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China und der Traum von einer bürgerfreundlichen Verwaltung
  2011-10-20 14:44:43  cri
 

Eine transparente Verwaltung, deren Mitarbeiter sich zu jeder Zeit in die Karten schauen lassen und die alle Materialien und Dokumente zugänglich macht? Im ersten Moment mag das nach einer anderen Welt klingen. Doch seit einigen Jahren experimentiert man auch in China mit verschiedenen Konzepten, die eine ebensolche Administration möglich machen sollen. Im Vordergrund stehen dabei Bemühungen um einen effektiveren Austausch zwischen Bürgern und Beamten sowie ein besseres Verständnis für die Arbeitsweisen der Bürokratie. Im Südosten Chinas haben sich vor allem Dienstleistungszentren des öffentlichen Dienstes bewährt. In diesen Zentren finden sich Ansprechpartner verschiedenster Behörden und Abteilungen, sodass Hilfesuchende schnellstmöglich und unkompliziert die benötigte Auskunft erhalten können. So führte man für die Dienstleistungsplattform in Hangzhou den Bürgerservice, die Stadtverwaltung und die zuständigen Behörden für Handel und Finanzwesen zusammen. Von Meldebescheinigungen und Steuerfragen über Brandschutzbestimmungen bis hin zu Ausschreibungen für öffentliche Bauvorhaben lässt sich hier alles erfragen und einsehen. Darüber hinaus bietet die Plattform einen besonderen Dienst an – ein Diskussionsforum im Internet. Zhu Yongping, Generaldirektor des Dienstleistungszentrums, erklärt, worum genau es sich hierbei handelt.

„Das Onlineforum Hangzhou ist eine Plattform für alle Bürger der Stadt, auf der sie ihre Ansichten zu öffentlichen Entscheidungen äußern oder in den Dialog mit Regierungsbeamten treten können. Offiziell ging sie am 30. Dezember 2009 online."

Streng genommen handelt es sich bei dem Diskussionsforum um eine interaktive Talkshow: Während mehrere Experten und Beamte in einem eigens hierfür eingerichteten Studio vor laufenden Kameras diskutieren, können Internetnutzer sich mit Fragen und Anregungen in die Live-Übertragung einbringen. Gegenstand der Foren sind zumeist Themen, die in der Öffentlichkeit großen Widerhall finden. Je nach Bedarf werden monatlich drei bis vier dieser Onlinedebatten veranstaltet. Der Leiter des Forums, Shen Jie, sagt hierzu:

„Unser Onlineforum Hangzhou organisiert häufig Diskussionsrunden zu Brennpunkten oder Themen, die der Bevölkerung nahe gehen. Gerade heute findet eine Diskussion darüber statt, wie wir den Westsee nach seiner Bewerbung um die Eintragung als Weltkulturerbe noch besser schützen können."

Einen anderen Ansatz verfolgt die Stadt Ningbo mit ihrem Dienstleistungszentrum. Hier liegt der Schwerpunkt auf einer Bürgerhotline, der 81890. Die Nummer ist nicht zufällig gewählt – im örtlichen Dialekt ausgesprochen, ähnelt sie dem Klang eines Satzes, der so viel bedeutet wie „Einmal durchgewählt, und schon weiß man Bescheid". Das Themenspektrum ist dabei noch weiter gefasst als in Hangzhou und erstreckt sich auch auf kleinste Probleme und Anfragen. Selbst bei Zweifeln an der Korrektheit der vierteljährlichen Stromabrechnung können die Bürger zum Telefonhörer greifen – und die Bewohner Ningbos machen regen Gebrauch von dieser Möglichkeit. Im Schnitt bewältigen die etwa 40 Mitarbeiter 3.000 Anfragen pro Tag. Um dennoch den bestmöglichen Service anbieten zu können, hat man sich für einen ungewöhnlichen, wohl aber innovativen Schritt entschieden: Sollten Mitarbeiter aufgrund der häufigen Anrufe Symptome von Stress oder Aggression zeigen, so ist es ihnen erlaubt, sich in spezielle Räumlichkeiten zurückzuziehen. Mehr zu diesen geheimnisvollen Orten erklärt der für das Programm zuständige Wu Daoling.

„In einer angespannten Situation können die Angestellten in eine spezielle Zone zum Abreagieren gehen. Dort können sie ihre negativen Gefühle ausleben, herumschreien oder auch ihre Vorgesetzten beleidigen."

In Shaoxing in der Provinz Zhejiang wiederum setzt man auf mehr bürgerliche Eigeninitiative und konzentriert sich darauf, so transparent wie möglich zu arbeiten. Zu diesem Zweck wurden in allen umliegenden Dörfern und Kreisen Touchscreencomputer aufgestellt. Mithilfe dieser Geräte können interessierte Anwohner buchstäblich jede beliebige Information abrufen, die im Zusammenhang mit den lokalen Behörden steht. Ähnliche Maßnahmen finden sich auch in unzähligen anderen Städten Chinas, wobei es oftmals nur Details sind, die den Unterschied ausmachen. Bedeutend ist jedoch, dass Projekte für eine transparente und bürgerfreundliche Verwaltung auf lokaler und regionaler Ebene flächendeckend umgesetzt werden. Das große Interesse und die Partizipation der Bevölkerung beweist dabei deutlich genug, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Übersetzt und gesprochen von Lucas Göpfert 

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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