Wir über uns Kontakt Jobs Fragen? Archiv
Kleines Gebäude, große Wirkung - Das Haus der roten Pioniere
  2011-09-29 20:43:38  cri

Im 1918 fertig gestellten „Honglou" oder „Roten Gebäude" war bis zur Besetzung durch die Japaner die Bibliothek der Peking-Universität untergebracht. Allerdings bezieht sich die Farbe Rot weniger auf die rote Außenwand der von einem Belgier entworfenen Bibliothek, als vielmehr auf ihre Rolle in der Geschichte der chinesischen Revolution.

Eine eigentliche Blütezeit erlebte das „Honglou" unter der Leitung von Li Dazhao, der die Rolle von Bibliotheken in China neu definierte. Ursprünglich dienten Bibliotheken in China zur Lagerung von privaten Buchbeständen. Während seiner Blütezeit waren 21 Räume des „Roten Gebäudes" mit privaten Buchsammlungen gefüllt. Erst unter der Führung von Li Dazhao wurden diese Privatbestände öffentlich zugänglich gemacht. Li Dazhao führte nicht nur ein Ausleihsystem für Bücher nach europäischem Vorbild ein, sondern er kaufte mit einem Teil des Jahresbudgets, das ihm zur Verfügung stand, auch gleich noch neue Bücher.

Unter seiner Federführung wurde jedes Buch im „Roten Gebäude" mit einer Nummer gekennzeichnet und mit einer Registerkarte ausgestattet. „Für die Studierenden und Lehrer der Peking-Universität war nun plötzlich ein breites Spektrum an Büchern zugänglich", erklärt Guo Junying, der Direktor der Beijinger Gedenkstätte für die Neue-Kultur-Bewegung. „Li Dazhao wird in China als Gründervater der modernen Bibliothek betrachtet", so Guo.

Li Dazhao war aber auch einer der ersten Befürworter des Marxismus in China. In seinem Büro im Ostflügel des „Roten Gebäudes" schrieb er viele seiner bekanntesten Artikel, darunter auch „Der Sieg des Bolschewismus". Der Konferenzraum in seiner Bibliothek war einer der frühesten Treffpunkte für die kommunistischen Organisationen in China. Beide Räume, sowohl das Büro von Li Dazhao als auch der Konferenzraum, wurden originalgetreu nachgebildet, und können heute besichtigt werden.

„Im Jahr 1920 hat die Komintern ihren ersten Abgeordneten nach China geschickt", erklärt Guo. „Dieser Komintern-Delegierte hat Li Dazhao in Beijing getroffen. Li Dazhao hat ihn dann in Shanghai Chen Duxiu vorgestellt. Chinas erste kommunistische Gruppierung entstand im August 1920 in Shanghai. Zwei Monate später wurde im Konferenzraum von Li Dazhao schließlich Beijings erste kommunistische Gruppierung gegründet."

Die Bibliothek wurde von Li Dazhao geführt. Einem seiner Assistenten war es jedoch drei Jahrzehnte später vorbehalten, die Gründung der Volksrepublik auszurufen. Mao Zedong arbeitete im Jahr 1918 für einen Monatslohn von lediglich acht Yuan in der Bibliothek von Li Dazhao. Mao war nach Beijing gekommen, um anderen Studierenden aus seiner Heimatprovinz Hunan zu helfen, einen Studienplatz im Ausland zu finden.

Mit seinem kümmerlichen Lohn konnte Mao kaum seine Unterkunft bezahlen. Seine Zeit im „Roten Gebäude" unter den Fittichen von Li Dazhao erwies sich jedoch als mitentscheidend für die Entstehung seiner Weltanschauung. Mao lebte in dieser schwierigen Zeit bei seinem ersten Mentor und Schwiegervater, Yang Changji. In seiner Freizeit verschlang er nicht nur unzählige Bücher aus den Beständen der Bibliothek, sondern er verfolgte auch leidenschaftlich gerne die Diskussionen der jungen Intellektuellen der Peking-Universität. „In einem Gespräch mit Edgar Snow sagte Mao später einmal, dass er in Beijing zum ersten Mal vom Marxismus erfuhr, den Marxismus annahm und letztendlich zu einem Marxisten wurde", erklärt Guo Junying, der Direktor der Beijinger Gedenkstätte für die Neue-Kultur-Bewegung.

Lu Xun, ein wichtiger linker Schriftsteller, hatte während seiner Zeit als Gastdozent ebenfalls einen Kurzauftritt im „Honglou". Der gebürtige Shaoxinger referierte über die chinesische Literatur. Er war bei seinen Studierenden so beliebt, dass ihm die Peking-Universität bald eine Teilzeitstelle anbot.

