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Der Holocaust in der Wahrnehmung der Chinesen
  2011-12-13 10:17:24  cri
     

Der Begriff Holocaust referiert auf die Ermordung von 5,6 bis 6,3 Millionen europäische Juden durch das nationalsozialistische Regime. Dieser Genozid hatte die vollständige Vernichtung aller europäischer Juden zum Ziel und gründete auf einem staatlich propagierten Antisemitismus. Das Massaker von Nanjing zählt zu den größten japanischen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg in Asien. In der damaligen chinesischen Hauptstadt Nanjing wurden mindestens 200.000 Zivilisten und Kriegsgefangene ermordet und etwa 20.000 Mädchen und Frauen vergewaltigt. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der chinesischen Wahrnehmung des Holocausts und die Sicht der deutschen Bevölkerung auf dieses dunkle Kapitel ihrer Geschichte.

Spätestens seit 1942 hatten immer größere Teile der deutschen und internationalen Öffentlichkeit Kenntnis von einer systematischen Vernichtung der europäischen Juden gewonnen. Aber inwiefern wissen Chinesen um den Holocaust, und wie bewerten sie die Selbstreflexion Deutschlands hinsichtlich seiner historischen Verantwortung? Gerade im Zusammenhang mit der Rolle Japans während des Zweiten Weltkrieges sind diese Fragen in China von größtem Interesse.

Zheng Jianan arbeitet als Arzt im Krankenhaus Jishuitan im Westen Beijings und teilt uns mit:

„Vom Holocaust habe ich schon gehört. Außerdem erinnere ich mich, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg die Schuld für die Taten der Nationalsozialisten akzeptiert hat. Das finde ich nicht schlecht."

Wang Haiyang stammt aus der ostchinesischen Provinz Jiangsu und ist 20 Jahre alt. Vom Holocaust weiß er kaum etwas.

„Ehrlich gesagt weiß ich kaum etwas über diesen Abschnitt der Geschichte. Ich habe irgendwann im Unterricht etwas darüber gelernt, dass Hitler während des Krieges viele Juden umbringen ließ."

Professor Ma Jun von der Chinesischen Universität für Landesverteidigung ist zugleich stellvertretender Leiter des Forschungsinstitutes für den Zweiten Weltkrieg. Er umreißt den Hintergrund des Holocausts.

„Am 20. Januar 1942 kamen auf der Wannseekonferenz 15 hochrangige Vertreter der nationalsozialistischen Reichsbehörden und der Parteidienststellen zusammen. Unter Vorsitz des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich wurde der begonnene Völkermord an den Juden bis ins Detail geplant und die Zusammenarbeit aller Instanzen sichergestellt."

Ferner stellt Professor Ma die zentralen Orte des Holocausts vor.

„Die Lager ließen sich in drei Kategorien unterteilen. Als erstes gab es die Sammellager, die oft jüdische Wohnbezirke oder Ghettos waren. Weiterhin gab es noch die Vernichtungslager und schließlich Arbeitslager und Fabriken, in denen Häftlinge zur Arbeit gezwungen wurden."

Im Umgang mit der eigenen Verantwortung bestehen zwischen Japan und Deutschland enorme Unterschiede – ein Umstand, den viele Chinesen mit großem Interesse bemerken. Auch Zheng Jianan teilt dieses Interesse.

„Wie wir wissen, hat sich Japan bis heute weder für seine Taten entschuldigt, noch die Verantwortung für die historischen Tatsachen übernommen. Es gibt dort immer noch einige Leute, die das Massaker von Nanjing leugnen wollen und weltweit anerkannte historische Tatsachen negieren. Zusätzlich haben einige japanische Politiker versucht, die jüngeren Generationen durch Änderungen der Geschichtsbücher gezielt fehlzuleiten. Das hat mich ziemlich enttäuscht."

In diesem Punkt stimmt Herr Wang Haiyang mit Herrn Zheng überein.

„Soweit ich weiß, hat Deutschland eine deutlich selbstkritischere Haltung eingenommen als Japan. Einige japanische Spitzenpolitiker besuchen bis heute den Yasukuni-Schrein, in dem zahlreiche Kriegsverbrecher beigesetzt sind. Im Kontrast hierzu hat Deutschland nach dem Krieg alle Nachbarländer sowie das jüdische Volk um Verzeihung gebeten. Das ist ein deutlich positiveres Verhalten als in Japan."

Doch warum verlief die Nachkriegsgeschichte in Japan und Deutschland so unterschiedlich? Diese Frage will Jing Dexiang vom Institut für Weltgeschichte an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften folgendermaßen zusammenfassen:

„Erstens hat Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwei Kriege verloren. Deutschland war nach dem Zweiten Weltkrieg erneut unterlegen, die Bevölkerung war sehr betroffen. Für Japan war die Kapitulation im Jahre 1945 die erste Niederlage. Viele Leute können das bis heute nicht akzeptieren und die japanische Schuld anerkennen. Zudem liegt Deutschland im Zentrum Europas. Hitler hatte alle Nachbarländer angegriffen. Ohne eine Selbstreflexion wäre der Druck von außen auf Deutschland zu groß. Japan dagegen ist ein Inselstaat, es fiel Japan erheblich leichter, die Kritik anderer Länder zu ignorieren. Drittens ist die Linke in Deutschland stärker als in Japan. All diese Faktoren führten dazu, dass Deutschland seine Verbrechen akzeptierte und Japan nicht."

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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