätten zweifellos viel lieber, wenn der Postbote mit einem saftigen Wursträdchen im Gepäck im „Muming" Halt machen würde.