Zu dieser Zeit gab es an der altehrwürdigen Universität eine Vielzahl verschiedener Denkrichtungen. Überall auf dem Campus wurde hitzig debattiert. Den Studierenden war es damals erlaubt, ihre Kurse nach ihren eigenen Interessen auszuwählen. Chinesische Literatur war anfänglich alles andere als beliebt. Nur wenige Studenten besuchten die Vorlesung von Lu Xun. Schon bald aber war der Hörsaal voll, wenn Lu Xun das Rednerpult betrat. Die Studierenden lauschten dem begnadeten Schriftsteller sogar vom Gang aus. Ein Ausstellungsraum im „Roten Gebäude" ist Lu Xuns erfolgreicher Zeit als Dozent an der Peking-Universität gewidmet.

Chen Duxiu, ein anderer bekannter Vertreter aus dem linken Lager, ist in der Ausstellung im „Honglou" ebenfalls prominent vertreten. Chen gründete im Jahr 1915 in Shanghai das Magazin „Neue Jugend". Nach seiner Ernennung zum Dekan für Geisteswissenschaften an der Peking-Universität verlegte Chen sein Büro nach Beijing. Von nun an entstand sein Magazin, das sehr schnell zu einem der wichtigsten Zeitschriften unter den jungen chinesischen Intellektuellen avancierte, in seinem Hutong. Durch die Mitarbeit von Li Dazhao, Hu Shi, und Lu Xun wurde die „Neue Jugend" in Beijing noch populärer.

Nachdem es der damaligen chinesischen Regierung nicht gelungen war, an der Friedenskonferenz in Paris die Interessen Chinas zu schützen, und der deutsche Einflussbereich in Shandong an die Japaner abgetreten wurde, kam es an der Peking-Universität zu Protesten. Am Abend des 3. Mai 1919 versammelten sich Studierende aus 13 Universitäten im „Roten Gebäude". Mit den dort angefertigten weißen Spruchbändern zogen sie am Tag danach auf den Tiananmen, um gegen die Entscheide der Pariser Konferenz zu protestieren. Ein Ausstellungsraum im „Honglou" nimmt auf diese Studentenproteste vom 4. Mai Bezug.

Obwohl er selbst nicht an den Protesten teilnahm, wurde Chen Duxiu rasch zur Ikone der Bewegung vom 4. Mai 1919. „Chen Duxiu hat die Bewegung nicht direkt angeführt, obwohl Mao Zedong ihn später als Anführer der Bewegung gewürdigt hat", sagt Guo. „Wir schreiben Chen Duxiu diese Rolle zu, weil er mit seinem Magazin „Neue Jugend" großen Einfluss auf die Jungen von damals ausgeübt hat."

Nach der Besetzung Beijings durch die Japaner im Jahr 1937 wurde im „Roten Gebäude" ironischerweise das Büro des Kommandanten der Militärpolizei untergebracht, und Kommunisten und Revolutionäre im Keller eingesperrt. Die namhaften Beijinger Universitäten verlagerten ihren Betrieb nach dem Einmarsch der Japaner allesamt vorübergehend nach Kunming in die Provinz Yunnan.

Nach der Gründung der Volksrepublik wurde die Peking-Universität an ihrem heutigen Ort im Stadtteil Haidian neu errichtet. Bis zu seiner Schließung im Jahr 2001 beherbergte das „Rote Gebäude" eine ganze Reihe unterschiedlicher Regierungsbehörden. Ein Jahr später wurde es als Museum und Stätte zum Gedenken an die Neue-Kultur-Bewegung wiedereröffnet. Seither steht es als Zeuge von Beijings „roter" Vergangenheit auf dem Campus der Peking-Universität.

Die Exponate im „Honglou" werden in chinesischer und englischer Sprache erläutert. Der Eintritt ist kostenlos.

Übersetzt von Zheng An

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
Meistgelesene Artikel
• Keine Lebenszeichen vom gesunkenen indischen U-Boot
• Snowdens Vater erhält Visum für Russland
• Getötete Chinesen: Afghanistan bekundet Beileid
• Vermittlungsversuche in Ägypten gescheitert
• Gipfel abgesagt: Russland enttäuscht von USA
Fotos
Luxusausstellung 2013 in Beijing eröffnet
Fotoausstellung „Chinesischer Traum - Schönes China" in Brüssel
Wiederaufbau neuer Wohnhäuser nach Erdbeben in Min
Lujiagou: Ein neues Wohngebiet mit günstigen Lebens- und Verkehrsbedingungen
© China Radio International.CRI. All Rights Reserved.
16A Shijingshan Road, Beijing, China