Sollten Sie nach Peking reisen und am frühen Morgen durch einen der unzähligen Parks spazieren, werden Sie mit Sicherheit auf einige Rentner treffen, die mit instrumentaler Begleitung laut Stücke aus der Peking-Oper schmettern oder einfach nur zufrieden vor sich hin summen. Zu den beliebtesten Arien, gehören die des Meisters Ma Lianliang. Sie sind vor allem wegen ihrer leicht verständlichen Umgangssprache, ihres relativ schnellen Tempos und ihres Humors sehr beliebt.
Der 23-jährige Mu Yu, der jüngste Eleve der Ma-Lianliang-Schule, gibt uns ein Beispiel.
„In einem Stück namens „Die vier Prüflinge" führt ein Ehepaar einen Dialog. Darin ermuntert die Frau ihren Mann auf eine sehr verblüffende Art und Weise dazu, das Leben eines anderen zu retten. Sie weiß um das alte Sprichwort „Indem man das Leben eines anderen rettet, verlängert man sein eigenes um zusätzliche 10 Jahre". Trotzdem nutzt sie absichtlich das Wort „verkürzen" statt „verlängern", was ihr Ehemann sofort korrigiert. Auf dieser Weise stellt die Frau sicher, dass ihr Mann das Richtige tut und das Leben des anderen rettet. Der Dialog ist so weise und lebendig, dass Zuschauer in ganz China das Stück heiß und innig lieben."
Ma Lianliang war im 20. Jahrhundert einer der vier berühmtesten männlichen Darsteller der Peking-Oper. Und darüber hinaus ein Vorkämpfer dafür, die traditionelle Kunstform zu modernisieren und zugänglicher zu präsentieren. In den Augen vieler Menschen war Ma jedoch nicht nur ein erfolgreicher Opernsänger, sondern auch ein Modedesigner und Filmstar.
„Auf der Bühne der alten Peking-Oper trugen die Darsteller nur gelb, grün, rot, schwarz und weiß – Farben mit großem Kontrast. Aber Meister Ma überlegte, ob man nicht auch andere Farben benutzen könnte, wie braun, dunkelblau oder olivgrün, um den visuellen Effekt zu verstärken. Dieser Gedanke ist auch heute noch sehr modern, sogar auf den Laufstegen."
Ma Lianliang hat nicht nur selbst Kostüme entworfen, sondern er behandelte sie auch auf eine sehr respektvolle Art. Als Hui-Chinese folgte er streng der Tradition seiner Volksgruppe und hielt während und nach der Aufführung alles sauber: den Kragen, die Ärmel und die Schuhe. Bei den Darstellern der Peking-Oper ist das sonst eher unüblich. Seine Schüler jedoch haben diese Gewohnheit im Laufe der Jahre übernommen. Daher sind auch heute noch viele von Mas Kostümen im Einsatz.
Früher, als Schallplatten noch nicht so verbreitet waren, führte Ma Lianliang ein, dass die Tonaufnahmen eines neuen Theaterstücks auf Vinyl gepresst wurden. Bei seinen Live-Auftritten war das Publikum daher schon sehr vertraut mit den Arien, die er vortrug.
„In letzter Zeit spricht man in China sehr viel über die Geschichte „Das Waisenkind der Familie Zhao", da vor kurzem ein Film darüber herausgekommen ist. Wenige wissen jedoch, dass Meister Ma diese Geschichte schon vor mehreren Jahrzehnten als Peking-Oper aufgeführt hat. Damals war das eine ähnliche Sensation, wie heute der Kino-Hit."
Ma Lianliang hat mehr Schallplatten veröffentlicht, als alle anderen Peking-Oper-Darsteller. Er organisierte eine Aufführung des klassischen Opernstücks „Ostwind", in der er mit allen berühmten Meistern der Peking-Oper auftrat. Es heißt, „Ostwind" sei eine von Ma Lianliangs meistverehrten Opern und meistgeschätzten Aufführungen gewesen. In dem Stück spielte er selber die Rolle des Zhuge Liang, eines bekannten Militärberaters, des weisesten Mannes der chinesischen Geschichte. Wir nehmen uns nun die Zeit, Meister Ma Lianliang mit dem Stück „Ostwind" unsere Ehre zu erweisen.
Übersetzt von Zheng An