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Bewohnte Kunst - Die Architektur der Dörfer Hongcun und Xidi
  2011-09-03 15:49:34  cri

In Hongcun haben sich knapp 140 Landhäuser aus der Zeit der Ming- und Qing-Dynastien erhalten. Gegenwärtig leben hier 1.300 Menschen. Steht man vor dem Eingang des Dorfes, fällt ein kleiner See namens Nanhu auf, dessen glatte Wasseroberfläche einem Spiegel ähnelt. Ursprünglich hatte man den See als Reservoir für Löschwasser angelegt. Dies ist eines der vielen Beispiele für die durchdachte Planung des Dorfes, die dem Element des Wassers einen großen Stellenwert einräumt. Alle Gebäude in Hongcun sind perfekt auf die angrenzenden Wasserstraßen ausgerichtet. Die Reiseleiterin Zheng Fangfang erläutert hierzu:

„Während der Ming-Dynastie erlebte die Kaufmannsfamilie Wang aus Huizhou eine Zeit größter Prosperität. Daraufhin begannen sie damit, sich eine neue Heimat zu entwerfen. Blickt man von den umliegenden Bergen auf das Dorf herab, so ähnelt es in seiner Form einem Rind. Die Wasserstraßen zum Beispiel wurden nach dem Vorbild des Verdauungssystems eines Rindes angelegt."

In diese Zeit fiel auch die Schaffung des Nanhu-Sees als Mittel zur Brandbekämpfung. Die damaligen Planer hatten wohl eher nicht damit gerechnet, dass der See einst Teil einer malerischen Landschaft sein würde, mitsamt der sich im Wasser spiegelnden Häuser und den Weidenbäumen, die das Ufer des Sees säumen.

Innerhalb des Dorfes ist noch ein weiterer künstlicher See anzutreffen, ein kleiner Tümpel mit dem Namen „Magen des Rindes". Hier zeigt sich, dass alle Wasserstraßen und –speicher nach den ihrer Position entsprechenden Körperteilen eines Rindes benannt wurden. Der klare Bergbach etwa, der sich durch die Bergtäler und das Dorf schlängelt, ist folgerichtig der „Rinderdarm". Am Ende dieser gewundenen Reise wird sein Wasser im „Rindermagen" gesammelt. Von hier aus wird es durch ein Kanalsystem in den Nanhu-See geleitet, von wo es erneut einen Kreislauf durch das Dorf beginnt. Ein derart ausgeklügeltes System von Wasserstraßen ist in China nur sehr selten anzutreffen. Auch Herr Yang aus Hangzhou ist vom Aufbau und dem Schutz der Kanäle Hongcuns zutiefst beeindruckt.

„Schon vor 800 Jahren gab es hier Teiche, in denen das Wasser gefiltert wurde. Außerdem haben die Anwohner von Hongcun schon früh Regeln zum Schutz ihrer Wasserreserven entworfen. So durfte man etwa erst nach acht Uhr Wäsche in den Teichen waschen, um eine permanente Verschmutzung des Wassers zu verhindern. Das ist schon sehr beeindruckend. Allein dafür lohnt sich diese Reise schon."

Nicht weit entfernt von Hongcun liegt ein weiteres bemerkenswertes Dorf mit dem Namen Xidi. Ebenso wie Hongcun wurde Xidi im Jahr 2000 in die UNESCO-Liste des Welterbes aufgenommen. Typisch für die Architektur des Dorfes sind die Innenhöfe, die ungewöhnlich hohen Mauern sowie die kunstvollen Schnitzereien. Lohnenswert ist der Besuch des Gästehauses Qingyunge. Tritt man in den 200 Jahre alten Bau ein, fällt der Blick des Betrachters sofort auf eine lichtdurchflutete Halle, in deren Mitte sich ein Innenhof öffnet. Herr Zhu Zirong ist Experte für die Erforschung von Landhäusern im Hui-Stil und kann uns Näheres über die Funktion des Innenhofes erläutern.

„In der Vergangenheit spielte das Fengshui, die Geomantik, eine große Rolle. Als wichtigste Funktion des Innenhofes wäre die Garantie von Reichtum zu nennen. Nach den Vorstellungen des Fengshui betrachtete man Regen als Symbol für Gold oder Vermögen. Also legte man auf den Dächern kleine Kanäle an und führte das Regenwasser in das Innere des Hauses. Übertragen bedeutete dies, Reichtum ins Haus zu bringen."

Die Kaufleute von Huizhou, woher auch die Familie Wang stammte, erfreuten sich in der chinesischen Geschichte großer Berühmtheit. Schon im Alter von 14 bis 15 Jahren brachen die Jungen auf, um in anderen Regionen Chinas Geld zu verdienen. Später kehrten sie in ihre Heimat zurück, um Häuser zu bauen und ihren Vorfahren und Ahnen höchste Ehren zu erweisen. Die Frauen blieben derweil im Haus und umsorgten die Alten und Kinder. Aus Sicherheitsgründen verfügen die Gebäude dieser Region über wenige Fenster, zudem sind die Wände verhältnismäßig hoch. Der Mangel an Fenstern lässt eine weitere Funktion des Innenhofs deutlich werden: Durch ihn gelangte Tageslicht in das Innere des sonst dunklen Hauses.

Ein weiteres Charakteristikum der Gebäude dieser Region sind die kunstvollen Schnitzereien. Im chinesischen Kaiserreich unterlag die Nutzung von Farben genauen Vorschriften, die Landhäuser waren daher zumeist von naturbelassenen Steinen, Ziegeln und Holzbalken dominiert. Die Kaufmänner von Huizhou waren zu Reichtum und Einfluss gekommen und suchten nach Möglichkeiten der Prachtentfaltung. Da die Verwendung von Farben streng kontrolliert wurde, fiel die Wahl auf unkolorierte Holz- und Steinschnitzereien, die bis heute zu bewundern sind. In diesen großen und kleinen Kunstwerken kommen nicht nur die Hoffnungen und Wünsche der Hausbewohner zum Ausdruck, sondern auch zahlreiche Aspekte der lokalen Kultur.

Übersetzt von Zheng An

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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