Wir über uns Kontakt Jobs Fragen? Archiv
Menschen auf Ostkurs – 10 Fragen an Marco Stampfli aus der Schweiz
  2011-12-07 17:29:09  cri

 

Leben und arbeiten in China: Erleben Sie die Volksrepublik durch ihre ausländischen Bewohner. Heute haben wir zehn Fragen an Marco Stampfli. Der 34-jährige Schweizer ist Executive Director der Nehring & Battaglia GmbH, einem deutsch-schweizerischen Unternehmen, das in der Lebensmittelbranche tätig ist. Stampfli lebt mit seiner Familie seit Januar 2009 in der südostchinesischen Küstenstadt Xiamen.

Wo kommen Sie ursprünglich her und wie und wann sind Sie auf China gekommen?

Aufgewachsen bin ich im Kanton Uri in der Zentralschweiz. Nach meiner Jugendzeit bin ich dann nach Zürich gezogen und habe dort Lebensmittelwissenschaften studiert. Und nach einer ersten Stelle in der Schweiz war ich dann für zwei Jahre in Rumänien tätig. Ich lebe und arbeite seit Januar 2009 in Xiamen. Xiamen ist eine wunderschöne Küstenstadt in der Fujian-Provinz in Südostchina. Der Job ist auch der Grund, wieso ich hier bin.

China – das Reich der Mitte: Was hat das damals für Sie bedeutet, bevor Sie hier ankamen?

China war für mich eine große Unbekannte, welche ich mehrheitlich nur in den Medien wahrgenommen und verfolgt habe. China hat auf mich jedoch schon immer einen Reiz ausgeübt, denn das Wirtschaftswachstum und die Dynamik waren – und sind – sehr eindrücklich.

Erster Tag im neuen Land, können Sie sich noch an Ihre ersten Eindrücke erinnern? Wie war das?

Vor der Vertragsunterzeichnung hat mich mein Arbeitgeber für fünf Tage nach Xiamen eingeladen, sodass meine Freundin – jetzt Frau – und ich uns ein Bild vor Ort machen konnten. Wir haben am 8. Oktober 2008 das erste Mal chinesischen Boden betreten und ich kann mich noch sehr gut erinnern: es war sommerlich warm und wir wurden von unserer Kontaktperson, Herrn Gao, am Flughafen in Xiamen abgeholt. Uns war sofort klar, dass wir uns hier sehr wohl fühlen würden. Die Eindrücke waren überwältigend. Alles war ungewohnt, aber positiv.

Was genau machen Sie hier?

Ich arbeite hier als Executive Director für ein deutsch-schweizerisches Unternehmen. Wir bieten verschiedene Dienstleistungen im Bereich Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität an. Unsere Kundschaft ist zu 95 Prozent europäisch. Wir arbeiten zusammen mit Detailhändlern, Produzenten und Importeuren, welche Lebensmittel – zum Beispiel Konserven – in China einkaufen und nach Europa verschiffen.

Wie unterscheidet sich ein ganz normaler Arbeitstag in Xiamen von einem Arbeitstag in der Schweiz?

In meinem Fall ist die Zeitverschiebung zwischen China und Europa ein wichtiger Faktor: am Morgen in China – wenn Europa noch schläft – hat man Zeit, seine Pendenzen abzuarbeiten. Und während des Nachmittags kommen dann neue Aufträge und Pendenzen aus der Schweiz rein – oder aus Europa. Außerdem ist die Arbeit in China weniger sitzungsintensiv und Entscheidungen werden schneller gefällt.

Was ist Ihrer Meinung nach „typisch" für Xiamen beziehungsweise „typisch" chinesisch?

Da gäbe es natürlich eine Vielzahl von Besonderheiten aufzuzählen. Einige Beispiele: für uns ungewohnt ist mit Sicherheit, dass die Chinesen in Schlafanzügen und Pyjamas auf der Straße rumlaufen. Trinkgelder kennen die Chinesen nicht und werden abgelehnt. Es kann gut sein, dass wenn man Geld auf dem Tisch liegen lässt, dass der Kellner einem hinterher rennt und das Geld bringt. Chinesen trinken zum Beispiel heißes Wasser. Kaltes Wasser wird eher als ungesund eingestuft. Und chinesische Kleinkinder tragen keine Windeln – oder fast keine Windeln. Aber dafür Schlitzhosen. Das heißt, zwischen den Beinen ist ein Schlitz angebracht und das Kleinkind reagiert auf ein Zeichen der Betreuungsperson, zum Beispiel der Großmutter, und uriniert dann nach diesem Zeichen. Und das ist doch sehr ungewöhnlich, wenn das auf der Straße oder im Supermarkt zwischen den Lebensmittelgestellen passiert.

Welche Eigenschaft der Chinesen (oder einfach der Menschen hier), welche Gewohnheit würden Sie gern in Ihrer Heimat übernehmen?

Die Chinesen sind sehr neugierig und interessiert. Sie suchen das Gespräch und wenden dann ihre drei Sätze Englisch an. Man muss beachten, dass China einen sehr, sehr tiefen Ausländeranteil aufweist. In China leben auf zehntausend chinesische Einwohner rund drei Ausländer. In der Schweiz sind es zum Vergleich rund zweitausend Ausländer – also etwa zwanzig Prozent.

Und womit kommen Sie überhaupt nicht zurecht?

Der Straßenverkehr in Xiamen hat innerhalb der letzten drei Jahre drastisch zugenommen und auf diesen Verkehr und die chinesische Fahrweise kann ich gerne verzichten. Eher mühsam ist es auch, wenn man immer und überall fotografiert wird. Unsere kleine Tochter hat blondes und gewelltes Haar und ist dementsprechend eine große Attraktion.

Auf welche Weise hat Sie das Leben hier in dieser Stadt, in China verändert, beeinflusst, was bedeutet China heute für Sie?

China wird immer ein wichtiger Bestandteil für mich bleiben. Die Zeit in China hat mir ermöglicht, die Schweiz als Heimatland auch einmal von einer Außenperspektive, mit einem Blick von außen zu sehen. Der Aufenthalt ermöglicht mir ein interkulturelles Verständnis gegenüber den Chinesen.

Und, wie lange wollen Sie bleiben? Schon Rückflugticket gebucht?

Mein befristeter Dreijahresarbeitsvertrag läuft am Ende dieses Jahres aus und ich kehre mit meiner Familie am 16. Dezember wieder in die Schweiz zurück. Wir werden die Zeit in China immer in bester Erinnerung behalten. Wir konnten viele Eindrücke sammeln und Freunde kennenlernen. Es war ein guter Entscheid, nach China zu kommen. Aber wir freuen uns jetzt auch wieder auf die Schweiz.

Protokoll: Simon Gisler

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
Meistgelesene Artikel
• Keine Lebenszeichen vom gesunkenen indischen U-Boot
• Snowdens Vater erhält Visum für Russland
• Getötete Chinesen: Afghanistan bekundet Beileid
• Vermittlungsversuche in Ägypten gescheitert
• Gipfel abgesagt: Russland enttäuscht von USA
Fotos
Luxusausstellung 2013 in Beijing eröffnet
Fotoausstellung „Chinesischer Traum - Schönes China" in Brüssel
Wiederaufbau neuer Wohnhäuser nach Erdbeben in Min
Lujiagou: Ein neues Wohngebiet mit günstigen Lebens- und Verkehrsbedingungen
© China Radio International.CRI. All Rights Reserved.
16A Shijingshan Road, Beijing, China